Zum Lieben verfuehrt
immer die Gründe dafür sein mochten, dass Ilios sie heiraten wollte, es hatte absolut nichts damit zu tun, dass er sie wollte . Diese Tatsache musste sie immer im Kopf behalten, statt sich an kindlichen Tagträumen von Mr. Right, Aschenputtel und der großen Liebe zu berauschen.
Ein kategorisches Nein war nicht die Antwort, die Ilios wollte, und auch nicht die, die er erwartet hatte. Ihm fielen auf Anhieb mindestens ein Dutzend Frauen ein, die allein bei der Vorstellung, ihn zu heiraten, völlig aus dem Häuschen wären, ganz abgesehen davon, dass Lizzie Wareham es sich überhaupt nicht leisten konnte, ihm einen Korb zu geben. War ihr denn nicht klar, in welch einer Lage sie sich befand? Und dass er alle Trümpfe in der Hand hielt? Nun, falls das nicht der Fall war, wurde es allerhöchste Zeit, dass er sie mit der Nase darauf stieß.
„Nein?“, wiederholte er kalt. „Na, irgendwie dachte ich mir das schon. Dieses ganze sentimentale Geschwätz über Ihre angeblich so heiß geliebte Familie, für die Sie Verantwortung tragen, war also nur ein Ammenmärchen.“ Er schwieg einen Moment. Ilios war ein Mann der Tat, der keine Zeit darauf verschwendete, einmal getroffene Entscheidungen zu hinterfragen oder gar rückgängig zu machen, selbst wenn sie das glatte Gegenteil vorausgegangener Überlegungen waren.
Er hatte sich nun einmal entschieden, Lizzie Wareham zu heiraten, und dabei blieb es jetzt.
Außerdem verlor er nicht gern. Er änderte nicht plötzlich die Richtung, nur weil sich Hindernisse vor ihm auftürmten. Hindernisse konnten beseitigt werden. Es war nur eine Frage von Methode, Geschwindigkeit und Effizienz, und Ilios glaubte, exakt die richtige Methode zu kennen, um das Hindernis in Form von Lizzies Nein aus dem Weg zu räumen.
„Ich wollte eben noch hinzufügen, dass ich bereit bin, noch einen Bonus von einhunderttausend Pfund draufzulegen, falls es Ihnen gelingt, Ihre Rolle als meine Verlobte und später als meine Ehefrau wirklich glaubhaft zu verkörpern.“
Einen Bonus? In Wirklichkeit redete er doch von Bestechung! Lizzie wurde das Herz ganz schwer, als sie langsam begriff, dass sie es sich kaum leisten konnte, sein Angebot abzulehnen.
„Und wie soll ich das machen? Indem ich so tue, als ob ich hoffnungslos in Sie verliebt wäre?“, fragte sie spöttisch. Sie war entschlossen, sich von ihm nicht den Schneid abkaufen zu lassen. Er durfte auf keinen Fall merken, wie gedemütigt sie sich fühlte. Weshalb es erforderlich war, dass sie vorerst gute Miene zum bösen Spiel machte.
Schlimm genug, dass er sie demütigte, indem er sie mit Geld zu bestechen versuchte. Fast noch schlimmer aber war das Wissen, dass sie ihn begehrte und dass dieses Begehren ihr einen bösen Streich spielen könnte.
Man durfte nicht vor seiner eigenen Angst davonlaufen. Wer mutig war, hielt stand und kämpfte. Und wenn man siegte, war man nur noch stärker. Außerdem, wie sollte sie das angebotene Geld ablehnen, wo sie es doch so gut gebrauchen konnten. Wenn sie damit die Hypothek abtrüge, wären anschließend immer noch fast zehntausend Pfund übrig.
Das setzte allerdings voraus, dass sie sich an ihn verkaufte, an einen Mann, von dem sie sich mehr angezogen fühlte als von jedem anderen Mann, der ihr je begegnet war. Aber sie musste es tun, nicht für sich selbst, sondern für ihre Familie. Sie würde es sich nie verzeihen, wenn sie sein Angebot ablehnte.
„Ich denke nicht, dass das ein Problem sein wird“, antwortete er ihr dreist, und als Lizzie schwieg, fuhr er fort: „Aber wenn es Ihnen lieber ist, dass man Ihrer Familie das Dach überm Kopf wegzieht …“
Wie töricht war sie eigentlich, dass sie es wagte, sich ihm zu widersetzen? Was erhoffte sie sich? Dass er sich vor ihren Augen in einen weißen Ritter verwandelte, der ihr großzügigerweise alle ihre Schulden erließ? Es wurde höchste Zeit, dass sie erwachsen wurde und lernte, dass es weiße Ritter nur im Märchen gab. Er selbst hatte schließlich auch lernen müssen, dass niemand da war, um ihn zu retten. Dass man sich nur selbst retten konnte. Zweifellos erwartete sie, dass er Mitleid hatte, mit ihr und ihrer Familie, die angeblich so viel hatte erdulden müssen. Aber warum sollte er Mitleid haben? Wer hatte denn mit ihm Mitleid gehabt? Niemand. Wer hatte ihn beschützt, als er Schutz gebraucht hatte? Wieder niemand. Nackenschläge im Leben machten einen nur stärker, es sei denn, man war ohnehin zu schwach, um zu überleben. Das musste ihr klar sein,
Weitere Kostenlose Bücher