Zum weißen Elefanten
versuchen, daß Sie Ihren Wagen heute morgen noch abschleppen. Die Leute im Condon sind sehr zuvorkommend«, murmelte sie nervös.
Aber er erwiderte nur ganz ruhig: »Um das Auto kümmere ich mich nicht vor Montag. Ich habe eine Weile Zeit, und hier gefällt es nur sehr gut.«
Ganz deutlich hörte Katherine, wie Mrs. Simpson zu ihrer Tochter sagte: » Auto? Ist natürlich gar nicht vorhanden.«
Miss Menzies und Miss Martin kamen in diesem Augenblick herein. Ihr verstohlener Blick auf den Neuankömmling zeigte, daß das Gerücht schon bis zu ihnen gedrungen war. Sie setzten sich hastig hin und begannen, über das Wetter zu sprechen. Kurz darauf folgte Geoffrey Wilson, der den Zuwachs erst bemerkte, als er sich hinsetzte. Er sah interessiert und überrascht hinüber.
»Guten Morgen. Sind Sie in aller Herrgottsfrühe angekommen?«
»Das nicht, aber spät genug, nachdem ich drei Meilen gelaufen war.«
»Das ist Pech. Eine Panne?«
»Ja. Natürlich mußte es meilenweit von jeder Ortschaft passieren.«
»Wo denn ungefähr?«
»Ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist meine erste Reise, und es war ziemlich dunkel.«
Sogar Katherine mußte zugeben, daß das ziemlich verdächtig klang. Bei Geoffrey schienen diese Worte irgend etwas auszulösen. Er betrachtete den Mann, dessen Blick jetzt auf seinen Teller gerichtet war, noch einmal, sah Katherine mit hochgezogenen Augenbrauen an, dann wieder den Fremden. Danach, sagte Jane, spürte man selbst in der Küche, daß man eine Stecknadel im Eßzimmer hätte fallen hören oder die Luft hätte schneiden können, was immer man vorzog.
Ihre allgemeine Anspannung ließ etwas nach, als sie einen Wagen in die Einfahrt einbiegen hörten.
»Polizei, Gott sei Dank«, sagte Mrs. Simpson nicht gerade leise.
»Nicht die Polizei«, sagte Geoffrey viel weniger hörbar, als er zum Fenster hinausschaute, »aber ein ernsthaft aussehender Mann, der sich hier auszukennen scheint.«
Das schloß er, weil Philip Park nicht erst angeklopft hatte, sondern direkt in die Küche gegangen war, wo ihn Jane zu seiner wie zu ihrer eigenen Verwunderung freudig begrüßte.
»O Philip!« (So hatte sie sich endlich dazu durchgerungen, überlegte der junge Mann; dann mußte etwas geschehen sein) »Kommen Sie bitte mit hinaus, wo uns niemand belauschen kann. Wir sitzen so in der Klemme. Alle spielen verrückt, weil gestern abend hier ein Mann ohne Gepäck aufgetaucht ist, der wie ein Landstreicher aussieht. Sie scheinen alle zu denken, es sei der ausgebrochene Mörder. Man könnte natürlich jeden dafür halten, wenn man sich nach den Fotos in der Zeitung richtet. Mrs. Simpson, die alte Hexe, hat damit angefangen, und jetzt haben die Sekretärinnen Angst, und sogar Mr. Wilson sah erstaunt aus, und ich vermute, sie werden alle abreisen. Ich bin mit meinem Latein am Ende. Was sollte ich tun? Ich mußte ihm ein Zimmer geben. Er hat eine schreckliche Blase an der Ferse.«
Zu ihrem Erstaunen lachte Philip. Er nahm sie leicht bei den Schultern und schüttelte sie etwas, was sie kaum bemerkte und nicht übelnahm.
»O Jane, Jane«, sagte er, »natürlich mußten Sie ihm ein Zimmer geben. Auch wenn ein Mörder mit einer Blase an der Ferse aufkreuzte, würden Sie es trotzdem tun, Sie seltsames kleines Mädchen.«
Dann war er plötzlich wieder ganz ernst und verantwortungsbewußt. »Ich glaube keinen Augenblick daran, daß er der gesuchte Mann ist. Die Polizei im ganzen Land erhält Berichte über seinen Aufenthaltsort. Das ist immer so. Jeder arme Kerl, der hager und dunkel ist, wird für ihn gehalten. Aber ich werde in mir ansehen. Ich habe noch andere Fotos gesehen, nicht nur die in den Zeitungen, und ich sollte mir ein Bild machen können. Wissen Sie was... Ich gehe zum Frühstück wie ein richtiger Pensionsgast — der ich an diesem Wochenende ja auch bin, und es hilft gar nichts, mich abzuweisen, auch wenn ich keine Blase an der Ferse habe, und dann kann ich ihn mir richtig ansehen.«
»Oh, bin ich erleichtert, Philip. Sie sind wirklich eine Beruhigung. Sogar Mr. Wilson machte ein bedenkliches Gesicht und fing an zu glauben, ich hätte auf diese gräßliche Mrs. Simpson hören sollen; aber wie konnte ich, denn er war da ja schon in seinem Bad?«
»Natürlich konnten Sie das nicht. Wäre ausgesprochen ungehörig gewesen. Die Sache wird bald aus der Welt sein, denn wenn Grund zu echten Bedenken besteht, werde ich die Polizei anrufen. Es ist am besten, wenn ich mich an seinen Tisch setze.« Als
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