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Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Stumm beobachtete sie ihn, als er den Schmuck, das Messer und die Scherbe wieder einsteckte.
    »Wie es bei euch üblich ist, wird erst bezahlt, wenn die Frage ihre Antwort fand.«
    Illyra nickte. Walegrin war lange Jahre um ihre Mutter gewesen, dabei hatte er viele der S'danzo-Gebräuche kennengelernt und seines Vaters explosive Eifersucht geweckt. Das Leder seines Kilts knarrte, als er aufstand. Der Augenblick für ein Lebewohl kam und verging. Schweigend verließ er den Raum.
    Man machte ihm Platz, wenn er durch die Menge schritt. Es fiel Walegrin hier im Basar besonders auf, weil er früher zwischen den Ständen hindurchgekrochen oder, von Verfolgern gejagt, gelaufen war, und mit Verwünschungen eingedeckt, wenn er beim Stehlen erwischt worden war. An jedem anderen Ort empfand er den ihm gezollten Respekt als angebracht, doch nicht hier, wo er eine Zeitlang zu Hause gewesen war.
    Einer der wenigen Männer in der Menge, die ihm an Größe in nichts nachstanden, blockierte ihm flüchtig den Weg. Walegrin betrachtete ihn verstohlen und schloß aus seiner Schmiedeschürze, daß es Dubro war. Seinen kleineren Begleiter hatte er schon mehrmals in der Stadt gesehen, ohne sich jedoch nach seinem Namen oder Beruf erkundigt zu haben. Beide blickten sie aneinander vorbei, um sich gar nicht erst näher kennenlernen zu müssen.
    Am Eingang des Basars - einer Reihe von altersschwachen Säulen, die einst von den alten Ilsig-Königen hier aufgestellt worden waren - löste ein Mann sich aus den Schatten und gesellte sich zu Walegrin. Obgleich dieser Mann wie ein Städter gekleidet war, war sein Gesicht doch hager wie das von Walegrin, hart und pergamentähnlich.
    »Was konntest du erfahren, Thrusher?« erkundigte sich Walegrin.
    »Dieser Mann aus dem Abwind-Viertel, der behauptete, dergleichen lesen zu können ...«
    »Ja?«
    »Wie Ihr wißt, machte Runo sich daran, ihn aufzusuchen. Als er heute morgen nicht zum Dienst erschien, schauten Malm und ich nach ihm. Wir fanden sie beide - und das da.« Er streckte seinem Hauptmann zwei kleine Kupfermünzen entgegen.
    Walegrin betrachtete sie und drehte sie auf seiner Hand um, dann warf er sie in den Hafen. »Ich kümmere mich selbst darum«, erklärte er. »Sag den anderen, daß wir heute nacht eine Besucherin in der Kaserne haben werden.«
    »Ist gut, Hauptmann.« Thrusher grinste überrascht. »Soll ich die Männer fortschicken?«
    »Nein, stell sie als Wachen auf. In letzter Zeit geht alles schief. Zuerst waren es nur ärgerliche Kleinigkeiten, aber jetzt hat Runo dran glauben müssen. Und gerade in dieser Stadt will ich keine Risiken eingehen. Hör zu, Thrusher ...« Walegrin faßte den Mann am Ellbogen. »Diese Frau ist eine S'danzo, meine Halbschwester. Sag das den Männern, damit sie es verstehen.«
    »Sie werden es verstehen. Wir alle haben irgendwo Familie.«
    Walegrin verzog das Gesicht, und Thrusher wurde klar, daß sein Hauptmann nicht plötzlich weich wurde und sich mit familiären Problemen befaßte.
    »Wir brauchen eine S'danzo? Gewiß gibt es doch zuverlässigere Seher in Freistatt als die vom Basar. Unser Gold ist gut und keineswegs knapp.« Wie viele im rankanischen Reich hielt auch Thrusher die S'danzo zu nicht viel mehr befähigt, als Bediensteten Rat bei ihren Liebesproblemen zu geben.
    »Diese eine brauchen wir.«
    Thrusher nickte und zog sich so unauffällig in die Schatten zurück, wie er aus ihnen gekommen war. Walegrin wartete, bis er allein auf der schmutzigen Straße war, ehe er die Richtung änderte und mit gestrafften Schultern und geballten Fäusten in die verwinkelten Straßen des Labyrinths einbog.
    Die Dirnen des Labyrinths waren ein besonderer Schlag, der in den großen Freudenhäusern vor der Stadtmauer nicht willkommen war. Ihre Umarmung brachte einen leicht einen vergifteten Dolch ein, und als Bezahlung für ihre Dienste nahmen sie einem Mann so gut wie alles, was er bei sich trug. Ein ganzer Schwarm dieser Frauen drängte sich um den Eingang des Wilden Einhorns, das für das Labyrinth etwas Ähnliches wie ein Rathaus war, aber sie machten Walegrin lammfromm Platz. Das Überleben im Labyrinth hing von der sorgfältigen Beachtung ungeschriebener Gesetze ab.
    Schlechte Luft schlug Walegrin entgegen, als er die Schenke betrat. Einen Augenblick verstummten die Gäste, wie immer, wenn jemand hereinkam. Bei einem Höllenhund - einem Angehörigen des persönlichen Säuberungstrupps des Prinzen - mochte es vorkommen, daß während der gesamten Dauer seines

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