Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
des Kommandeurs der Landungstruppen. Wir machten also alles für alle.
Im Grunde taten wir, was wir wollten.
Unsere Kommandokette war ebenso nebulös wie die Frage, wem wir eigentlich unterstellt waren, eine Tatsache, die alle SEALs zu allen Zeiten zu ihrem Vorteil auszunutzen pflegen. Wir konnten den Commodore gegen den Colonel und den General gegen den Admiral ausspielen.
Frank und ich hatten dieses Mal ein kompletttes Platoon zur Verfügung. Es bestand aus zwei Offizieren, vier voll bemannten Boat-Crews, einem Chief Petty Officer und einem First Class Leading Petty Officer. Neben unseren vier F-470-Zodiac-Gefechtsschlauchbooten verfügten wir noch über ein Patrouillenboot der Sea-Fox-Klasse, dessen Besatzung aus Special Boat Unit Sailors bestand.
Die Sea Fox sollte unser Arbeitspferd werden. Obwohl sie einige ernste Konstruktionsmängel bei der Seetüchtigkeit, bei der Versorgung der Besatzung und bei der Reichweite ihrer Waffen hatte, war die Sea Fox schnell, hatte einen ordentlichen Operationsradius und war mit Zwillingsmaschinengewehren Kaliber .50 und zwei M-60-Maschinengewehren bewaffnet. Sie verfügte über Radar, ein verschlüsselungsfähiges Funkgerät und ein Freund-Feind-Erkennungssystem (Identification Friend or Foe = IFF). Da sie aus Kohlefaser und radarabsorbierenden Materialien bestand, war die Sea Fox eines der ersten maritimen Beispiele einer Tarnkappentechnologie. Dass sie für das Suchradar unsichtbar war, war damals noch ein streng gehütetes Geheimnis.
Bei dieser Operation hatte man unserer Einheit auch eine Gruppe des Underwater Demolition Teams 22 zugewiesen. Sie operierten mit einem Mini-U-Boot, das acht Mann aufnehmen konnte, einem sogenannten SDV (SEAL Delivery Vehicle). Mithilfe dieses Tauchfahrzeugs konnten wir verdeckte Landungsoperationen durchführen, die uns sonst nicht möglich gewesen wären.
Die Schiffe Austin, El Paso, Harlan County und Iwo Jima brachten den Rest der 1500 Marines, Transport- und Kampfhubschrauber, Landungsboote, SeaBees, Bulldozer, Panzer und Kanonen in den Libanon.
Amerika war zurück in diesem Land, und das mit ganz großem Einsatz.
Was wir dort vorfanden, machte uns jedoch fassungslos.
In einem Land von der Größe Connecticuts gab es mehrere Besatzungsarmeen, eine UN-Friedenstruppe, fünf libanesische Milizen, die einander erbittert bekämpften, und die im Land verbliebenen Kämpfer der Palästinensischen Befreiungsorganisation, die immer wieder gegen die PLO-Führung meuterten, die nach ihrer Vertreibung aus dem Libanon jetzt in Tunis saß. Es war Aufgabe der Aufklärungsoffiziere, die Aktivitäten dieser verschiedenen Gruppierungen zu überwachen. Alle Hauptleute und Majore der US-Truppen hatten Karten des Landes, in die sie ständig die Truppenbewegungen und die letzten Terroraktivitäten eintrugen.
Heckenschützen, Autobomben, Minen und Entführungen waren an der Tagesordnung. Im ersten Teil unseres Einsatzes waren diese netten Überraschungen allerdings noch meist für die israelische Armee reserviert. In der unaufgeregten Ruhe der amerikanischen Führungsstäbe reduzierte sich dieser Spuk vorerst ganz auf rote Schraffierungen, Pfeile und Punkte in topografischen Karten. Die Militärbürokratie in den Hauptquartieren bekam endlich etwas zu tun, denn alle diese nachrichtendienstlichen Erkenntnisse mussten gesammelt, bewertet und dann abgelegt werden.
In den ersten Tagen der internationalen multinationalen Friedenstruppe besetzten US-Soldaten den Flughafen und richteten eine Reihe von Stellungen und Checkpoints in Hay-es-Salaam ein, dem Slum, der das Nordende der Startbahn umgab.
Der 5. Zug ging zusammen mit den SeaBees an Land. Wir schauten uns sofort nach einer Unterkunft um. Frank und ich fuhren mit dem Jeep zum Hauptquartier des Battalion-Landing-Teams, einem vierstöckigen Betongebäude, das 150 Meter nördlich des Flughafen-Terminals lag. Einige Faktoren sprachen dafür, dass wir uns dort niederlassen sollten, nicht zuletzt, weil es aus Stahlbeton bestand.
Das Gebäude war ein PLO-Krankenhaus gewesen, bevor es die Marines übernahmen. In der Mitte des Gebäudes befand sich ein gefliester Innenhof, der über alle vier Stockwerke von Galerien und Balkonen umgeben war. Es war bestimmt einmal ein schönes Gebäude gewesen, doch es war entweder von den zurückweichenden Palästinensern oder den vorrückenden Israelis in Brand gesetzt worden. Auf seinen inneren und äußeren Mauern waren immer noch dunkle Rußstreifen zu sehen. Das Innere war
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