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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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er.
    »Eier …? Ja, genau! Eier!«
    »Na, dann kommse mal.«
    Rübezahl bahnte mir einen Weg durch freilaufende Hühner und führte mich zu einem verlotterten Bauernhaus. »Mama Bär?«, rief er in den Flur hinein. »Kundschaft!«
    Mama Bär verkaufte mir zweimal zehn mit Hühnerdreck und Stroh verklebte Bio-Eier in bejahrten Quietschpapierkartons. Sechs Euro wollte sie dafür haben. Ob ich das als Spesen bei Big Ben abrechnen konnte? Mit den Eierkartons in der Hand irrte ich durchs Gehöft, um nochmals mit Rübezahl zu sprechen. Diesmal würde ich dienstlich werden.
    »Ist das nicht die Villa von dem Filmproduzenten da drüben?«, rief ich.
    »Yepp. Wieso wollen Sie das wissen? Gehören Sie etwa zu denen?« Er zeigte auf zwei Männer im Trenchcoat, die am Waldrand standen und rauchten.
    »Nein – wieso – wer ist das?«
    »Bullen.«
    »Aha, nein, nein, ach wo, ich bin Journalist.«
    Rübezahl blieb wie angewurzelt stehen. »Noch schlimmer! Von welchem Schmierblatt?«
    »Vom Mittagskurier.«
    Mir schwante nichts Gutes.
    »Verschwinden Sie!«
    »Nur eine Frage!«
    Rübezahl schien zu überlegen, ob er mich verdreschen sollte. Keine ganz ungefährliche Situation. Schließlich drehte er sich um und verschwand.
    Das ging ja gut los. Das hatte ich von meiner Ehrlichkeit. Pauschale Ablehnung, ein unangenehmes Gefühl. Dieses Haftenmüssen für die ganze Zunft, nicht schön. Wo ich Mama Bär doch für sechs Euro Eier abgekauft hatte! Außerdem: Ich war auch ein Mensch, ich hatte auch Gefühle! Ich lief zurück in den Wald. Diezwei Männer im Trenchcoat waren wie vom Erdboden verschluckt. Ich setzte mich auf einen Baumstumpf, behielt Gehöft und Villa im Blick, kritzelte meine Kladde voll, und als sie voll war, schrieb ich auf die Ecken und Kanten des aktuellen Mittagskuriers :

BUMSBURG
    Müller sitzt draußen und raucht seine Zigarre. Die Amseln singen, die Rosen duften, alles ist gut. Damals, als ihr erster gemeinsamer Sommer nahte, hatte er die Müllerin gebeten, eine Freundin zum Angrillen mitzubringen. Angrillen war das Tarnwort für eine Swingerparty auf der Tropenholzterrasse.
    Müller hatte die Bumsburg – ein Kosename, den die Müllerin seinem Haus gegeben hatte – für alle Eventualitäten konzipiert. Die Müllerin ließ sich zu seiner Verwunderung widerstandslos in sein Swingerkonzept integrieren. Ihre kapriziöse Entschlossenheit, ihre schamlose Gemütsruhe, ihre unbändige Neugier werteten seine bis dato auf freizügige Friseusen ausgerichteten Partys auf.
    Beim Angrillen sitzt Müller in seinem Rollstuhl, einen riesigen Dildo in der linken Hand schwenkend, vollkommen zufrieden mit der Welt. Er sitzt und schaut und fasst an, ja, das ist der Sommer! Vielleicht ist das der letzte Sommer! Feiern wir ihn, als sei es der letzte Sommer!
    Langsame Tage, alles überwunden.
und fragst du nicht, ob Ende, ob Beginn,
dann tragen dich vielleicht die Stunden
noch bis zum Juni mit den Rosen hin.
    Er gibt Anweisungen, der zweite Mann, der »Angriller«, führt die Anweisungen aus und beugt die Damen bäuchlings übers Geländer. Dort hängen sie, die Schöpfe in den Rosenbüschen, Champagnergläser in der Hand, sie kreischen, sie kichern, sie lassen sich abwechselnd nehmen, sie verkehren geschlechtlich, als schüttelten sie Hände entfernter Bekannter, mit ähnlich theatralischen kleinen, spitzen Aufschreien. Mehr falsche Töne als ein Dudelsack, aber schön laut. Das Ganze so lange, bis Müller genug gesehen hat.
    Die Müllerin hatte damals die hässliche ihrer beiden Freundinnen zum Angrillen mitgebracht. Die sah Müller aufmunternd an, als erwarte sie von ihm unverzüglich sexuelle Handlungen. Bei hässlichen Frauen hatte Müller gelegentlich ein Auge zugedrückt, diese war aber obendrein fett, und er musste, käme es zum Äußersten, fürchten, von ihrem Gewicht erdrückt zu werden, zumal er solche Lasten nicht, wie ein intakter Mann, einfach abwerfen konnte. Seine Möglichkeiten, zu rebellieren, hielten sich, hockte die betreffende Dame erst auf ihm, in Grenzen, also bohrte er sie lediglich mit den Augen an und beließ es bei einem vielversprechenden Handkuss.
    »Die Damen unbefriedigt. Wenn ihre Sehnsucht Gewicht hätte, wöge jede drei Zentner.«
    Müller hatte der Müllerin, als sich die Hässliche getrollt hatte, zur Strafe den Arsch mit einer Fliegenklatsche versohlen wollen, sie floh, er fuhr hinterher. Sie hatte gelacht und gerufen Kriegst-mich-nicht und Hast-ja-gar-nicht-getroffen und

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