Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)
sein. Auf der
anderen Seite konnte er nicht gut abschätzen, welchen Betrag Georg und sein Sporthallenpächter
aufbringen konnten. Er beschloss, die Stelle erst einmal freizulassen. »Wickeln
Sie das Geld in eine Zeitung und werfen Sie es am 24. des Monats in den ersten Mülleimer
links vom südlichen Parkeingang. Gehen Sie rasch weiter, sehen Sie sich nicht neugierig
um. Keine Polizei! Sonst … Es grüßt das Phantom!«
Arne fand
den Text überzeugend. Georgs Niveau angemessen. Blieb noch das Problem mit der Summe.
Nach reiflicher Überlegung setzte Arne schließlich 150.000 ein. Seine Finger schwitzten
in den eng anliegenden Handschuhen, was die Bastelarbeit erheblich erschwerte. Aber
Fingerabdrücke galt es auf jeden Fall zu vermeiden – er wusste sehr genau, wie wichtig
das war.
Bei seinem
täglichen Nachmittagsrundgang sammelte er, was er zur Tarnung verwenden wollte,
für den Fall, die Polizei könnte ihn beim Klettern auf dem Dach erwischen. Die Sprayer
ließen oft genug einfach die leeren Dosen zurück. Georg schimpfte immer darüber.
»Die Malerei mag ja noch angehen! Aber können die dann nicht wenigstens ihren Müll
selbst entsorgen? Bin ich denn deren Depp fürs Grobe?«, meckerte der Wirt dann lautstark.
Mit den leeren Dosen im Gepäck wäre er für die Polizei einer aus der Szene, was
rechtlich gesehen billiger war, als ein Erpresser zu sein. Also steckte er einige
der Metalldosen ein. Terpentin müsste sich noch im Keller finden, das hatten die
Jungs auch immer in der Tasche, zum Korrigieren und Verwischen.
Miriam bemerkte
nichts von all den Vorbereitungen.
Arne deponierte
seine Beutestücke im Keller, machte sich dann auf die Suche nach der alten Flasche,
die lange Zeit in Vergessenheit geraten war. Erinnerung an gelungene Schulstreiche,
abgesagte Klassenarbeit wegen des unzumutbaren Gestanks im Schulgebäude – lange her. Buttersäure! Irgendwo
schlummerte sie noch, wartete auf ihren gewinnbringenden Einsatz. Und tatsächlich.
In dem Karton, der Kleinzeug aus seiner Studentenbude enthielt, entdeckte er sie,
gut gesichert in einem extra Karton. Fast liebevoll strichen seine Finger über das
angeschimmelte Etikett.
Fehlte noch
ein letzter Blick in den Park, nur um sicherzugehen, dass nicht jemand ›seinen‹
Mülleimer abgebaut hatte. Er dachte daran, zum Eintüten des Briefs in den Umschlag
ein weiteres Paar Latexhandschuhe aus Miriams Vorrat anzuziehen, um auch hier Fingerspuren
zu vermeiden. Die Klebefläche des Briefumschlags befeuchtete er mit Leitungswasser.
Bloß Vorsicht mit DNA-Spuren! Arne wusste, was er beachten musste.
Jetzt galt
es nur noch den richtigen Moment abzupassen. Der kam schneller als erwartet.
»Arne, macht
es dir etwas aus, wenn ich heute mit den Kindern bei meinen Eltern übernachte?«,
erkundigte sich Miriam zwei Tage später beim ersten Kaffee des Tages. Ihr Ton war
schuldbewusst angehaucht, war ihr doch bewusst, wie sehr Arnes Verhältnis zu den
Schwiegereltern gelitten hatte, nachdem er ›freigesetzt‹ worden war. »Andere schaffen
es auch verbeamtet zu werden«, hatte ihr Vater Arne zu verstehen gegeben. »Die letzten
Idioten kriegen das hin! Nur mein Herr Schwiegersohn, der nicht! Der wird sogar
entlassen!« Seit damals hatte ihr Mann sie nie mehr dorthin begleitet.
»Ist schon
in Ordnung«, murmelte Arne zu ihrer Überraschung nur.
»Macht es
dir wirklich nichts aus? Ich will nicht, dass es dir nachher leid tut. Ich weiß
ja, wie einsam die Wohnung ohne die Familie sein kann.«
»Ist schon
in okay. Es sind deine Eltern, die wollen natürlich auch ihre Tochter und die Enkel
sehen. Ist doch logisch. Aber, Miriam, kein Wort über …«
»… die Pferdewette!
Ich bin doch nicht blöd! Hast du eigentlich deinen Freund inzwischen getroffen,
den, der dir den Tipp gegeben hatte?«
»Heute Nachmittag.
Alles wird gut.« Sie lachten gemeinsam über den dummen Spruch.
Für Arne war klar, was nun anstand.
Er packte die Dosen, das Terpentin, ein Katzenschälchen – langsam nervte ihn das mit den
Handschuhen gewaltig – und den
Rest Buttersäure in seinen Rucksack. Stellte ihn hinter der Wohnungstür parat. Danach
bezog er Posten auf seinem Balkon. Wartete geduldig darauf, dass Kneipe und Sporthalle
sich zu füllen begannen, die fleißigen Arbeitsplatzbesitzer vorbeikamen, um die
unnötigen Kalorien des Kantinenessens und den Arbeitsstress abzubauen, hinunterzuspülen
oder wegzusporten.
»Na los,
ihr Sporthosen! Das Training wartet! Ich hab euch so satt.
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