Zur Kasse, Schnaeppchen
denen wir auf die gesamte Qualität des Produktes schlieÃen. Der Marketingspezialist bezeichnet dieses Phänomen als Attributdominanz, weil wir von einem Merkmal - im vorliegenden Fall einem Gütesiegel - auf das gesamte Produkt schlieÃen. Und das machen wir besonders gerne dann, wenn wir wenig über das Produkt wissen, uns das Produkt komplex erscheint, wir das Risiko eines Fehlkaufs - etwa aufgrund des Preises - als hoch einschätzen und wir wenig Vertrauen in unser eigenes Urteilsvermögen besitzen.
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Durch Gütezeichen kann das wahrgenommene Risiko beim Käufer verringert werden. Der Schuhhändler Deichmann warb beispielsweise im März 2004 damit, dass seine Kinderschuhe vom TÃV geprüft seien. Die Drogeriekette Rossmann wirbt ab und an mit den guten Testurteilen der Eigenmarken, die plakativ mit den Testnoten der teureren Herstellermarken verglichen werden. Auch eine lebenslange Garantie wie beim Versandhaus Landâs End reduziert das wahrgenommene Risiko und reizt Käufe an.
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Doch jetzt einmal ganz ehrlich: Obwohl auch Sie sich dem Einfluss solcher Prüfsiegel, Zertifikate und Testurteile nicht ganz entziehen können, wissen Sie in den meisten Fällen gar nicht genau, was eigentlich genau dahintersteht. Die Vielzahl und Vielfalt der Gütezeichen, die man mittlerweile auf den Verpackungen der Produkte findet, stiften bei den meisten Verbrauchern mehr Verwirrung als Klarheit. Doch das muss nicht so sein - vorausgesetzt man weiÃ, was die Gütesiegel im Einzelnen aussagen und was nicht.
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Beginnen wir mit dem wohl bekanntesten Gütesiegel in Deutschland, dem Zeichen der Stiftung Warentest. Die 1964 gegründete staatlich unterstützte Verbraucherschutzorganisation überprüft seit nunmehr über 45 Jahren Produkte aller Art - vom Haushaltsreiniger bis zur Tiefkühlpasta, vom Staubsauger bis zur Müslimischung. Inzwischen wurden mehr als 75.000 Produkte auf den Prüfstand gestellt. 96% aller Deutschen kennen die Stiftung Warentest. Geprüft werden die Produkte und Dienstleistungen nach wissenschaftlichen Methoden in unabhängigen Instituten. Die Ergebnisse werden in hauseigenen Publikationen veröffentlicht.
Als unabhängige Stiftung bürgerlichen Rechts ist die Verbraucherschutzorganisation frei bei der Testplanung sowie bei der Entwicklung und Anwendung ihrer Testkriterien. Besonderer Wert wird hierbei auf den Nutz- und Gebrauchswert sowie die Umweltfreundlichkeit der Produkte gelegt. Ausgewählte Verbraucher, Vertreter der Wirtschaft sowie neutrale Sachverständige entscheiden über die Tests.
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Die Stiftung erwirbt die Produkte anonym im Handel und nimmt Dienstleistungen verdeckt in Anspruch. Die Tester treten demnach als normale Kunden »wie du und ich« auf, um zu unverfälschten Ergebnissen zu gelangen.
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Des Weiteren wird die Neutralität der Stiftung dadurch abgesichert, dass sie laut Satzung keine Einnahmen durch Anzeigen in ihren Publikationen erzielen darf. Deshalb bekommt sie eine jährliche Ausgleichszahlung vom Staat, die rund 13% ihres Etats ausmacht. Zum gröÃten Teil finanziert sie sich aber durch den Verkauf ihrer Publikationen (u. a. die Zeitschriften »test« und »Finanztest« sowie Bücher aus den Bereichen Gesundheit, Geld oder Informationstechnik).
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Wurden Produkte gestestet, können die betreffenden Unternehmen mit dem Logo der Stiftung Warentest und der Testnote werben. Die Testnoten sind wie Schulnoten von 1 bis 6 unterteilt. Es versteht sich von selbst, dass Anbieter nur mit dem Gütesiegel werben, wenn die eigenen Produkte mit »sehr gut« oder »gut« abgeschnitten haben.
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Rund ein Drittel der Deutschen berücksichtigt die Stiftung Warentest-Urteile bei wichtigen Kaufentscheidungen. Umso ratsamer ist es, auf die Fallstricke zu achten, die hier lauern:
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Die Produkte werden nicht über einen längeren Zeitraum auf ihre Qualität hin getestet. Die Bewertung stellt also nur eine Momentaufnahme dar. Aus diesem Grund sollten Sie immer auch auf den Monat und das Jahr achten, in dem der Test durchgeführt wurde. Manche Hersteller und Handelsunternehmen verzichten auf das Datum - dann sollten Sie Vorsicht walten lassen. Und auch bei einem älteren Testdatum sollten Sie skeptisch werden: Wenn der Orangensaft im September 2001 ein »sehr gut« bekommen hat, heiÃt das nicht, dass er auch heute noch schmeckt. Ganz zu
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