Zur Sünde verführt: Roman (German Edition)
Mausoleum von einem Haus
verlassen und ein neues Leben begonnen hast. Das, was du inzwischen für deinen Vater empfindest, zeigt, dass du diesen Teil deines Lebens akzeptiert hast, dich hingegen auf keinen Fall davon zerstören lassen wirst. Du hast gelernt, mir ein wenig zu vertrauen.« Er streckte eine Hand in ihre Richtung aus. »Komm mit mir nach New York, Laney. Geh auch noch den letzten Schritt. Gehe eine feste Bindung mit mir ein.«
Sie hatte das Gefühl, dass sie am Rande eines Abgrunds stand. Sie wollte nicht dorthin zurück, woher sie gekommen war. Auf der anderen Seite dieses Grabens lockten Glück und Liebe, doch dazwischen brodelten die alten Ängste und das Risiko, in diesen tiefen Spalt zu stürzen, war einfach zu groß. Denn bei einem Sturz würde sie unter ihren Ängsten begraben werden und sicher niemals wieder heil herauskommen.
Sie wollte Deke, aber sie wollte ihn an diesem Ort, an dem es sicher für sie war, weil es keine wirklichen Verpflichtungen einander gegenüber gab.
»Ich bin nicht diejenige, die geht«, schrie sie ihn in Notwehr an. »Du lässt mich im Stich, so wie auch schon mein Vater meine Mutter im Stich gelassen hat.«
»Ich habe keine andere Wahl. Das weißt du ganz genau.«
»Das hat er wahrscheinlich auch zu ihr gesagt.«
Deke zog den ausgestreckten Arm zurück und ließ ihn schlaff an seiner Seite baumeln. Hielt ihn Laney tatsächlich für einen derart schlechten Kerl? Hatte er nicht alles in seiner Macht Stehende getan, damit sie glücklich war? Wenn sie sich noch immer weigerte, das
Glück, das er ihr bot, zu akzeptieren, konnte er wahrscheinlich nichts mehr tun.
»Du willst, dass ich dir eine Wahl lasse?«, fragte er in einem Ton, aus dem jeder Kampfgeist gewichen war. »Okay. Ich muss morgen nach New York, wenn allerdings der Prozess vorbei ist, komme ich hierher zurück. Dann packe ich Todd und Mandy ein und nehme sie mit heim. Da du offenbar nicht glaubst, dass ich dich liebe, kannst du dich dann entscheiden, ob du uns begleiten möchtest oder nicht. Aber meine Kinder hole ich auf jeden Fall.«
Ohne Deke war das Haus entsetzlich leer. Trotz des Durcheinanders und des Lärms, der mit zwei gesunden Säuglingen verbunden war, und obwohl die gute Mrs Thomas täglich stundenlang geschäftig durch die Zimmer lief, kam sich Laney in dem Haus wie in einem Museum vor. Als wäre sie ein Gast und sähe sich nur alles an, ohne irgendetwas zu berühren. Wie in dem alten Haus in Tulsa, dachte sie.
Deke rief zwar mehrmals täglich an, um zu fragen, was die Kinder machten, sprach dann aber meistens nur mit Mrs Thomas, und wenn er sich doch einmal mit ihr verbinden ließ, waren die Gespräche höflich distanziert. Sie fragte ihn nach dem Prozess, er fragte nach den Fortschritten der Babys, aber alles, was persönlich war, klammerten sie aus.
Nachdem ihr Dr. Taylor endlich grünes Licht gegeben hatte, wieder Sport zu treiben – »Doch natürlich nur in Maßen!« –, fing sie an, wie eine Besessene zu
trainieren, machte Sit-ups, bis sie die Befürchtung hatte, dass ihr dabei irgendwann ein Muskel riss, und an dem Tag, an dem sie endlich wieder ihre engste Jeans anziehen konnte, klatschte sie begeistert in die Hände und weckte die Zwillinge mit ihrem lauten Freudenschrei aus dem morgendlichen Schlaf.
Endlich wurde es auch wieder wärmer, und eines Tages fuhr Laney zusammen mit Mrs Thomas und den Kindern in die Vorschule, um ihrer alten Klasse und den Kolleginnen die Babys zu zeigen. Auf die neugierige Frage, wo denn Deke wäre, antwortete sie einfach, dass er eines wichtigen Prozesses wegen nach New York zurückgeflogen war.
Sie versuchte sich zuhause zu beschäftigten, allerdings gab es kaum etwas zu tun, und als sie zu Deke sagte, dass sie Mrs Thomas nicht mehr täglich bräuchte, fiel er ihr ins Wort und erklärte kurz und bündig, davon wolle er nichts hören. Da sie wusste, dass er es nicht gerne sah, wenn sie nachts allein zuhause war, gab sie sich geschlagen, denn sonst hätte er vielleicht sogar noch jemanden engagiert, der nicht nur den ganzen Tag, sondern rund um die Uhr bei ihnen war.
Sie verbrachte ihre Tage mit der Pflege ihrer Kinder, hatte aber sonst nicht viel zu tun und kam sich vor allem furchtbar einsam vor.
Irgendwann rief Mr Harper an und fragte, ob sie im nächsten Schuljahr wiederkommen würde, doch das wusste sie noch nicht genau.
»Kann ich Ihnen später eine Antwort darauf geben? Vielleicht im August?«
»Das dürfte ein bisschen schwierig
Weitere Kostenlose Bücher