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Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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gemacht hatte. Jane nahm das mit der entsprechenden Gleichgültigkeit auf, aber Nora merkte, daß sie an diesem Abend etwas weniger niedergeschlagen war.
    Ihrer ganzen kleinen Welt gegenüber hielt sie den Kopf hoch, nur Miriam durchbrach unbeabsichtigt doch die Zurückhaltung.
    Mutter und Sohn waren wie gewöhnlich zu einem ihrer unangemeldeten morgendlichen Besuche gekommen, und Jane erzählte ihnen die Geschichte mit der stoischen Ruhe, die sie sich zu eigen gemacht hatte. Sie war überhaupt nicht auf die Wirkung vorbereitet, die sie bei Miriam auslöste. Die alte Frau saß eine Minute lang gebeugt und still da, dann brach sie in Klagen aus, so ähnlich wie das Stöhnen, das Jane bei einem tangi kennengelernt hatte. »Weggehen«, jammerte sie, »alle weggehen. Über das Meer. Alle weg«, und zwei dicke Tränen rollten über ihre runzligen Backen.
    Jane war bestürzt. Sie hatte nicht gewußt, daß Miriam etwas an Katherine lag. Sie waren freundlich zueinander gewesen, aber es hatte nie den Beweis einer herzlichen Freundschaft gegeben, den die Maoris Jane zuteil werden ließen. Jetzt schien Miriam über Katherines Abreise verzweifelt zu sein. Im nächsten Augenblick begann die klagende Stimme wieder, und Jane wurde alles klar. »Die Kleine. Die Kleine. Verlassen. Ganz alleine. In dem großen Haus. Ganz allei-eine«, das letzte Wort wurde in einem ausgesprochenen Schmerzensschrei hervorgestoßen, und das war mehr, als Jane ertragen konnte. Plötzlich überkam sie ihr ganzes Elend, und die Tränen standen ihr in den Augen. Miriam sah es, ging zu ihr hinüber und wiegte sie in ihren starken Armen wie ein kleines Baby.
    »Miriam hier... Miriam sorgen...«
    Jane begann schrecklich zu schluchzen, und man kann nicht sagen, wo die Szene geendet hätte, wenn sich Hua nicht eingeschaltet hätte. Er nahm seine Mutter sanft, aber bestimmt bei der Schulter und wandte sich an Jane. Dieses Mal war sein Englisch wirklich gebrochen.
    »Die alte wahine sie reden zuviel. Immer sie reden und reden. Kleine Miss nicht alleine. Viel Freunde. Viel Freude. Viel Hilfe. Ich selbst werde — wie Sie sagen? — beistehen.«
    Diese Worte waren großartig gesprochen und endeten mit einer weit ausladenden Geste. Jane wurde wieder fröhlich und begann zu lachen. Plötzlich fiel auch Miriam ein und faßte die Situation zusammen: »Kein Grund. Schöne weggehen. Kleine bleiben. Sehr gut. Alles o. k. Sehr o. k.«
    Ein paar Tage später fuhr Wilfrid Cunningham weg, um seinen Geschäften nachzugehen. Bevor er abfuhr, kam er in die Küche, wo Jane wie gewöhnlich arbeitete. Er war immer nett und freundlich zu ihr, aber jetzt sprach er mit einer ungewöhnlichen Güte.
    »Meine Liebe, du arbeitest zu schwer. Warum willst du das weitermachen?«
    »Warum? Weil es mein Haus und meine Aufgabe ist.«
    »Aber alleine kannst du nicht weitermachen, und du weißt doch, daß Kit letzten Endes mit mir nach England gehen wird?«
    »Natürlich. Ich wußte, daß ihr nicht ewig im Neuseeland bleiben würdet.«
    »Lieber Himmel, nein - und ich möchte, daß Kit Reisen macht und die Welt sieht.«
    »Das wird herrlich für sie sein.«
    »Noch besser, wenn du mitkommst.«
    Sie guckte ihn erstaunt an. »Aber das kann ich nicht. Ich habe kein Geld, und ich habe meine Aufgabe hier.«
    »Ich habe Geld genug für uns drei. Jetzt steig nicht aufs hohe Roß, Jane. Denk daran, daß deine Eltern Katherine viele Jahre lang ein Zuhause geschenkt haben. Jetzt möchte ich dir eines geben. Natürlich weiß ich, daß du später zu deiner Mutter zurückkehren willst, aber bis dahin können wir gemeinsam das Leben genießen.«
    Sie sagte verlegen: »Das ist sehr lieb von dir. Unheimlich großzügig.«
    »Absolut nicht. Ich stehe bei deiner Mutter hoch in Schuld. Bei ihrer Tochter auch. Das kann ich gar nicht wiedergutmachen.«
    »Ich danke dir, daß du es angeboten hast, aber ich kann es unmöglich annehmen. Siehst du, der >Weiße Elefant< ist immer noch meine Aufgabe.«
    »Das ist unmöglich, wenn Kit weggeht. Niemand in diesem Wohlfahrtsstaat kann mit Sicherheit für dieses Haus Hilfe beschaffen. Du würdest von Alpträumen geplagt werden und keine Freude mehr haben.«
    Sie schaute traurig zum Fenster hinaus und sah das Ende aller Freuden, die so viele Jahre gedauert hatten. Dann riß sie sich zusammen und sagte tapfer: »Ich kann es aber versuchen. Vielleicht gelingt es mir, ein paar nette Maoris zu bekommen.«
    »Das ist möglich, aber das Problem wird immer wieder auftauchen. Verkauf ihn

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