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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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trug einen schwarzen durchsichtigen Body, Strapse und transparente Strümpfe. An den Füßen steckten rote Pumps. Obwohl ich wusste, dass die Müllerin tot war, füllte mich dieses Bild ganz und gar aus. Ich war beseelt vom Wunsch nach ihrer plötzliche Auferstehung. Obwohl die auferstandene Müllerin mit einer Stimme sprach, die mir bekannt vorkam, näherte ich mich ihr, ganz gegen meinen Willen, mit wachsender Erregung, wie Odysseus den Sirenen. Meine Füße versanken in einem flauschigen Teppich, mein nervöser Verstand sehnte sich nach Labsal und Trost. Die Illusion war so perfekt, wie es dreieinhalb Hugos irgend möglich machen konnten. Eine schmale Frauenhand griff nach meinem Arm, und ich sah nun einen tiefrot glänzenden Mund.
    »Komm«, lockte der Mund, und ich setzte mich seitlich auf den Rand der Liege.
    »Komm«, lockte der Mund, und ich konnte nicht anders, als dem Lockruf nachzugehen. Der Mund hing vor mir wie ein großer, roter Mond, und ich wollte ihn küssen und sterben, sonst nichts. Dann schlang sich etwas Glattes, Kühles um meinen Kopf, meine Augen wurden verbunden, es wurde dunkel. Arme, ein, zwei, drei Arme legten mich auf den Rücken, und die Frauenstimme flüsterte leise in mein Ohr: »Sei ganz ruhig, schöner Freund, entspann dich!«
    Ich hielt mich an der Liege fest, als würde sie gleich wie ein Schlitten ins Tal gleiten. Was immer jetzt geschah, es war nicht aufzuhalten.
    »Denk an nichts, alles wird gut!«
    Ich dachte kurz an meine Abgabefrist, dann an Mutter, dann an meinen kleinen Schwanz, dann an nichts mehr. Alles würde gut werden. Ein feuchter Mund küsste nacheinander meine beiden Augenlider, meine Schläfen, meine Lippen.
    »Sei ganz ruhig, genieß!«
    Ich hörte ein Lachen und Raunen, das zu einem metallenen Klirren zerschmolz wie gesprungenes Glas. Ich war aufgehoben, vollkommen aufgehoben, und als zwei Hände sanft, aber bestimmt meinen Gürtel öffneten, verspürte ich weder Abwehr noch Angst. Im Gegenteil: Es war, als würde ich leichter, verlöre Gewicht, stiege endlich auf. Eine schwebende Jungfrau. Eine schwebende männliche Jungfrau. Ich erschauerte, als ich einen lauen Luftzug an meinem Geschlechtsteil spürte, ein Zittern durchlief meinen Leib, als sich eine heiße Hand auf meinen Schenkel legte, als ein Finger sanft über das Gewebe meiner Unterhose strich, einer der unifarbenen Boxershorts, die Mutter mir ausgesucht hatte. Nein, weg, Mutter, fort aus meinen Gedanken! Die sanfte Berührung des Fingers löste eine solche Hitze in meinem Unterleib aus, dass ich mich aufbäumen, mich krümmen und stöhnen und ächzen wollte, aber ich blieb ganz still, damit der Traum nicht entwischte, es war gewiss ein Traum, und meine Gliedmaßen lagen neben mir, als gehörten sie einer fremden Person. Mein Torso bäumte sich auf. Ich hob mein Gesäß an, damit die Hände meine Kleidung entfernen könnten, alles dauerte mir zu lange, wann endlich ...?
    Als endlich kein Stoff mehr war zwischen mir und der fremden Person, als mein Penis sich ihr entgegendrängte und gegen den Widerstand eines Gesichts stieß, aus dessen Nüstern laue Luft kam, die ihn streichelte, da riss ich meine Augen hinter der Augenbinde auf, wollteErmunterungen, Anfeuerungen rufen, aber alles, was ich hervorbrachte, war ein Röcheln, das mir im Ohr klang, als sei es von einer anderen, einer unheilbar kranken Person, und es war mir, als sei ein Raunen im Raum, eine kollektive Erregung, als seien wir beide nicht allein. Hinter meiner Augenbinde sah ich Farbsensationen, lautlos platzten Feuerwerkskörper, ich war wie ein Heißluftballon, der zischend nach oben stieg, immer höher, immer höher, morgen früh, so Gott will –
    »Du kannst deine Augenbinde jetzt abnehmen«, flüsterte es.
    Ich zog die Binde von meinem heißen Gesicht, rieb mir die Augen, in die helles Licht fiel, richtete mich auf – und erstarrte zu Stein. Auf meinem Sofa zu meinen Füßen saßen still nebeneinander: Barbie-Oma, Gritli, Jana, Herr Puvogel und – David.
    »Herzlichen Glückwunsch, du bist jetzt erwachsen!«, sagte David.
    »Das nennen wir hier im ›Aphrodite‹ Gastfreundschaft!«, sagte Barbie-Oma.
    »Geht aufs Haus«, sagte Herr Puvogel.
    Gritli, wie eine Nutte zurechtgemacht, kicherte nur und sagte: »Scheiße, ey!«
    »Aber wer ...?«, rief ich und errötete so tief, dass ich fürchten musste, im Gesicht ganz lila zu sein.
    »Einer von uns war’s«, sagte David und nickte feierlich.
    »Vielleicht waren wir es aber auch alle«,

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