Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)
Schwerstarbeit!«
»Stopp.
Geh mal zehn Meter weiter. Nach rechts oder nach links, ist mir egal. Na gut – nach rechts.«
Gleiche
Situation: Lehm. Schelter ging zu dem jungen Polizeimeister, der Hanno imitierte
und zum Schaufeln ausgewählt worden war.
»Stopp«,
kam es erneut von Schelter, und er orderte einen weiteren Polizisten, um 200 Meter weiter den Boden anzugraben.
»Ja, hier
geht es so einigermaßen! Aber mir fehlt Bewegungsfreiheit. Dieses Unterholz!«, rief
der zurück.
»So funktioniert
das nicht!«, entschied Schelter. »Die Büsche müssen weg! Sonst ist ein vernünftiges
Graben an dieser Stelle völlig unmöglich!« Über den Lagedienst orderte er den zuständigen
Förster zur ›Baustelle‹.
Diese Begegnung
hatte er sich allerdings komplikationsloser vorgestellt.
»Natürlich
weiß ich schon von Ihrer Aktion hier im Wald. So etwas spricht sich herum wie ein
Lauffeuer, ist das einzige Gesprächsthema im Moment im Ort! Ist sonst eher eine
verschlafene Gegend hier – da bringt
das natürlich ordentlich Stoff für gruselige Fantasien! Manche glauben, die Polizei
sucht in unserem Wald nach Leichen! Und nun stellt sich heraus, Sie wollen hier
die Natur abholzen! Wir sind sehr froh, dass sich der Wald so schön entwickelt hat,
obwohl er so nahe an der Oder liegt. Nein, das kommt überhaupt nicht infrage. Vielleicht
erzählen Sie mir erst einmal, was Sie hier wirklich suchen. Hätten Sie sich nicht
bei mir melden können, bevor Sie den Auftrieb an Polizei machen? Wär doch was, oder?«,
legte der los, kaum dass er die besagte Stelle erreicht hatte.
Schelter
hatte sich trotzig schon für ›oder‹ entschieden, konnte sich aber rechtzeitig noch
bremsen. Schließlich wollte er den Erfolg, auf den er so lange Jahre hingearbeitet
hatte und den er nun so dicht vor sich sah, nicht wegen einer albernen Animosität
gefährden. Beide lenkten ein. Ein Kräftemessen erschien unangebracht.
Nachdenklich
legte Leonhard Schmitz seine Stirn in dicke Falten. »Sie suchen tatsächlich nach
einem oder gar zwei Gräbern?« Schmitz war betroffen. »Du liebe Güte! Eine Frau und
ein Baby? Wie schrecklich!«, meinte er empathisch. »Haben Sie bei Ihren Planungen
mitbedacht, dass zehn Jahre vergangen sind, seit Ihre Zeugin diese Beobachtung gemacht
hat?«
»Ja?«, fragte
der Kommissar. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Nun, die
Gegend mag sich in den Jahren durchaus erheblich verändert haben. Boden ist nicht
statisch – er ist
lebendige Masse. Vielleicht sollten wir mal überlegen, wie das Bodenprofil vor zehn
Jahren tatsächlich ausgesehen hat, ob Eingriffe stattgefunden haben und wenn ja,
welche.«
Einen Augenblick
lang starrte Schelter den Revierförster entgeistert an. »Sie meinen, wir haben an
der völlig falschen Stelle gesucht?«
Leonhard
Schmitz nickte.
»Gut«, der
Kommissar räusperte sich. »Also, wenn das stimmt …«
Leonhard Schmitz zog eine Karte
in großem Maßstab aus seinem Rucksack, auf der man glaubte, jeden Baum erkennen
zu können. »Man hatte mir ja schon von Ihrem Treiben in meinem Revier erzählt. Deshalb
habe ich mich vorbereitet. Wo genau haben Ihre Leute denn bisher gesucht?«, erkundigte
sich der Förster, und der Kommissar deutete das Areal mit dem Finger an.
»Hm. Und
Ausgangspunkt war der Hinweis, die Zeugin habe den Täter beobachtet, ja? Und immer
nur, wenn der sich aufrichtete, dessen Oberkörper gesehen?«
»Genau.«
Schmitz
faltete die Karte zusammen und fuhr einen handlichen Laptop hoch, klickte sich durch
Karten und anderes Material, las gelegentlich einen Text, klickte weiter, grunzte
unzufrieden, lächelte dann.
Der Kommissar
beobachtete schweigend das Mienenspiel des anderen.
»Wenn Ihre
Leute dort gegraben haben, konnten Sie die Leichen nicht finden. Dieser Boden unterliegt
heftiger Sukzession. Die Horizontlinie von vor zehn Jahren ist definitiv nicht dieselbe
wie heute. Der Acker davor wird intensiv bewirtschaftet, Material aufgebracht und
eingearbeitet. Dadurch hat sich der Boden in den letzten zehn Jahren um mehrere
Meter angehoben! Das bedeutet, Ihr Areal liegt eigentlich ganz woanders.«
Er nahm
die Karte wieder zur Hand, strich sie glatt und wies auf ein neues Gebiet. »Eher
hier. Wenn Ihre Leute an dieser Stelle graben, könnten sie Erfolg haben.«
Der Revierförster konnte die Bodenverhältnisse
nicht nur erklären, sondern auch die zehn Jahre währende Sukzession beschreiben,
Schelter war durchaus beeindruckt.
»Können
Sie noch weiter eingrenzen?
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