Zum Wilden Einhorn
werfen, aber ich ziehe es vor, nicht zu töten. Außer ich sehe mich dazu gezwungen. Versteht Ihr? Ich möchte nur Eure hübsche kleine Schlange.«
»Oh.« Ihre Augen wurden groß, und sie zog den Bauch ein, fort von dem stumpfen Silberglanz der mehrere Zoll langen Klinge. »Es - es ist ein Geschenk ...«
»Auch ich werde es als Geschenk ansehen. Oh, Ihr seid klug, sehr klug, daß Ihr nicht zu schreien versucht. Ich hasse es, schönen Frauen den Bauch aufzuschlitzen. Es ist garstig und könnte diesen Stadtteil in Verruf bringen. Ich werfe auch nicht gern jemandem ein Messer in den Rücken. Glaubt Ihr mir?«
»Ja.« Ihre Stimme zitterte.
»Gut.« Er gab sie frei, hielt aber seine andere Hand weiterhin offen ausgestreckt. »Dann bitte das Armband. Ich bin kein Grobian, der einer so hübschen Lady ein so hübsches Kleinod vom Arm reißen würde.«
Wie gebannt starrte sie ihn an und wich einen Schritt zurück. Er warf das Messer in die Luft und fing es mit der Spitze auf. Seine linke Hand blieb ausgestreckt. Mit der Rechten hob er das Messer wie zum Wurf. Hastig streifte sie das Armband ab. Noch wertvoller, als er vermutet hatte, stellte er habgierig und dankbar zugleich fest, als er sah, daß die Schlangenaugen kostbare Topase waren. Na gut, dafür sollte sie ihre teure Schärpe behalten dürfen.
Sie ließ das Armband nicht auf seine Hand fallen, sondern legte es behutsam hinein. Hartes, kaltes Gold, wundervoll schwer. Nur ganz leicht innen angewärmt von dem kupferbraunen Handgelenk. Hübsch, wirklich hübsch! Sie blinzelte furchterfüllt, als er das Messer hochwarf, um es an seiner Lederschleife aufzufangen. Es hatte keinen Griff, damit das Ende hinter der beschwerten Klinge leicht blieb.
»Seht Ihr?« Er zeigte seine blitzenden Zähne. »Ich bin nicht an Eurem Blut interessiert, versteht Ihr? Nur an diesem hübschen Kleinod.«
Das Armband blieb kalt in seiner Hand. Instinktiv riß er sie zurück, als es sich bewegte. So flink er auch war, er war nicht schnell genug. Das Armband war plötzlich zur lebenden Natter geworden, die ihre Zähne in den fleischigen Ballen stieß.
Das Lächeln des Diebes schwand mit seinem Schmerzensschrei. Aber er sah das Lächeln der schönen Frau. Trotz des Entsetzens in ihm hob er das Wurfmesser, um das heimtückische Luder, das ihn so hereingelegt hatte, zu erstechen.
Das heißt, er versuchte das Messer zu heben, versuchte die Schlange abzuschütteln, die sich in seinen Ballen verbissen hatte. Es gelang ihm nicht. Das Gift der unnatürlichen Schlange ließ jeden Knochen, jede Sehne, alles Gewebe in ihm zu Stein werden, und starr fiel Gath, der Dieb, tot auf den Boden.
Sein ursprüngliches Opfer bückte sich, immer noch lächelnd, um sich sein Eigentum zurückzuholen. Die Frau zitterte vor Erregung. Sie zwängte die Hand durch das Armband und schob es zum Handgelenk hinauf. Die Augen der Schlange, kalter harter Stein, funkelten. Ein Zittern der Aufregung durchfuhr die Frau. Ihre Augen glänzten.
»Oh«, murmelte sie begeistert. »Jedes einzelne Silberstück ist dieses wundervolle Kleinod wert, das ich in dem wundervollen Laden bekam. Trotzdem bin ich froh, daß es ihn nicht mehr gibt, denn so sind jene, die diese göttlichen Waffen kauften, etwas Besonderes!« Immer noch zitterte sie erregt, und ihr Herz pochte heftig bei der Erinnerung an die Gefahr und das Töten, das sie hatte miterleben dürfen, und sie streichelte das Armband, als wäre es ein Liebhaber.
Stolz und vor Erregung fast glühend, ging sie hocherhobenen Hauptes nach Hause. Aber sie war gar nicht glücklich darüber, daß ihr Gatte sie ihres späten Heimkommens wegen schalt und heftig ihr linkes Handgelenk packte. Seine Augen weiteten sich, er erstarrte und fiel tot zu Boden. Nein, sie war gar nicht glücklich darüber. Sie hatte beabsichtigt, nur Fremde zu töten, solche, die es auch verdienten.
Irgendwo lächelte jetzt ganz gewiß der Gott Vashanka.
»Die götterverdammte Stadt hat ganz schön was abgekriegt, und jetzt geht es zu wie in einem aufgestocherten Ameisenhaufen! Ich bin überzeugt, daß Ihr mehr als nur ein bißchen damit zu tun habt«, sagte der schwarzgelockte junge Mann. (Oder war er noch ein Junge? Straßenerfahren und zäh war er, mit verschleiertem Blick, und er trug mehr Messer als eine Kurtisane Edelsteine. Sein Haar war schwarz, schwärzer als schwarz, und die Augen kaum heller über einer Nase, die einem Raubvogel hätte gehören können.)
»Wahrhaftig, götterverdammte Stadt«,
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