Zur Liebe verführt: Roman (German Edition)
Walddickicht, den Arm um einen schwankenden
Paul, der etwas an seine blutende Stirn drückte, das aussah wie ein herausgerissenes Stück eines Flanellhemdes.
»Paul!« Anna lief auf ihn zu. »Was ist passiert?«
»Briggs lag knapp außerhalb des Camps auf der Lauer.« Er zuckte zusammen, als sie das Stück Stoff anhob, um seine Wunde zu begutachten. »Er hat mich überrumpelt, als ich an ihm vorüberging. Es ist nichts passiert.« Seine Verlegenheit machte ihm mehr zu schaffen als der Schmerz.
»Anna, gibt es hier eine Leiter?«, fragte John. »Wir müssen Briggs fortschaffen.«
»Sie hängt an der Rückseite des Hauses«, antwortete sie und wischte mit ihrem Hemdzipfel über die Augen.
Ethan, der wieder an ihrer Seite war, führte sie den Hang hinunter. »Du musst dein Gesicht waschen«, empfahl er ihr. »Das ist das Problem beim Pfefferspray. Es wirkt auf den Benutzer ebenso wie auf das beabsichtigte Opfer.«
»Wo zum Teufel steckt Gary Simpson?«, knurrte John, der vor ihnen ging. »Verdammt, er ist getürmt!«
»Mit seinen Handschellen kommt er nicht weit«, beruhigte Alex ihn, der Paul hinunter zum Haus führte und ihn Ethan übergab. »Ich mache mich auf die Suche nach dem Dummkopf«, erklärte Alex mit einem müden Seufzen.
Ethan führte Anna und Paul ins Haus, dann ließ er seinen Bruder in der Küche zurück, um mit Anna ins Bad zu gehen. »Wasche deine Augen mit kaltem Wasser«, riet er ihr. »Wo ist dein Erste-Hilfe-Kasten?«
»Im Schrank über dem Vogelfutter«, erwiderte sie und ließ das Wasser laufen. »Kannst du den Generator einschalten, damit wir Licht haben?«
»Klar.« Er lief durch die Hintertür hinaus. »Tate! Hol nur Briggs herauf!«, brüllte er. »Den Hund hole ich selbst!«
Anna ließ den Kopf über dem Waschbecken hängen. Armer, tapferer, großherziger Bear. Er war ihr mit derselben edlen Beherztheit zu Hilfe geeilt wie seinerzeit Ethan. Was für ein Glück, wenn man so geliebt wurde.
In dem Moment, als das Licht aufflammte, hob sie den Kopf und sah unter Tränen blinzelnd ihr Spiegelbild vor sich. Aber liebte Ethan sie wirklich? Und konnte Delaney mit ihrer Vermutung recht haben, dass ihr Onkel einfach nicht imstande war, seine Gefühle in Worte zu fassen?
Verdammt, hatte sie am Ende das gleiche Problem? Anna ließ wieder den Kopf hängen und benetzte ihr Gesicht. Ein feines Paar – keiner war bereit, dem anderen seine Gefühle zu gestehen. Sie liebte Ethan mehr als ihr Leben – immer schon; und doch hatte sie es sich selbst nicht eingestanden, und ihm schon gar nicht, aus Angst, ihre Kinderfantasie würde eines grausamen Todes sterben, wenn er ihre Liebe zurückwies.
Und Claire hatte es gewusst und ihr deshalb Kondome, Schmuck und schicke Klamotten geschickt. Ihre Stiefmutter hatte gewusst, dass Anna nicht nur wegen ihres Erbes nach Maine gegangen war, sondern wegen des Mannes, den sie seit ihrem elften Lebensjahr liebte.
Und ihr Daddy hatte es auch gewusst – und sich so heftig ihren Plänen widersetzt, da die Gefahr bestand, seine einzige Tochter könnte für den Rest ihres Lebens in Maine bleiben.
Anna griff seufzend nach einem Handtuch, um sich abzutrocknen. Drei Wochen waren für die Planung einer Hochzeit sehr knapp bemessen.
21
D ie ersten Sonnenstrahlen fielen auf den See, als Anna und Ethan in den finsteren Brunnen hinunterstarrten. Anna hielt einen Quilt, den sie in einer Truhe auf dem Speicher gefunden hatte, Ethan hatte Bears altes, schäbiges Lager und eine starke Stablampe mitgebracht.
»Breite die Decke auf dem Boden aus«, sagte er leise. »Ich hole ihn herauf und bette ihn darauf. Weißt du schon, wo du ihn begraben möchtest?«
Anna fuhr sich über die Augen und atmete tief durch. »Oben bei Grammy und Gramps.« Sie schüttelte die Decke auf dem Boden aus, dann stellte sie Bears Bett darauf. »Auf dem kleinen Familienfriedhof weiter oben an der Zufahrt.«
Ethan reichte ihr die Stablampe. »Leuchte mir, damit ich sehe, was ich tue.« Er drehte sich um und trat auf die Leitersprosse. »Nicht weinen«, tröstete er sie und war ganz heiser vor Rührung. »Er starb glücklich, als er tat, was er tun musste.«
Anna wischte wieder eine hartnäckige Träne fort und ließ einen bebenden Seufzer hören, als sie das Licht in den Brunnen richtete, während Ethan hinunterstieg. »Ich weiß«, erwiderte sie. »Hole ihn nur herauf, bitte.«
Einen siebzig Pfund schweren Hund aus einem fünfzehn Fuß tiefen Brunnen von nur vier Fuß Durchmesser
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