Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
brennenden Diamanten geschmiedet hatte - der Sage nach mit Hilfe von zwei Dämonen. Und wenn das inzwischen auch angezweifelt wurde, bestand zumindest kein Zweifel daran, daß die unverwüstlichen Rüstungen Helden aus drei der fünf Zeitalter der Welt geschützt hatten.
    Und dann, vor zwölfhundert Jahren, hatten die Zwillingsbrüder Harash und Hakkad die Rüstungen angelegt und waren gegen den Zauberfürsten Sterl ausgezogen. Auf dem Weg durch die Berge war ein Sturm aufgekommen, und im hellen Licht des frühen Morgens waren alle verschwunden: die Brüder mit den Rüstungen samt ihrer dreitausend Krieger. Einige meinten, die Erde habe sich unter ihnen aufgetan, andere glaubten, die Schlünde von fliegenden Ungeheuern, deren Zähne in den Blitzen glitzerten und deren Rücken sich im Donnerschlag bis zum Himmel wölbten, hatten sie verschlungen. Was immer auch der Grund war, die Rüstungen waren an jenem Morgen jedenfalls verschwunden. Daß sich nun eine davon hier in diesem unterirdischen Raum befand, war für Samlor der erste stichhaltige Beweis für die gewaltige Macht, die hier unter der Stadt herrschte.
    Durch die Öffnung an der gegenüberliegenden Seite drang das Scharren von Metall gegen Stein und ein leises Klirren. Samlor drückte sich gegen die Wand und hielt den Atem an.
    In den aus dem natürlichen Felsen gehauenen Raum trat die zweite von Hast-ra-kodis Rüstungen. Sie war nicht leer, aber sie verhüllte den Mann, der in ihr steckte, völlig und bot so einen Anblick, der nichts Menschliches mehr an sich hatte. Das unbekannte Metall glühte grünlich und das Schwert, das die Gestalt in den behandschuhten Fingern hielt, leuchtete wie eine grüne Fackel.
    »Kommt Ihr, um Dyareela anzubeten?« Die Stimme klang rostig, als hätte sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesprochen.
    Samlor stellte vorsichtig die Lampe auf den Boden und trat einen Schritt zur Seite. »Ich verehre Heqt«, entgegnete er und schloß seine Linke um das Heqt-Medaillon. »Und noch einige andere, vielleicht. Aber nicht Dyareela.«
    Der Mann in der Rüstung lachte und kam einen Schritt näher. »Auch ich verehrte Heqt. Ich war ihr Priester - bis ich in diese Tunnel kam, um das Böse aus ihnen zu vertreiben.« Das Kichern hallte von den Steinwänden wider. »Dyareela erlegte mir eine Buße auf für mein Leben, mein Leben, mein Leben ... Ich trage diese Rüstung. Das wird auch deine Sühne sein, Cirdonier. Zieh die andere Rüstung an.«
    »Laß mich vorbei, Priester!« Samlors Hände zitterten. Er verschränkte sie auf der Brust. Sein Dolch steckte in der Scheide.
    »Nicht Priester«, krächzte der Näherkommende.
    »Mann! Laß mich vorbei!«
    »Nicht Mann, nicht Mann«, sagte die Stimme. Das Schwert hob sich, und sein Leuchten raubte der Flamme der Öllampe die Kraft. »Man sagt, die Schneide deines Dolches sei immer scharf, Bittsteller - aber haben die Götter ihn geschmiedet? Dringt er durch die Rüstung Hast-ra-kodis?«
    Samlor nahm sein spitzes Stoßmesser aus der Handgelenkscheide und ging zum Angriff über. Den linken Fuß stemmte er gegen die Wand. Rüstung oder nicht, der Priester war kein Kämpfer. Samlors Linke blockierte den Schwertarm, während die Rechte den schmalen Dolch in die Brust stieß. Die dünne Klinge drang durch die Ringe wie durch ein Nadelöhr. Die behandschuhte Faust riß dem Cirdonier die Haut über der Wange auf. Samlor hatte schnell das Messer zurückgezogen und stach erneut durch die Rüstung, zwischen die Rippen und in die schwammige Lunge darunter.
    Die Gestalt taumelte rückwärts. Das Schwert klirrte auf den Steinboden. »Wa-as ...?« begann sie, und hinter dem Visier gurgelte es. Der Messergriff hob sich dunkel von der glühenden Rüstung ab. Schwach versuchte die Gestalt mit beiden Händen das Messer herauszuziehen. »Was bist du?« wisperte sie. »Du bist kein Mensch, kein ...« Muskeln und Sehnen entspannten sich, als das Gehirn an Sauerstoffmangel zugrunde ging. Ein Knie gab nach, und die Gestalt stürzte kopfüber auf den Boden. Das grüne Glühen sickerte heraus wie Blut aus einem Lumpen, befleckte den Boden und drang in ihn ein.
    »Wärst du zu deiner Zeit ein Mann gewesen«, sagte Samlor rauh, »brauchte ich jetzt nicht hier zu sein.«
    Er drehte den Toten um, um sich sein Messer zurückzuholen. Blut aus Mund und Nase hatten das Visier verklebt. Zu Samlors Überraschung hatte die Kettenrüstung sich vorn in ihrer ganzen Länge geöffnet. Sie war bereit, dem Toten ab gestreift und von jemand anders

Weitere Kostenlose Bücher