Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
Todesanzeigen in der Zeitung, bei jeder Parade oder Feierlichkeit und während der australischen Seifenopern. Sie hatte sogar einmal unter den entsetzten Blicken von Bridgets Kindern wegen eines Werbespots im Fernsehen geheult. Nach ein paar Tränen und einem gründlichen Schniefen fühlte sie sich jedoch immer sofort wieder gut.
Jede tiefergehende Traurigkeit verflog bei einem langen Spaziergang, einem Abend vor dem Kamin mit einem schnulzigen Roman oder einem sentimentalen Video von Bridgets Recorder.
Was hatte diese ungewohnte innere Unruhe hervorgerufen? Vielleicht waren die Antibiotika daran schuld, von denen sie sich diesmal viel mühsamer erholte als sonst. Oder sie brauchte einfach nur ein paar Tage Urlaub (darauf bestanden herzlich wenig Aussichten). Möglich war auch, daß es ihrer Mutter, Beth und Bridget schließlich doch gelungen war, eine Bresche in ihren Widerstand zu schlagen, und daß der Gedanke, ganz allein alt zu werdend, ihr nicht mehr behagte.
Sie hatte sich so lange an die Überzeugung geklammert, alle Ehen müßten früher oder später böse enden und die wenigen, die länger hielten, seien auf unakzeptable Kompromisse gegründet, daß ihre plötzlichen Zweifel sie richtiggehend erschreckten.
Sie verbannte die beunruhigenden Gedanken. Wahrscheinlich war sie nur müde. Sie hatte gestern abend fünf Stunden hart gearbeitet und auch noch schlechte Neuigkeiten erfahren über eine Sache, die ihr sehr am Herzen lag – all das mußte ja aufs Gemüt schlagen.
Abgesehen von allem anderen – sie war noch gar nicht so alt. Sie hatte immer noch Jahrzehnte eines glücklichen, kreativen Lebens vor sich und brauchte sich jetzt weiß Gott noch keine Sorgen über ihr Alter zu machen. Bridget hatte ja gesagt, daß sie sich gerade erst dem Gipfel ihrer Sexualität nähern würde.
Zum erstenmal an diesem Morgen huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.
Ihre Erfahrungen mit Männern waren, wenn man Bridget und Beth Glauben schenken konnte, keineswegs aufregend gewesen. Vielleicht sollte sie dieser Sache doch noch eine Chance geben, wenn auch nur, ihren zukünftigen Erinnerungen ein wenig mehr Substanz und Farbe zu verleihen.
Erstaunlicherweise fuhr kein Blitz durch die Schindeln der Scheune, um Polly für diesen Sinneswandel zu strafen. Statt dessen gab ihr diese Entscheidung Auftrieb und Inspiration, und sie töpferte eine ganze Reihe hübscher Milchkrüge. Sehr marktorientiert und leicht verkäuflich.
Trotz allem war ihr Entschluß nicht gerade revolutionär. Sie hielt sich nur an das, womit ihr die Leute in den vergangenen zehn Jahren unaufhörlich in den Ohren gelegen hatten: Nimm mehr am gesellschaftlichen Leben teil, suche Gelegenheiten und denk dran, daß der Sex mehr zu bieten hat als Peinlichkeit und Unbehagen.
Aber keine dauerhaften Beziehungen! Was das betraf, blieb sie eisern. Sie war der Meinung, daß es für eine Frau sehr kompliziert war, Karriere zu machen und einen Mann zu haben. Und da es Pollys größter Ehrgeiz war, sich als Töpferin einen Namen zu machen, würde sie nichts unternehmen, was ihren Aufstieg gefährden könnte.
Sie klatschte einen großen Tonkloß auf die Drehscheibe und dachte an zwei Frauen zurück, die mit ihr gemeinsam den Töpferkurs besucht hatten.
Beide waren glücklich verheiratet gewesen, bis die Kinder das Haus verlassen hatten. Erst in diesem Augenblick wurde ihnen klar, daß sie etwas Kreatives tun wollten, um die plötzliche Leere zu füllen. Ihre Männer erfanden alle möglichen Vorwände, um sie davon abzuhalten, in den Kurs zu gehen, denn sie konnten es nicht ertragen, mit einemmal nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen. Beide Beziehungen standen auf dem Prüfstand. Die eine Frau verließ ihren Ehemann und widmete sich nur noch ihrer Töpferei. Die andere hingegen unterdrückte ihre Kreativität und trat aus dem Kurs aus. Polly hatte sie zwei Jahre später noch einmal getroffen – die Ärmste sah schrecklich verhärmt aus, obwohl sie gute Miene zum bösen Spiel machte.
Ein Job war prima. Diese Frauen hatten beide einen Job gehabt, eine sogar einen Ganztagsjob. Ihre Männer wußten das zweite Einkommen sehr wohl zu schätzen, aber damit, daß die Frauen plötzlich eigene Interessen entwickelten und ihre Gedanken und Energien eher einer künstlerischen Aufgabe widmeten als ihnen, konnten sie sich nicht abfinden. Auf gar keinen Fall würde sich Polly auf etwas einlassen, das ihre begrenzte Zeit im Atelier noch mehr einschränken könnte. Der Zwang, sich
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