Zum Küssen schön
Oberwasser hast.”
Sie schürzte die Lippen und behielt ihre Meinung klugerweise für sich.
“Zumindest sind wir uns in einer Sache einig. Keiner von uns will etwas mit Liebe zu tun haben. Stimmt’s?”
Lacy nickte, obwohl sie gar nicht mehr so sicher war, dass sie Daniels Meinung in diesem Punkt teilte. Sie hatte ihm zwar gesagt, dass sie nicht an die wahre Liebe glaube, ihm aber nicht gesagt, dass sie sich nicht danach sehnen würde. Und in diesem Moment, in dem er ihr so nahe war, wurde diese Sehnsucht nicht gerade weniger.
“Gibst du auch zu, dass wir uns geändert haben? Dass der gemeinsame Tag uns verändert hat?”
“Was meinst du damit?”
“Ich verstehe dich jetzt besser, Lacy. Ich weiß, dass du deine Partner nicht wahllos wechselst und dass du nur von den Beispielen beeinflusst wurdest, die die Beziehungen deiner Mutter dir in deiner Kindheit gegeben haben.”
Unwillkürlich ballte Lacy die Fäuste.
“Missversteh mich nicht. Ich verurteile deine Mutter nicht, glaub mir. Sie hat nur einen großen Einfluss auf deine Sicht der Dinge gehabt. Und du hast selbst gesagt, dass die Umgebung eines Kindes …”
“Ich glaube, du lässt mich jetzt besser los.”
“Lacy?”
“Ich warne dich, Daniel.” Sie brachte die Worte nur mit Mühe hervor. “Du bist in großer Gefahr, von mir zu Boden gestreckt zu werden.”
Daniel fuhr sich müde mit der Hand über das Gesicht, zuckte die Achseln und gab Lacy frei. “Du schnappst nach mir wie ein verwundeter Hund, dabei gibt es nicht den geringsten Grund. Ich versuche nur, ehrlich zu dir zu sein, Lacy.”
“Ha!” Sie hätte ihn am liebsten geohrfeigt, hielt sich aber zurück. “Du versuchst mich in die kleine Schublade zu stecken, die du für mich geschaffen hast. Aber eins muss ich dir lassen, Daniel, du hast dich von dem übrigen männlichen Rudel entfernt und deinen eigenen einzigartigen Blickwinkel entwickelt, um auf mich herabzusehen. Schau, genau wie meine Mutter habe ich zwei Arten von Männern kennengelernt. Diejenigen, die mich sehen und wegen meiner ‘extravaganten’ Erscheinung sofort denken, ich sei leicht zu haben.”
Daniel zuckte zusammen. “Ich meinte doch nicht …”
Sie achtete nicht auf seinen Einwurf. “Und die Männer meiner Berufssparte, die mir jede Professionalität von vornherein absprechen. Ich bin ihrer erhabenen Aufmerksamkeit nicht wert. Meine Zeugnisse, meine Erfahrung und meine Erfolge können unmöglich etwas bedeuten, weil ich eine Blondine bin, und schließlich weiß jeder, dass Blondinen Dummchen sind.”
“Lacy …”
“Aber so bist du nicht, Daniel. Oh nein! Du begehrst mich nicht, weil dich das ebenso lebendig und verletzlich machen würde wie uns übrige gewöhnliche Sterbliche. Und dann wärst du auch nichts Besseres als ich.” Ihr war auf einmal schwindlig, und sie hielt sich an der Couch fest, um nicht zu schwanken. “Wenigstens sprichst du mir aber keine Intelligenz ab. Nein, du findest sogar, dass ich über genügend Macht verfüge, um deine arme, kleine, unschuldige Schwester zu korrumpieren!”
“Setz dich, Lacy.”
“Sag mir nicht, was ich tun soll!”
“Doch, verdammt noch mal! Du stehst kurz vor einem Zusammenbruch.” Ohne ihre Erlaubnis nahm er ihren Arm und drückte sie sanft auf die Couch nieder. Sehr leise sagte er dann: “Ich wollte keinen Streit anfangen.”
“Nein? Was wolltest du dann? Mir erklären, warum ich über keine Moral verfüge, damit ich zu dir wie zu einem wohlwollenden Lehrer aufblicken kann, mit Dankbarkeit im Herzen, weil du es für mein minderwertiges weibliches Hirn verständlich gemacht hast?”
Daniel stöhnte auf und fuhr sich verzweifelt mit der Hand durchs Haar. Lacy sah ihm finster zu. Angespanntes Schweigen herrschte, bis Daniel sich schließlich neben der Couch auf den Boden setzte und erklärte: “Sieh mal, ich wollte nur Verständnis zeigen.”
“Verständnis für meinen lockeren Lebenswandel? Nein danke, Doktor.”
Er nahm ihre Hand und hielt sie fest, während Lacy sie ihm zu entreißen versuchte. “Es tut mir leid, Lacy. Aber ich hasse es nun mal, wenn andere mich analysieren wollen – und genau das hast du getan.”
“Du etwa nicht? Du hast mir fast den Kopf abgerissen!”
“Ich weiß. Entschuldige. Es ist eigentlich nur logisch, dass es dir auch nicht gefallen würde. Als ich jünger war, damals, als mein Vater uns mehr oder weniger im Stich ließ, war ich sehr einsam, verängstigt und unsicher. Ich nehme an, für dich war es nicht
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