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Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)

Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)

Titel: Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer , Wolfgang Spyra
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sage
ich schon seit Jahren. Will nur keiner wahrhaben, dass ›zugestellt‹ nicht automatisch
bedeuten muss, der Jubilar lebt auch tatsächlich noch, mit freundlichen Grüßen an
die Geschäftsleitung, herzlichst Kai B.«
    Da war der
Besuch zum Geburtstag schon eine sicherere Methode. Ab dem 95. Geburtstag
ging der jeweils älteste Mitarbeiter der Rentenkasse persönlich zur Gratulation
vorbei. Baumwerk blätterte sich gründlich durch die Schriftstücke. Zweimal. Grunzte
wütend. Die obligatorischen Gratulationsbesuche waren nicht erfolgt!
    »Schlamperei!
Wieso hat das denn niemand bemerkt?«, schimpfte Baumwerk und notierte sich die Anschrift,
unter der Martha Gräbert gemeldet war. Er würde der Sache eben selbst auf den Grund
gehen!
     
    Das überschaubare Dorf lag idyllisch,
fast schon verwunschen hinter einem Waldstück, umgeben von Feldern und ein paar
Weideflächen, auf denen Kühe gemütlich mit dem Wiederkäuen ihres zweiten Frühstücks
beschäftigt waren. Fast ein wenig neidisch beobachtete er die großen Tiere. »Den
ganzen Tag lang Picknick machen«, zischte er vor sich hin. »Das könnte mir auch
gefallen!«
    Eine Stunde
später klingelte er an einem kleinen Eigenheim. Niemand öffnete. Vom Garten war
auf den ersten Blick so gut wie nichts zu erkennen. Die Hecke, die das Grundstück
umgab, hätte auf jeden Fall ein bisschen Zuwendung vertragen können. Wie hoch durfte
so eine grüne Mauer eigentlich sein? Das Wachstum dieser hier war auf jeden Fall
außer Kontrolle geraten. Baumwerk hüpfte wild, um wenigstens einen flüchtigen Blick
in den Garten werfen zu können. Sein Blick fiel auf ungepflegte Gehölze, einige
ungeputzte Fenster, eine Sammlung von Müllsäcken am Rand der Terrasse. Als ihm bewusst
wurde, wie albern und befremdlich sein Benehmen auf die Nachbarn oder Passanten
wirken musste, stellte er das Springen wieder ein. Möglicherweise würden aufmerksame
Anwohner noch die Polizei verständigen, weil sie glaubten, er wolle etwas ausbaldowern.
Immerhin, die Straße hatte man vor Kurzem gefegt. Ganz offensichtlich wohnte hier
jemand.
    »So eine
dichte Hecke ist ganz schön praktisch, wenn man nicht möchte, dass andere einem
in den Kochtopf gucken, nicht wahr?«, murmelte er böse vor sich hin. »So kann man
auch im Garten schalten und walten, wie man möchte, und niemand sieht, wie man die
Leiche einfach verschwinden lässt. Na, wir werden ja sehen!«
    Kai Baumwerk
seufzte, wandte sich um und entschied sich für das grün verputzte Nachbarhaus auf
der linken Seite. Die Dame, die ihm misstrauisch durch den Türspalt entgegenblinzelte,
war etwa Mitte 60. Der Sperrriegel wurde erst geöffnet, nachdem er seinen Ausweis
vorgezeigt hatte. In dieser Gegend war man vorsichtig.
    »Sehen Sie,
man weiß ja nie, wer da klingelt! Und ständig hört man in den Nachrichten, dass
ältere Frauen in ihren Wohnungen überfallen werden. Da ist es allemal besser, sich
zu vergewissern«, lachte die Frau, die, nach dem Schild an der Klingel zu urteilen,
Markgraf hieß und den Fremden mit unverhohlener Neugier ansah. »Um was geht es denn?«
    »Ich wollte
gern zu Frau Gräbert, aber es scheint niemand zu Hause zu sein.«
    »Um diese
Zeit ist sie auf dem Friedhof. Wenn Sie in etwa einer Stunde wiederkommen, treffen
Sie sie wahrscheinlich an.«
    »Ist ja
erstaunlich, dass sie sich in diesem Alter noch selbst versorgen kann. Gibt es nicht
oft.«
    »Ja, mag
sein. Aber mit ihren knapp 80 ist sie noch gut zu Fuß. Und der Friedhof ist nicht
weit – nur über
die Straße.«
    »Nach unseren
Unterlagen ist Frau Gräbert aber schon über 100 Jahre alt. 107, um genau zu sein.
Ein Fall fürs Guinness-Buch der Rekorde.« Sofort spürte er, wie eine belastende
Hitze über seine Wangen zog. Die letzte Äußerung hätte er gern zurückgenommen. Dazu
war es nun zu spät.
    Ein schlauer
Zug kroch über Frau Markgrafs Gesicht. »Oh, Sie reden gar nicht von Marianne! Sie
meinen ihre Mutter! Die habe ich schon lange nicht mehr gesehen! Ich nehme an, sie
verlässt das Haus schon gar nicht mehr. Nach dem Tod ihres Mannes vor etwa 20 Jahren hat sie sich völlig zurückgezogen.
Schon tragisch, wissen Sie. Die beiden waren ein Jahrgang, haben zwei Weltkriege
miteinander überstanden, drei ihrer Kinder beerdigt und nun war die arme Frau plötzlich
allein – wenn man
mal von Marianne absieht. Ehrlich gesagt, Martha hatte ich schon fast vergessen.«
    »Das bedeutet
dann aber auch, dass die 80-jährige Tochter ihre Mutter versorgt. Ist Ihnen

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