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Zurueck auf Glueck

Zurueck auf Glueck

Titel: Zurueck auf Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Marx
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Diebstahl nennen können.
461.
    Flummi nannte es Rache.
462.
    »Rational« wusste Imogene, dass sie nicht »alles« haben konnte, aber genauso »rational« sah sie das überhaupt nicht ein. Sie rief Harriet an und forderte ihren Schreibtisch zurück. Sie bat nicht. Sie forderte. Es war Imogenes Schreibtisch.
463.
    Ach, die Erwachsenenwelt mit ihren Babydolls, Hemdchen und Höschen. Von figurformender Latexwäsche ganz zu schweigen.
464.
    Wenigstens gab es noch das Wochenende.
465.
    Eines Samstagmorgens, circa gegen Morgengrauen, stieß Imogene sich den großen Zeh an einem Plastikbrontosaurier, der woanders hingehörte. »Glaubst du, er ist hinüber?«, fragte sie, während sie zu Wally humpelte, der eben erst mit dem Vorlesen eines Buchs über kleine Laster und große Laster fertig geworden war. Sie meinte ihren Zeh, nicht den Saurier, denn der hatte sich bereits als unzerstörbar erwiesen, nachdem er von einem großen und einem kleinen Auto überfahren und einmal in der Maschine mitgewaschen worden war. »Wenn ja«, sagte Wally, »gibt es nichts, was die medizinische Forschung für ihn tun kann.«
466.
    Imogene ließ sich zu Boden sinken, ein Bild des Jammers angesichts der Grenzen der medizinischen Forschung, für die Wally mitverantwortlich war.
467.
    »Weißt du noch, dass wir mal dachten, wir stünden über solchen Dingen?«, fragte Imogene.
468.
    »Ich weiß noch, dass du das dachtest«, antwortete Wally.
469.
    »Doch«, fuhr er dann fort. »Ich weiß noch, dass wir das dachten.«
470.
    Aber er meinte es nicht.
471.
    Nach diversen Baumhauskatastrophen, Wäscherutschenabstürzen, sogenannten Löffelunfällen und dem oftmals bösen Ausgang des Spiels »Totes Mädchen« war Familie Gilfeather-Yez in der Notaufnahme ein häufig gesehener Gast. In der letzten Woche war mal wieder Flummi an der Reihe gewesen. Seine Eltern hatten ihn ins Krankenhaus gebracht, völlig außer sich, weil er sich eine von LinLins Princess-Perlen in die Nase gefummelt hatte, wo sie, wie es schien, unwiederbringlich feststeckte. »Das wird jetzt ein wenig unangenehm, aber dann ist es auch schon wieder vorbei«, sagte der Arzt, der eine Stirnlampe trug. Sagte er es zu Flummi oder zu Wally und Imogene? Wie auch immer, nachdem er den Fremdkörper entfernt hatte, schrie Flummi, die fragliche Perle sei aber gelb gewesen.
472.
    Nicht blau.
473.
    Am nächsten Tag wiederum erlitt LinLin einen Arbeitsunfall, während sie ihrem Bruder bei seinen Zielübungen als Ziel diente. Was das Fass gewissermaßen zum Überlaufen brachte.
474.
    Sie bekamen Besuch vom Jugendamt.
475.
    »Dafür gibt es eine Erklärung«, sagte Imogene.
476.
    Die Besucherin schien sie nicht zu hören, denn sie war schon auf dem Weg in den Keller, vermutlich auf der Suche nach dem Würgeholz.
477.
    »Besitzen Sie elektrische Zahnbürsten?«, wollte die Frau wissen.
478.
    War das eine Fangfrage?
479.
    Wally sagte ja.
480.
    Imogene sagte nein.
481.
    Es wurde Meldung gemacht.
482.
    Wally bekam einen Anruf vom Jugendamt: Imogene und er seien auf Bewährung gesetzt worden. »Auf Bewährung?«, sagte Wally.
483.
    Am nächsten Morgen weigerte sich Flummi, dem die Verschiebung im Machtgefüge offenbar nicht entgangen war, seine Count Chocula Gruselfrühstücksflocken zu essen, es sei denn, er dürfe sich Tomatensaft drüberkippen.
484.
    Imogene überlegte es sich zweimal, ob sie ihrem Sohn befehlen konnte, die Klappe zu halten und zu essen. Sie konnte.
485.
    Dass Imogene ihn – nicht nur einmal – drängte, eine Lebensversicherung abzuschließen, brachte Wally auf den Gedanken, dass sie über seine Gesundheit womöglich besser informiert war als er selbst. Oder hatte sie vor, ihn abzumurksen? Acht Millionen Dollar sind schließlich kein Pappenstiel. Als sein Flieger sicher in Dallas-Fort Worth aufsetzte, überkam ihn doch tatsächlich ein leises Gefühl der Enttäuschung.
486.
    Letzten Endes gibt es sowieso keine Überlebenden.
    (An der Küste hielten sich vereinzelte Nebelfelder, mit Sichtweiten unter zwei Metern. Aber weiter wollte zum Glück sowieso niemand sehen.)
487.
    Obwohl Flummi zu alt war, um ins Bett zu machen, gelang es ihm, entgegen aller Wahrscheinlichkeit, fast jede Nacht.
488.
    Er kam zu einem Kinderpsychologen, der ihn beim Spielen mit Bauklötzchen beobachtete und anschließend sein Urteil fällte.
489.
    »Der Junge ist ein nichtsnutziger Faulpelz, der es niemals an die Uni schaffen wird.«
490.
    »Was haben wir nur falsch gemacht?«, fragte Imogene auf der Heimfahrt.

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