Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
in die Berge oberhalb Beiruts und in die Bekaa-Ebene zurückgezogen hatte, lehnte dieses Friedensabkommen jedoch ab. Die Syrer wussten, dass die Israelis nicht in die Berge einrücken würden, um sie von dort zu vertreiben. Und so blieb die entstandene Pattsituation bestehen. Die Israelis beäugten die Syrer. Und die Syrer beäugten die Libanesen. Der Libanon selbst war seinen eigenen Milizen schutzlos ausgeliefert.
In diesem Mai 1983 war der 5. Zug des SEAL Teams Four gerade an Bord des Docklandungsschiffs Portland , einem amphibischen Mannschaftstransporter, auf dem Weg in dieses totale Chaos. Die Fahrt über den Großen Teich war völlig ereignislos. Die Portland beförderte nur uns als Spezialtruppeneinheit und ungefähr 300 Marines, meistens Hauptquartier-Einheiten der 24 th Marine Amphibious Unit.
Zwei Tage nach Beginn der Überfahrt bekamen wir einen Eindruck davon, wie es in der »echten« Navy zuging. Der Kapitän der Portland war ein Schreihals, Leuteschinder und kleinkarierter Tyrann namens Zimanski. Außer in seinem Stuhl auf der Brücke zu dösen, hatte Captain Zimanski anscheinend nur noch ein weiteres Hobby, nämlich seine Offiziere bei den Mahlzeiten zu schurigeln. Die Offiziersmesse auf einem Kriegsschiff sollte eigentlich ein beinahe »heiliger«, unantastbarer Ort sein. Handbücher über das korrekte militärische Verhalten warnen Junior Officers davor, während der Mahlzeiten über Politik, Religion oder die Arbeit zu sprechen. Oft wird gesagt, die Schiffsmesse sei das Wohnzimmer des Offiziers. Nicht so auf der »Sweet Pea«, wie die Besatzung ihre Portland liebevoll nannte. Zimanskis einzige Politik war seine Selbstsucht, und seine Religion war er selbst. Blieb nur noch die Arbeit.
Die ganze Offiziersmesse knirschte innerlich betreten mit den Zähnen, wenn Zimanski regelmäßig am Anfang jeder Mahlzeit den Ersten Offizier des Schiffes wegen irgendeiner Lappalie zur Schnecke machte. Dabei nahm er keinerlei Rücksicht darauf, ob er dadurch die Autorität seines Stellvertreters oder den Respekt vor ihm beschädigte. In der Kommandokette eines Kriegsschiffes kam der Erste Offizier eigentlich gleich nach Gott. Jetzt konnte der arme Mann nichts anderes tun, als still sein Essen zu löffeln und die Tiraden über sich ergehen zu lassen. Zimanski hatte befohlen, dass alle seine Offiziere bei den Mahlzeiten anwesend sein mussten. Er schickte schon einmal den Brückenmaat los, um alle diejenigen in die Messe zu holen, die sich diese peinlichen Auftritte ersparen wollten, obwohl sie gerade keine Wache hatten. Nachdem er den Ersten Offizier abgekanzelt hatte, nahm sich Zimanski nacheinander den Operations Officer, den Ersten Maschinisten, den First Lieutenant und alle anderen an diesem Tisch vor. Kein einziger Offizier entging seiner liebevollen Behandlung. So ging das Mahlzeit für Mahlzeit.
Die einzigen Offiziere, denen dieses Ritual erspart blieb, waren die SEALs und die Marines. Da wir nicht zur Besatzung seines Schiffs gehörten, fielen wir auch nicht unter seinen Verantwortungsbereich. Das hielt ihn jedoch nicht von gelegentlichen abfälligen Äußerungen ab.
Frank Giffland und ich flogen zum Flaggschiff hinüber, wann immer wir konnten, und aßen so oft wie möglich mit unseren Männern in der Kantine. Zwei Faktoren müssen bei einem solchen Mobbing vorhanden sein. Eine Person muss den Mobber geben, und die andere muss freiwillig das gemobbte Opfer spielen. Wir waren jedoch nun mal nicht Zimanskis Opfer. Das würde eine interessante Überfahrt werden. Unsere Ausrüstung, die Boote, das Mini-U-Boot und die schweren Waffen waren an Bord der Portland verstaut, deshalb würden wir irgendeine Form von Arbeitsbeziehung mit diesem Rüpel von Kapitän finden müssen.
Der 5. Zug war bei dieser Operation der Mediterranean Amphibious Ready Group (MARG) 2-83, der für das Mittelmeer zuständigen amphibischen Einsatzgruppe, zugewiesen worden. Nach dem Diagramm der Kommandokette waren wir dem Commodore der Amphibious Squadron Eight unterstellt. Tatsächlich standen wir als SEALs im Bedarfsfall allen Truppen im »European Theater«, zu dem auch der Nahe Osten gehörte, zur Verfügung. Das bedeutete, dass wir vom Oberbefehlshaber des United States European Command (EUCOM) für bestimmte Spezialeinsätze angefordert werden konnten.
Auf See gehörten wir zur Navy, und der Commodore war unser direkter Vorgesetzter. An Land operierten wir im Rahmen des United States Marine Corps (USMC) und standen unter dem Befehl
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