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Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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ihrer hassenswertesten F orm!«
    »Beim Erlöser Tiana - es ist schrecklich, ihn so zu sehen, zu hören ...«
    »Hol mein Tuch«, bat Mondblume. Sie nahm Hanse ein Messer nach dem anderen ab. »Und mache uns Tee, Liebling.«
    Mondblume hielt den bebenden jungen Mann in ihren Armen und murmelte beruhigende unverständliche Worte. Sie drückte sein tränenüberströmtes Gesicht an ihren üppigen Busen, löste die Fessel von seinen Hände und hielt seine dunklen Finger in ihren, die viel größer, bleicher und fleischiger waren. Und unentwegt redete sie beruhigend auf ihn ein. Ihre Tochter schlang das Schultertuch um sie und ging, um Tee zu kochen.
    Das einfallende Mondlicht beleuchtete den Fuß eines großen Mannes, während die Seherin bei Hanse saß und er schließlich, immer noch zitternd, einschlief. Sie hielt seine Hände, bis er, von seinem Atem abgesehen, still war. Mignureal blieb mit glänzenden Augen in der Nähe und erkannte sofort, als ihre Mutter sich in die Ebene über der normaler Sterblicher begeben hatte, denn sie sackte in sich zusammen, und ihre Augen wirkten glasig. Sie begann zu murmeln. Eine Frau, zierlich im Innern, massig äußerlich, ein riesiges Kätzchen mit Sehergabe.
    »Ein Jagdhund mit gelbem Fell? Groß wie ein Baum, alt wie ein Baum - er hält sich in der Nähe auf, und bei ihm ist ein Gott, keiner von Ilsig. Ein Gott von Ranke - oh, es ist ein Höllenhund! O Hanse, das ist kein Hexerzauber, das ist Gottzauber! Und wer ist das ...? Oh. Noch eine Gottheit! Aber wieso ist Theba darin verwickelt, die so wenige Anhänger hier hat? Oh!«
    Sie schauderte, und ihre Tochter wollte sie schon berühren, hielt sich aber doch zurück.
    »Ich sehe Ils höchstpersönlich, er verbirgt sein Antlitz - ein Schatten, hoch wie ein Baum, und noch einer, bei weitem nicht so groß. Ein Schatten und sein Werkzeug? Aber der kleinere hat keinen Kopf - oh! Er fürchtet sich! Das ist es! Er hat kein Gesicht mehr. Es ist Ha ... Ich sage es lieber nicht, obwohl er schläft. O Mignue, auf der Straße vor dem Markt liegt eine Leiche und - ahhh!« Ein tiefer Seufzer drückte ihre Erleichterung aus. »Nicht Hanse hat sie getötet - ein anderer! Und Theba schwebt über ihr. Ich sehe - ich s ... Ich werde nicht sagen, was ich sehe. Es verschwimmt ...«
    Wieder seufzte sie. Schwitzend saß sie ganz still und ihre gewaltige Masse quoll zu beiden Seiten über den Stuhl. Sie blickte auf den schlafenden Nachtschatten. »Er hat mit dem Statthalter gesprochen, der des Kaisers Halbbruder ist, Mignureal, mein Kind, hast du das gewußt? Und er wird es wieder tun. Sie sind keine Feinde, unser Statthalter und Nachtschatten.«
    »Oh!« Mignureal sah ihn an, den Kopf leicht schräg gelegt. Mondblume bemerkte den Blick.
    »Du gehst jetzt ins Bett, und morgen erzählst du mir, was du so spät noch unterwegs getan hast, Mignue. Und du wirst nie wieder in Hanses Nähe gehen, verstehst du?«
    »O Mutter.« Mignureal begegnete dem festen Blick ihrer Mutter nur kurz. »Ja, Mutter, ich verstehe.« Sie ging ins Bett.
    Mondblume nicht. Sie blieb neben Hanse sitzen. Am Morgen war er wieder in Ordnung, und sie sagte ihm, was sie gesehen hatte. Er würde nie wieder derselbe sein, das wußte sie, er, der die Furcht in ihrer schlimmsten Art kennengelernt, der dem Gott des Schreckens ins Antlitz gesehen hatte. Aber er war wieder Hanse und hatte keine Angst mehr. Mondblume war sicher, daß er in wenigen Stunden seine stolze, selbstsichere Haltung zurückerlangen würde. Sie bemerkte auch, daß er grimmig entschlossen war.
    Die Botschaft, die an der kleinen Wachstation an der Ecke Schatten- und Echsengasse abgegeben worden war, besagte: »Der Höllenhund, der so groß wie ein Baum ist, soll zur Zeit, da die Schatten Furcht in allen Herzen wecken, zwischen dem stinkenden Markt und dem Katzenlager spazieren.« Die Botschaft wurde Tempus ausgehändigt, der dem Wachoffizier befahl, sie zu vergessen. Den Befehl begleitete ein grimmiger Blick. Der Winder beteuerte es ihm und zog sich eilig zurück.
    Allein und angeregt von einer Prise seines Freundes in Pulverform, versuchte Tempus die Botschaft zu deuten. Dem Wortlaut nach, war sie von Nachtschatten. Hanse wollte ihn eine Stunde nach Mitternacht allein treffen. So weit so gut. Aber wo? Stinkender Markt konnten alle möglichen Orte sein. Und »Katzenlager« sagte ihm nichts. Katzenlager: die Getreidespeicher - wo Katzen nicht nur gehalten wurden, sondern auch noch hinwanderten, angezogen von den Mäusen, die

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