Zum weißen Elefanten
ich fühle, daß ich es instinktiv merken werde.«
In diesem Augenblick klopfte es leise an der Hintertür, und Katherine fuhr schrecklich zusammen. »Laß das doch. Es wird nur Hugh oder Tony sein«, sagte Jane und rief fröhlich: »Herein.« Einen Augenblick später öffnete sich die Türe zögernd, und eine zweifelhafte Gestalt erschien auf der Schwelle. Katherine, die gerade das Silber wegräumte, hielt inne und staunte ihn an. Der Mann sprach mit einer angenehmen Stimme, die gar nicht zu seinem groben Aussehen paßte.
»Verzeihen Sie, daß ich Sie zu dieser Stunde überfalle, aber könnten Sie mir für heute nacht ein Zimmer geben?«
Jane fühlte sich unbehaglich. Er war zwar sehr schmutzig, aber er hatte ein freundliches offenes Gesicht, und er trug wahrscheinlich alte Kleider, weil das für ihn zum Urlaub gehörte. Aber warum kamen ihr plötzlich die Worte aus einem Kriminalroman, den sie einmal gelesen hatte, in den Sinn: »Viele Mörder sind sehr freundliche Menschen.«
Sie wies diesen Gedanken sofort von sich, aber sie zögerte einen Moment, und der Fremde merkte es. Er sagte ruhig: »Ich hätte Sie nicht belästigt, aber ich habe drei Meilen von hier eine Panne mit meinem Wagen gehabt, und ein Maori hat mir gesagt, Sie hätten viele Zimmer. Glauben Sie, ich könnte eines davon bekommen?«
Jane sagte forsch: »Ja, wir können Ihnen ein Zimmer geben. Aber wie heißen Sie?«
»Robert Brown«, antwortete er, ohne zu überlegen, und Katherine versuchte, Janes Blick zu treffen.
»Ihr Gepäck?« fuhr Jane in geschäftsmäßigem Ton fort.
»Ich habe leider nur diesen Rucksack. Um ehrlich zu sein, ich habe eine Blase an der Ferse, und ich wollte keinen Koffer tragen. Deshalb habe ich den Wagen abgeschlossen und die wenigen Dinge, die ich brauche, in diesen Sack gesteckt. Ich muß morgen früh eine Werkstatt anrufen.«
»Aber morgen ist Samstag«, wandte Jane ein; langsam wurde ihr etwas unbehaglich zumute. »Sie müssen wahrscheinlich bis nach dem Wochenende warten.«
»Dann muß ich Sie bitten, mich etwas länger zu behalten«, sagte er und lächelte zum ersten Mal. (»Viele Mörder haben ein freundliches Lächeln« — dieser verdammte Krimi!)
Katherine stand offensichtlich verdattert neben der Silberschublade, aber Jane beachtete sie nicht und sagte: »Normalerweise nehmen wir niemand ohne eine Empfehlung oder Gepäck oder...«
Er unterbrach sie, um schnell zu sagen: »Natürlich nicht. Das habe ich auch nicht erwartet. Lassen Sie mich etwas vorausbezahlen«, und aus seiner Brieftasche zog er einen Fünfzigmarkschein, der, wie Katherine bestürzt merkte, verdächtig gefärbt zu sein schien. »Entschuldigen Sie, daß ich Ihnen einen schmutzigen gebe. Ich habe mich ziemlich schlimm an der Hand verletzt, als ich den Wagen zu reparieren versuchte, und das Blut ist über meine Brieftasche gelaufen«, dabei zeigte er eine ekelhafte Wunde, die mit einem Taschentuch notdürftig verbunden war. Jane dachte an Mrs. Simpsons Worte: »Dieser gräßliche Mensch scheint sich beim Ausbrechen verletzt zu haben. Man sollte wirklich meinen, die Polizei würde ihn daran erkennen können.« Aber natürlich konnte sich ein Mann auch auf andere Weise verletzen. Sie sah Katherine bewußt nicht an und sagte frisch: »Danke schön. Ich werde Ihnen einen Verband und Jod geben, und Ihnen dann Ihr Zimmer zeigen.«
Er folgte ihr, wie Katherine meinte, ziemlich auffällig humpelnd. Nein, er mochte nichts mehr essen. Er wollte nur ein Bad und lange schlafen. Jane zeigte ihm das Badezimmer und kehrte in die Küche zurück.
»Wie konntest du nur, Jane?« fragte Katherine flüsternd. »Hast du ihn nicht erkannt?«
»Wenn du glaubst, er wäre der Mörder, Kit, dann bist du einfach albern. Ich konnte an deinen erschreckten Blicken sehen, daß du gedacht hast, du hättest richtig getippt. Du weißt genau, daß es bestimmt hundert Männer gibt, die so aussehen wie diese verschwommenen Fotos. Was hätte ich tun können? Er wußte, daß wir noch Platz hatten, und er konnte nicht mehr laufen.«
»Du hättest ihm ein Taxi bestellen sollen, um ihn nach Condon zu bringen. Und dieser Fünfzigmarkschein. Jane, er war ganz schmutzig mit Blut.«
»Nicht so schmutzig wie ich gewesen wäre, wenn ich ihn ohne Grund um diese späte Stunde weggeschickt hätte. Er hatte eine ganz echte Schramme an der Hand — und außerdem hat diese Frau eins über den Kopf bekommen. Dabei fließt kein Blut.«
Unglücklicherweise hatte sie nicht bemerkt, daß sich
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