Zum Sterben schoen
auch Nick fühlte sich wie ein gereiztes, eingesperrtes Tier. Jetzt in Holy Oaks begann das Warten, und mein Gott, wie hasste er diesen Teil seines Jobs. Lieber unterzog er sich einer Wurzelbehandlung, als darauf zu warten, dass etwas passierte.
Mit Jules Wesson zu arbeiten stellte sich bereits als Problem heraus. Nick hatte zehn Minuten am Handy verbracht und versucht, Wesson dazu zu bewegen, ihn zu informieren, aber jedes Mal, wenn er eine Frage stellte, wich Wesson aus. Nick wusste, was er tat, nämlich ihn aus dem Kreis der Entscheidungsträger zu drängen.
Joe zog sich einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich, aber Nick folgte Laurant zum Becken. »Was zum Teufel soll das heißen? Dumme Antworten?«
Als sie sich umdrehte, stieß sie gegen seine Brust. Wasser platschte aus der Tülle des Kessels und bespritzte sein Hemd.
»Du gibst mir nie eine direkte Antwort«, sagte sie.
»Ja? Wann denn?«
»Gerade eben, das war doch ein gutes Beispiel. Ich fragte dich, wohin ich gehen würde, und du antwortetest –«
Er unterbrach sie. »Mit mir.«
»Das ist keine direkte Antwort, Nick.«
Ohne darüber nachzudenken, was sie tat, packte sie ein Handtuch und begann, das Wasser von seinem Hemd zu reiben. Er riss es ihr aus der Hand und warf es auf die Arbeitsplatte.
»Ich weiß noch nicht, wo wir hingehen werden«, sagte er. »Wenn ich es weiß, werde ich es dir sagen. In Ordnung? Und übrigens«, fügte er hinzu und beugte sich vor, bis sie Nase an Nase standen, »war das das einzige verdammte Mal, dass ich dir keine direkte Antwort gegeben habe.«
»Nein, das stimmt nicht«, entgegnete sie. »Ich fragte dich, wie viele Agenten hier in Holy Oaks sind. Erinnerst du dich noch, wie deine Antwort lautete? Genug. Also, was für eine direkte Antwort war das denn?«
Die Muskeln in seinem Kiefer spielten – ein Hinweis darauf, wie viel es ihn kostete, sich zu beherrschen. »Selbst wenn ich die genaue Zahl wüsste, würde ich sie dir nicht sagen. Ich will nicht, dass du sie siehst oder nach ihnen Ausschau hältst.«
»Warum nicht?« Sie drängte ihn beiseite und ging zum Herd, setzte den Kessel auf die vordere Flamme und schaltete sie ein.
»Weil du sie anstarrten würdest oder sie suchen würdest, jedes Mal wenn wir ausgehen, und wenn der Unbekannte dich beobachtet – übrigens sind wir uns verdammt sicher, dass er das tun wird –, dann wird ihm auffallen, dass dir die Agenten auffallen.«
»Ihr beide streitet euch wie ein altes Ehepaar.«
Wie ein Mann drehten sich Laurant und Nick zu Joe um und musterten ihn finster.
»Wir haben uns nicht gestritten«, teilte Nick ihm mit.
»Wir hatten einfach eine Meinungsverschiedenheit«, beharrte sie. »Das ist alles.«
Joe grinste. »He, ich bin nicht euer Kind, das ihr überzeugen müsst. Mir ist es egal, ob ihr euch streitet oder nicht. Tatsache ist, dass ihr beide wohl ein wenig Dampf ablassen müsst, und da ist es am besten, wenn ein Gewitter direkt die Luft reinigt.«
Laurant fiel der Berg schmutziges Geschirr auf, der sich im Spülbecken stapelte. Offensichtlich fühlte Joe sich wie zu Hause, hatte sich aber nicht die Mühe gemacht zu spülen. Sie warf ihm einen grimmigen Blick zu, holte dann das Palmolive aus dem Schrank und ließ das Spülbecken voll Wasser laufen.
Joe bemerkte, was sie tat. »Ich mache das schon. Ich wollte das Geschirr in die Spülmaschine stellen, aber Sie haben ja keine.«
»Das ist ein altes Haus.«
Nick griff sich das Handtuch und trocknete den Teller ab, den sie ihm reichte, während Joe sich auf dem Stuhl zurücklehnte und es sich gemütlich machte.
»Nick, wegen der Abreise am ersten …«, begann Joe.
»Ja?«
»Wesson möchte, dass sie bleibt.«
»Übel. Sie reist am Ersten ab.«
»Er wird den Boss herauskehren.«
»Er kann es versuchen.«
»Wie kommt es, dass du wegen des Termins so entschieden bist?«
»Weil Tommy vermutet, dass einige Tausend Menschen am zweiten und dritten hierher strömen werden. Es findet ein großes Wiedersehenstreffen in der Universität statt, während in der Stadt der Jahrestag begangen wird. Ich möchte sie vorher hier heraushaben, aber sie muss zu dieser Hochzeit gehen und will nicht vorher abreisen.«
»Ich sage dir, Wesson ist entschlossen, sie so lange hier zu behalten, wie es dauert.«
»Und ich sage dir, dass sie abreist. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich Laurant hier bleiben lasse, wenn eine solche Menschenmenge hier reinschwappt. Wie kann ich sie beschützen?«
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