Zur Sache, Schätzchen (German Edition)
Wettkampfteilnehmer, die sich auf ihren Wettkampf vorbereiteten. Roxanne wusste aus ihren Beobachtungen, dass jeder Rodeo Cowboy vor dem Wettkampf ein bestimmtes Ritual verfolgte. Einige ritten nicht, ohne sich ein Bild der Liebsten in die Brusttasche des Hemdes zu stecken; andere trugen immer das gleich Paar Socken; manche liefen auf und ab, manche saßen einfach ruhig da.
Roxanne reckte ihren Hals und suchte die Arena nach ihrem gut aussehenden, verwegenen Cowboy ab. Bis zum Saddle Bronc Riding war noch Zeit, aber sie kannte Toms Routine aus den zwei Wochen, die sie ihn heimlich beobachtet hatte.
Zuerst würde er sich setzen, direkt in den Staub neben einen der Pferche, wenn es nichts anderes gab, worauf er sich setzen konnte. Dann würde er den Sattel auf den Schoß nehmen und sorgfältig die Gurte und das Material auf Schwachstellen untersuchen, Staub abwischen, Strohreste entfernen, das weiche Leder mit seinem Tuch polieren, bis es glänzte. Der Sattel war der wertvollste Besitz eines Bronc Riders; er schleppte ihn von Rodeo zu Rodeo, das einzig Konstante in diesem Geschäft. Die Pferde wechselten jedes Mal, der Austragungsort war ein anderer, doch der Sattel blieb derselbe. Ein kluger Cowboy passte gut darauf auf.
Schließlich entdeckte sie ihn auf einer Bank in der Nähe eines Pferches. Er hatte sein Hemd gewechselt, deshalb hatte sie ihn nicht sofort erkannt. Statt des blauen trug er jetzt ein beigefarbenes Westernhemd. Seine Schultern wirkten darin noch breiter und seine Hüften unglaublich schmal. Er hatte den Kopf über den Sattel gebeugt. Sein Gesicht konnte sie unter dem Hut nicht sehen, doch sie sah seine Hände, die langsam, fast liebevoll über den Sattel strichen und ihm dieselbe ungeteilte Aufmerksamkeit schenkten, die er ihr geschenkt hatte.
Sie schluckte hörbar, ihre Kehle war plötzlich trocken, ihr Puls raste, ihr Gesicht war gerötet, was nicht nur an der Hitze des Tages lag. Sie nahm einen großen Schluck von ihrem Getränk. Ein sinnloser Versuch, sich abzukühlen. Wann würden sie sich endlich davonstehlen und ein Hotelzimmer suchen können?
6. KAPITEL
Zufrieden mit dem Zustand seines Sattels erhob Tom sich von der Holzbank, warf den Sattel über eine Decke auf dem Gatter des leeren Pferches und schlenderte gemächlich hinüber zur Arena. Das Barrel Race war vorüber, und die nächste Disziplin, das Calf Roping, begann. Anschließend folgte das Bareback Bronc Riding. Erst danach kam er an die Reihe.
Das Bronc Riding war nicht mehr das spektakulärste Ereignis beim Rodeo – es war vom Bull Riding abgelöst worden –, aber es war eben die klassische Disziplin, an die jeder dachte, wenn von Rodeo gesprochen wurde. Der Stil war ebenso wichtig wie auf dem Rücken des Pferdes zu bleiben, und man brauchte jahrelange Übung, wodurch die älteren, erfahreneren Cowboys einen Vorteil hatten. Tom gehörte nicht zu den bestplatzierten Reitern, aber seine Wertung beim gestrigen Rodeo in Lubbock hatte ihm Platz achtzehn auf der Rangliste eingebracht. Es bestand also noch eine winzige Chance, unter die ersten fünfzehn zu kommen, die zum Finale nach Las Vegas zugelassen wurden.
Er schaute hinauf zur Tribüne und fragte sich, ob
sie
dann noch bei ihm wäre. Sie waren überein gekommen, bis zum Ende des Sommers zusammen zu bleiben. Das Finale fand aber erst im Dezember statt. Also war es unwahrscheinlich. Nicht, dass er sich wünschte, sie wäre dort. Das würde sein Leben nur komplizieren, denn er hatte schon halbwegs entschieden, dass er, sollte er ins Finale kommen, Dan Jensens Tochter Jo Beth bitten wollte, ihn nach Las Vegas zu begleiten.
Dan war ein Nachbar. Seine Ranch grenzte an die Second Chance Ranch, zu Hause in Bowie, Texas. Jo Beth war Dans einziges Kind. Sie war ein hübsches Mädchen, liebenswert und konnte hart arbeiten. Sie liebte das Leben auf der Farm, wie andere Frauen die Tanzfläche liebten. Und sie war in ihn verliebt, seit sie süße sechzehn gewesen war. Nicht, dass er sich damals für sie interessiert hätte; mit vierundzwanzig hatte er für süße kleine Mädchen nichts übrig gehabt.
Aber jetzt war sie eine Frau, und sie lebte wieder auf der Farm ihres Vaters, nachdem sie vier Jahre lang studiert hatte, und würde gern heiraten. Ihre Eltern hatten eine große Willkommensparty gegeben, und beim ersten Tanz mit ihr war ihm der Gedanke gekommen, selbst über eine Heirat nachzudenken. Einem Mann konnte Schlimmeres passieren als eine Ehe mit einer Frau wie Jo Beth Jensen.
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