Zum weißen Elefanten
Jane...«
Außer für Jane, jeder sagte oder dachte es, sagte sich Jane verdrießlich. Warum konnte man sie nicht in Ruhe lassen? Sie wollten natürlich alle helfen, aber sie brauchte kein Mitleid. Kit tat nur, was jedes Mädchen tun würde; ein Vater hatte das erste Recht. Außerdem hatten sie ihr gesagt, sie würden noch keine Pläne machen. Wilfrid würde gerne noch ein halbes Jahr in Neuseeland bleiben. Er hatte Geschäftsinteressen nachzugehen, und Kit würde bleiben, wo sie war. Gerade an diesem Morgen hatte sie noch gesagt: »Jane, mein Schatz, sind wir für Ostern ganz ausgebucht?« und Janes Gesicht hatte bei diesem »wir« aufgeleuchtet.
Sie war sicher, daß sie noch immer alle Interessen teilten, außer natürlich das plötzliche Erscheinen eines gutaussehenden Vaters. Hier hielt Jane inne. Aber war das nicht das einzige Interesse, auf das es Kit jetzt ankam? Sie ließ den Gedanken fallen, denn ihre gewohnte Ehrlichkeit, ihr klares Denken, ihr Mut gegenüber der Zukunft hatten sie nun verlassen. Tony faßte das in einem mitteilsamen Augenblick bei seiner Mutter zusammen.
»Jane lebt wie im Traum. Sie ist wie betäubt. Sie kann den Dingen nicht ins Auge sehen.«
Mrs. Carr sagte nicht ohne Hintergedanken: »Jetzt ist es Zeit für ihre Freunde, ihr beizustehen, meinst du nicht? Bring sie heute abend mit zum Essen, Tony.«
Jane kam und redete und lachte wie gewöhnlich, aber niemand wagte, sie zu fragen, was mit dem >Weißen Elefanten< geschehen oder was aus ihr werden sollte.
Sie verbrachte drei glückliche Tage bei Nora. Hugh mußte in die Stadt fahren, um seine Großhändler aufzusuchen, und Jane zog völlig glücklich in das kleine Haus hinter dem Laden und ließ Katherine und ihren Vater in dem >Weißen Elefanten<. »Aber Wilfrid — ich kann ihn nicht Onkel nennen, und er sagt, es mache ihm nichts aus — sagt, er wolle sich nicht auf Kits Kochkunst verlassen, deshalb essen sie jeden Abend in Condon.«
»Eigentlich eine gute Idee. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Katherine ein wirklich gutes Abendessen zustande bringt«, sagte Nora geringschätzig.
Jane war sehr glücklich mit Nora und dem Baby und den Hunden. Sie brauchte nicht zu denken oder zu planen; vor allem brauchte sie nicht ständig über Katherine und ihren Vater zu sprechen. Sie hatten viel zuviel Arbeit mit John, dem Laden, den Tieren und dem Postamt, als daß Zeit für tiefsinnige Betrachtungen geblieben wäre, und abends waren sie zu müde, um wachzuliegen und nachzudenken und sich Sorgen zu machen. Tony kam, um das gemeinsame Patenkind zu sehen und nahm Jane mit ins Kino, und später sagte Nora zu ihr: »Tony ist wirklich ein Engel... Er scheint seine Marylins aufgegeben zu haben und jetzt nur noch dir treu zu sein.«
»Oh, er ist ein guter Freund, aber das wird nicht lange halten. Männer kommen und gehen, weißt du.«
In ihrer Stimme schwang etwas Verbitterung mit, denn ihre Gedanken waren in diesen letzten zwei Wochen sehr häufig zu dem Freund gewandert, der mit Sicherheit aus ihrem Leben getreten war. Seit Neujahr hatte sie Philip Park weder gesehen noch von ihm gehört. Das war Nora, einer sehr feinfühlenden Freundin, nicht entgangen, und eines Abends sagte sie zu Hugh, als er zurückkam: »Komisch mit diesem Park. Er scheint völlig verschwunden zu sein, und trotzdem bin ich ganz sicher, daß er sich um Jane bemühte.«
Hugh sah von seinem Buch auf und sagte geistesabwesend: »Park? O ja, Park. Habe ich dir nicht erzählt, daß ich ihn in der Stadt getroffen habe?«
»Ganz bestimmt nicht. Ich hasse verschwiegene Ehemänner.«
»Nichts Aufregendes. Ich habe nur fünf Minuten mit ihm gesprochen. Er war unterwegs, weißt du — eine eilige Reise für seine Firma nach England. Ist hin und zurück geflogen, war aber fast den ganzen Februar nicht im Land. Kein schlechter Kerl. Sagte, er würde bald hier vorbeikommen!«
Nora sah ihn mit erzwungener Geduld an: »Und warum hast du das Jane nicht erzählt, als du sie hier gesehen hast? Ihr kann es weiß Gott nicht schaden, wenn sie aufgeheitert wird.«
»Ich hatte es völlig vergessen. Was ihr Frauen aus so einer kleinen Plauderei machen könnt.«
»Ich hoffe, du hast ihm von Kits Vater erzählt?«
»Warum sollte ich? Er war in Eile.«
Danach war es ganz natürlich, daß Nora darauf bestand, am nächsten Tag zu dem >Weißen Elefanten< gefahren zu werden, und dann im Laufe einer langen Unterhaltung beiläufig erwähnte, daß Philip Park eine Geschäftsreise nach England
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