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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie. Und dieser Mörder ist mein Vater!
    Wie durch einen Schleier bemerkte sie, wie ihr Vater irgend etwas aus der Jackentasche des Toten zog. Es war der belastende Brief mit der Schilderung der wirklichen Geschehnisse auf der Party; das Schreiben, das Harry Muck anonym an Hermann Schreibert geschickt hatte.
    Jutta zitterte am ganzen Körper. Und dann schloß sie die Augen, wandte sich um und rannte wie gehetzt davon.
    Auch Boltenstern ging, in entgegengesetzter Richtung. Er ging mit leicht federndem Schritt, als käme er gerade von einem Tennisplatz. Vor dem Zelteingang kontrollierte er noch einmal den Sitz seiner Krawatte, ehe er eintrat.
    Brüllender Gesang umgab ihn. Bierkrüge reckten sich ihm entgegen.
    »… hollahi … hollaho … ja geradeso wie ich …«
    Von der Empore winkte Petra Erlanger, und er winkte ihr zurück und lachte fröhlich und kaufte sich von einer Händlerin einen lustigen kleinen Sepplhut, den er übermütig auf seinen Kopf klemmte.

17
    Es war Konrad Ritter, der den in der Schlinge hängenden Hermann Schreibert als erster entdeckte. Ein reiner Zufall war es … Ritter wollte auf die Toilette, verirrte sich, geriet hinter das Zelt und prallte auf die leicht hin und her schwingende Gestalt.
    Fassungslos starrte Ritter auf den Toten, ehe er begriff, was hier geschehen war und was dies für das Divisionstreffen bedeutete. Er ließ Schreibert hängen und rannte zurück ins Zelt, riß seinen Sohn von der Biertheke weg und zerrte ihn an der Hand wie ein störrisches Kind ins Freie.
    »Bist du verrückt?« rief Werner Ritter und riß sich von seinem Vater los. »Was soll das?«
    »Junge … hinter dem Zelt … Schreibert … o Himmel! Ich bekomme einen Herzanfall! Halt mich fest, Junge … Das ist ja schrecklich … schrecklich …« Konrad Ritter lehnte sich gegen seinen Sohn, fahle Blässe überzog sein Gesicht, und da erst erkannte Werner Ritter, daß sein Vater weder betrunken noch übergeschnappt war. Er ließ ihn stehen, rannte um das Zelt herum und kam nach wenigen Minuten wieder. Auch er sah jetzt bleich und sehr ernst aus.
    »Was … was hast du mit ihm gemacht?« stotterte Konrad Ritter.
    »Nichts. Er ist tot. Es muß gerade geschehen sein … Er ist noch ganz warm.«
    »In der Sonne sind es ja auch fast 40 Grad, Junge …«, stammelte Ritter.
    »Ich lasse sofort alles absperren! Ein Glück, daß der Oberstaatsanwalt selbst hier ist! Wo ist Boltenstern?«
    »Im Zelt …«
    »Seit wann?«
    »Ich weiß nicht. Er sitzt auf der Empore neben dem General …«
    »Keiner kommt hinter das Zelt! Bleib hier stehen, Vater! Ich hole die Schutzpolizei …«
    »Um Himmels willen – keinen Skandal!« Ritter hielt seinen Sohn fest. »Mach es so unauffällig wie möglich! Soll das ganze Divisionstreffen zusammenbrechen? Schreibert hat die Nerven verloren … sein Gesicht, das Bewußtsein, nicht mitmachen zu können in der fröhlichen Runde … das war zuviel für ihn! Junge, mach keinen Rummel daraus!«
    »Ihr habt schnell Erklärungen bei der Hand!« sagte Werner Ritter erregt. »Aber wenn es dich beruhigt … ich werde diese Tragödie mit Samthandschuhen behandeln …«
    Und so geschah es auch.
    Nicht die Polizei, sondern die Feuerwehr sperrte den hinteren Zeltteil ab. Das war unauffälliger. Oberstaatsanwalt Dr. Breuninghaus, Alf Boltenstern, Toni Huilsmann, Major Ritter und ein ehemaliger Stabsarzt umstanden den Körper Schreiberts. Zwei Feuerwehrmänner hatten ihn abgeschnitten … nun lag er auf einer Trage, die Schlinge noch um den Hals, und seine Augen hatten selbst im Tod nicht einen Ausdruck der Verzückung verloren. Der ehemalige Stabsarzt, jetzt Besitzer einer guten Allgemeinpraxis, knöpfte das Hemd über der Brust Schreiberts wieder zu.
    »Tot«, sagte er. »Todesursache ist ja wohl klar.«
    »Und wann?« fragte Dr. Breuninghaus heiser.
    »Vor höchstens einer halben Stunde … Als er starb, entleerte sich die Blase. Das ist oft so bei Strangulierungen. Die Hose ist noch ganz naß … bei der starken Sonneneinstrahlung wäre sie es nicht mehr, wenn er länger tot wäre …«
    »Schrecklich …«, sagte Boltenstern und wandte sich sichtlich erschüttert zur Seite. »Und ich habe ihm kurz vorher noch ein Bier gebracht. Da hat er noch gelacht und freute sich auf das Wiedersehen mit den alten Kameraden nach dem offiziellen Fest.«
    »Die Nerven, meine Herren, die Nerven!« Oberstaatsanwalt Dr. Breuninghaus schwieg, bis ein Feuerwehrmann eine Decke über das Gesicht Schreiberts gezogen hatte.

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