Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
Abschlussprüfung. Wenn sie scheiterten und durchfielen, würden sie dorthin zurückgeschickt werden, woher auch immer sie gekommen waren, und ihre Träume wären endgültig gescheitert. Für uns war es dasselbe, nur schlimmer.
Die Teams nahmen alle Operationen, auch die Übungen, tödlich ernst. SEALs wurden bei jedem Einsatz beurteilt. Aufgabe der SEAL-Teams war es, im Krieg zu kämpfen und nicht in Kriegsspielen mitzuspielen. Eine solche militärische Übung zu vergeigen, war inakzeptabel und unverzeihlich. SEAL-Kommandeure waren bereits abgelöst worden, weil sie bei Übungen versagt hatten. Ein operatives SEAL-Team, das es nicht schaffte, ein paar Nationalgardisten und Zivilisten zu schlagen, hatte bei dieser Eliteeinheit nichts zu suchen. Die Kader hatten uns gut ausgebildet und alles andere als einen totalen Erfolg würde man als Versagen der Führung ansehen. Meiner Führung. Es würde nicht genügen, einfach nur mithalten zu können. Es wurde von uns erwartet, dass wir diese Übung absolut dominierten. Wir Nachwuchs- SEALs mussten etwas beweisen. Uns standen Männer gegenüber, die sich unbedingt ein Green Beret verdienen wollten. Das hier war ein Krieg, und eine Niederlage war schlicht undenkbar.
Der Beginn der Übung verlief allerdings nicht sehr verheißungsvoll. Man hatte mir mitgeteilt, dass das Special Forces Camp wahrscheinlich in einem Umkreis von 13 Quadratkilometern liegen würde. »Wahrscheinlich« ist ein wirklich großartiges Wort. Ich hielt mit meinen Unteroffizieren einen Kriegsrat ab. Dabei wählten wir einige Plätze innerhalb dieses Gebiets aus, wo dieses Lager eventuell liegen könnte. Sie würden es sicherlich entfernt von Straßen oder Ansiedlungen errichten, aber nahe genug, dass es die Green Beret Lane Graders und die Übungsschiedsrichter ohne allzu große Schwierigkeiten erreichen konnten. Außerdem mussten sie sich dort mit Wasser versorgen können und es müsste auf einem Terrain liegen, das gut zu verteidigen war und eine Reihe von Fluchtwegen bot. Wir fanden auf der Karte fünf oder sechs Plätze, die dieser Beschreibung entsprachen. Jetzt machte sich der Operationsplanungskurs bezahlt, den ich vor Kurzem absolviert hatte. Ich würde die Green Beanies finden, indem ich ihre Operationsmöglichkeiten auf der Grundlage dessen nachvollzog, was ich von ihnen wusste. Ich wusste zum Beispiel, dass die Robin-Sage-Teams normalerweise mit dem Fallschirm abgesetzt werden, und ich wusste auch, dass die Teams oft von Green-Beret-Ausbildern abgefangen wurden und dann in einem Gewaltmarsch ihr Lager erreichen mussten. Laut Karte gab es nur einen Ort, an dem man die Springer absetzen konnte. Dieser Platz lag 20 Kilometer vom Mittelpunkt unseres 13-Quadratkilometer-Umkreises entfernt. Die Absprungzone sollte im Norden liegen, was zwei mögliche Plätze am Südende der Zone ausschloss. Dies waren freilich nur Vermutungen, die aber durchaus begründet waren.
Es stellte sich jetzt jedoch die Frage, wo wir uns selbst absetzen lassen sollten. Wir wollten weder zu nahe noch zu weit entfernt vom Lager landen. Das A-Team und seine »Schützlinge« würden bestimmt Patrouillen ausschicken. Wir mussten also aufpassen, dass wir nicht selbst zu den Gejagten wurden. Idealerweise würden wir in das Spiel einsteigen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich gaben wir die notwendigen Befehle aus, schulterten unsere Ausrüstung und stiegen an Bord zweier Red-Wolf-Hubschrauber. Baby Zee hatte der Befehlsausgabe in voller Feldmontur beigewohnt. Ich war deswegen nicht überrascht, als er an Bord meines Helikopters ging.
Der Flug zum Absetzpunkt dauerte fast eine Stunde. Während Wald und Sumpfland unter uns vorbeizogen, verfolgte ich unsere jeweilige Position sorgfältig auf meiner Karte. Ich wusste, dass die Lane Graders schon einmal das Spiel mit unfairen Tricks erschwerten und die Hubschrauberpiloten anwiesen, ihre Passagiere bewusst am falschen Ort abzusetzen. Baby Zee bemerkte meine Aufmerksamkeit und setzte ein seltsames schiefes Lächeln auf.
Die Hubschrauber überflogen in niedriger Höhe eine Baumgruppe und ließen sich dann noch ein Stück weiter hinunterfallen. Die beiden Helikopter flogen jetzt dicht hintereinander drei Meter über dem Boden an einem Fluss entlang, dessen Biegungen sie in schnellem Flug folgten. Der Pilot steuerte dabei seine Maschine mithilfe einer Nachtsichtbrille. Sechs Minuten vor dem Absetzzeitpunkt wurden die Türen aufgeschoben und die Bordschützen bemannten ihre Waffen.
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