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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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pikierte Veronika ins Ohr und sagte, aber ab und zu könne man Ausnahmen machen, hahaha.
    Die rote Pille hatte zwar keinen Partylöwen, aber einen wachen Gastgeber aus mir gemacht. Jeder Anflug von Schüchternheit war von mir abgefallen. Es freute mich, dass meine Gäste sich zu amüsieren schienen, und ich versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, wie Müller jetzt an diesem Punkt wohl eine Orgie eingeleitet hätte. Hätteer einen Gong geschlagen, in die Hände geklatscht oder einfach eine Dame gebeten, sich auszuziehen? Nicht, dass ich Ähnliches vorhatte, aber man wusste ja nie.
    Mein Blick suchte Veronika, die Schönste im Raum, und mir fiel auf, dass ihre Schönheit sowohl etwas Gelangweiltes als auch etwas Langweiliges hatte, da war keine Verheißung, keine Sehnsucht, ihre leere Affektiertheit löschte alles aus.
    Ich betrat den Balkon, auf dem es in jeder Beziehung schwül zuging. Einer der Matrosen spielte »Fingerhakeln«, er und seine Freunde hatten die Matrosenhemden abgelegt und standen barbrüstig herum, was einen schönen Anblick bot, der nicht nur Herrn Puvogel über die Maßen gefiel. Während er seine Exgattin glaubhaft ignorierte, warf sie ihm ab und an aus dem Wohnzimmer Blicke wie Messer zu.
    Und mittendrin ich, einen Hugo in der Hand, lachend, scherzend, vollkommen souverän, mit jener straffen, selbstbewussten Haltung, die nur Erfolg hervorruft. Es störte mich nicht, dass Gritli mich belogen, dass Big Ben meinen Text umgeschrieben hatte. Es störte mich nicht, dass Hanna mich zur Rede stellte, weil ich ihr den Polizisten vorgespielt hatte, obwohl ich doch ein »Schmierfink von der Boulevardpresse« sei – offenbar hatte ihr jemand den Mittagskurier zugespielt.
    Es war also Stimmung in der Bude – und ich hatte noch einen richtigen Knaller auf Lager. Um neun klingelte es an der Tür. Ich öffnete und traute meinen Augen kaum. Da waren Kuki und Müller, Erstere im weißen Frack, Letzterer offenbar vollständig wiederhergestellt, als sei sein Wahnsinn nur ein böser Traum gewesen. Auch Gürkchen kam vom Fahrstuhl her dazugehuscht, in seiner katzbuckligen Art. Nun waren alle da, mehr, als ich zu träumen erhofft hatte. Ich nickte Gritli zu. Sie humpelte auf ihren Krücken, zu deren Einsatz sie sich ein letztes Mal entschlossen hatte, niemand nahm Notiz von ihr.
    »Guten Abend, Meikel«, sagte Müller. »Ich möchte mir meine einsamen frauenlosen alten Tage auf Ihrer Party versüßen – und das, obwohl Sie mich nicht eingeladen haben.«
    Er verriet mit keiner Regung, ob es ihm schwerfiel, an den Ort seines Unfalls, in die Wohnung seiner toten Geliebten, zurückzukehren. Er wirkte absolut integer, als hätte er den irren Opa, der morgens mit dem Elektrorollstuhl in den Pool gesaust war, abgeschüttelt wie eine Laus. Er war wieder ganz der mokante Machtmensch mit dem Bei-mir-hat-sich-noch-keine-beschwert-Blick. Vermutlich hatte auch er eine rote Pille genommen. Als er hereinrollte, winkte er lässig Teuben, warf Veronika einen Luftkuss zu und schüttelte Big Ben überaus fröhlich die Hand. Den Feind nicht wissen lassen, was du denkst, eine seiner zehn Regeln für Erfolg, hier in der Praxis angewendet.
    »Vier schwule Flüsse?«, fragte dröhnend Big Ben in die Runde.
    Niemand antwortete.
    »Rhein Inn Main Po«, sagte Big Ben.
    Alle blickten zu den Jungen in den Matrosenhemden. Erst, als diese riefen, das wisse doch jeder, der Witz habe sooo einen Bart, entspannte sich die Situation, sickerten einzelne Lacher durch. Frau Puvogel wurde grün, und Big Ben, der die Matrosen hatte vorführen wollen, winkte ab.
    David murrte: »Je verklemmter die Gesellschaft, je mehr Schwulen witze.«
    »Desto«, sagte ich leise.
    »Also, ich hab nichts gegen Schwule«, sagte Müller, »solang sie mich nicht angrabbeln.«
    Big Ben und er lachten, als seien sie die Einzigen, die sich wirklich verstanden. Kuki kippte zwei Hugos, scannte den Raum nach Opfern ab und landete sehr bald bei mir. Ihr Blick brannte zwischen meinen Schulterblättern. Mein früheres Ich hätte sichgefürchtet. Aber dafür war weder Zeit noch Gelegenheit. Die Überraschung stand unmittelbar bevor. Gleich würde sie durch die Wohnungstür treten.
    Ich klopfte mit dem Löffel an mein Glas.

DIE AUFERSTEHUNG DER ROTEN MÜLLERIN
    »Meine Herrschaften«, rief ich. »Danke, dass Sie alle hergekommen sind. Dies ist meine verspätete Einzugsfeier. Die meisten von Ihnen kennen diese Wohnung ja von früher. Hier lebte und arbeitete Felicitas Müller, eine

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