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Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)

Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)

Titel: Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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wenn sich die Scheibe gleichmäßig drehte und die erste Tonkugel exakt in der Mitte lag, rückte die Außenwelt mit all ihren Widrigkeiten vollkommen in den Hintergrund. Aber heute war das anders.
    Sie hatte sich damit abgefunden, daß sie nur kleinere Stücke anfertigen konnte. Der Brennofen faßte nicht viel, und es wäre ausgesprochen unrentabel, wenn man ihn nur für ein oder zwei große Keramiken anheizen würde. Obwohl Polly nicht viel verkaufte, haßte sie es, hausieren zu gehen und den Ladenbesitzern klarzumachen, daß sie unbedingt ihre Becher mit den aufgemalten Gürteltieren oder ähnlichem im Sortiment führen mußten. Folglich verschenkte sie viel – die Weihnachtsbasare hatten ihren Vorrat erschöpft, und sie wollte ihn wieder auffüllen.
    Heute morgen jedoch verschaffte ihr die Arbeit weniger Befriedigung als sonst. Sie zog den Ton zu einem Zylinder hoch, aber es machte ihr keinen Spaß. Sie wünschte, sie hielt einen richtigen Klumpen Ton in den Händen, der all ihre Kräfte in Anspruch nehmen würde, bis sie schließlich eine wirklich große Schale daraus geformt hätte.
    Polly nahm den Draht, löste damit den halbfertigen Kaffeebecher von der Töpferscheibe und stellte ihn beiseite, bevor sie ihre Unzufriedenheit so weit trieb, ihn wieder zusammenzudrücken.
    Am gestrigen Nachmittag war sie bei Bridget gewesen und hatte in Cherrys Zimmer die Bilder von den Ponies bewundert. Plötzlich sehnte sie sich nach einer Fläche, auf die sie ein Pony malen könnte – direkt in die Mitte einer großen Schale. Sie würde eine dunkelblaue Grundglasur verwenden und das Pferd mit Wachs und dicken Pinselstrichen im chinesischen Stil aufmalen. Zum Schluß käme eine blaßgraue Glasur darüber, dann würde es aussehen, als galoppiere das Pony aus dem Nebel. Oder, wenn sie eine riesige Schale töpfern würde, könnte sie eine ganze Herde malen und hätte ein Stück geschaffen, das sie vielleicht sogar auf dem Kunstgewerbemarkt in Gatcombe anbieten könnte.
    Aber ohne einen größeren Brennofen hatte sie gar keine Chance, eine wirklich professionelle Töpferin zu werden. Praktisch verkaufte sie – außerhalb der Weihnachtssaison – ihre Sache nur an ihre Mutter, die sie ihren Bekannten anbot. wenn Hochzeits- oder Geburtstagsgeschenke fällig wurden. Und natürlich konnte Polly von der eigenen Mutter nicht viel Geld verlangen.
    Polly hatte sogar einen hübschen Taufbecher mit zwei Henkeln, Namen sowie Geburtsdatum des Kindes und lustig gemalten Tieren entworfen und Sylvia ein Muster gegeben. Doch statt sich darüber zu freuen, daß das Problem von Taufgeschenken ein für allemal gelöst war, hatte sich Sylvia die Tränen aus den Augen gewischt und sich mit einer Tapferkeit, die Schuldgefühle aufrührte, die Bemerkung verbissen: ›Und ich werde nie ein eigenes Enkelkind haben.‹ Trotzdem hatte ein kleiner Anschlag am Schwarzen Brett im Postamt ein paar Kunden angelockt, die solche Becher bestellten, also war die Mühe nicht ganz umsonst gewesen.
    Polly spritzte ein bißchen warmes Wasser auf einen anderen Tonklumpen. Wenn nur jemand einmal etwas Großes und Teures in Auftrag geben würde. Eine Vase, eine Obstschale oder sogar eine Kasserole. Aber es waren immer nur Tee- und Kaffeeservice oder Becher und kleine Krüge. Wenn die Leute wüßten wie schwierig und zeitraubend es war, eine Teekanne zu töpfern, aus der man tropffrei gießen konnte, hätten sie nicht den Nerv, sie darum zu bitten.
    Der Ton auf der Scheibe rutschte aus der Mitte. Polly zentrierte ihn wieder und zwang ihn mit zusammengebissenen Zähnen in Form wie ein grimmiges Kindermädchen, das einem widerspenstigen Schützling Wollsachen an einem heißen Frühlingstag anzieht.
    Nachdem sie den Ton dazu gebracht hatte, sich anständig aufzuführen und die Gestalt einer hübschen Vase anzunehmen, klatschte sie ihn zusammen und warf ihn in die Kiste. Seufzend stand sie auf und kochte sich erst mal eine Tasse Tee.
    Sie war vollkommen glücklich – zumindest war sie es bis jetzt gewesen. Es machte ihr nichts aus, ständig pleite zu sein, und sie balancierte erfolgreich zwischen der Notwendigkeit, Geld zu verdienen, und dem Drang nach kreativem Schaffen. Sie glaubte, ein vernünftiges Gleichgewicht hergestellt und eine Lebensform gefunden zu haben, die sie erfüllte und befriedigte. Doch jetzt plötzlich fühlte sie sich nicht mehr wohl.
    Wie jeder Mensch litt sie manchmal an Melancholie. Genaugenommen weinte sie oft wegen Kleinigkeiten – über die

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