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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Derouich
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alle fröhlich im Wohnzimmer umhertoben. Ich denke sie haben es mir nicht erzählt, weil sie wissen, wie schwer dieses Thema für mich ist, seitdem ich weiß, dass ich nie eigene Kinder haben werde. Aber das ist eine andere lange traurige Geschichte. Im Moment bin ich einfach nur sehr überrascht über die vielen kleinen Würmchen, die hier über den Teppich kriechen. Aber ich bin meiner Familie auch sehr dankbar, wie sie sich verhalten und zu meinem „Schutz“ das Kinderthema in den letzten Jahren ausgeklammert haben.
    Ich glaube Leila merkt, dass ich gerade sehr traurig werde und sie fragt mich, ob ich eben mit zum Frisör kommen möchte.
    Zum Frisör? Es ist doch Sonntag! Sehe ich so strubbelig aus, dass da nur ein Profi etwas retten kann?
    Nein, nein, ich soll sie nur mit Wafa, der Tochter des Hauses begleiten, weil diese sich für die Hochzeit heute Abend frisieren lassen möchte. Ok, ist glaube ich im Moment die beste Idee.
    Mit den Zweien gehe ich in die Nachbarstraße, wo sich der Friseursalon direkt gegenüber von Leilas Haus befindet.
    „Meine Cousine und meine Nachbarin arbeiten hier, sie machen mir auch nächste Woche die Haare für die Hochzeit meiner Schwester! Du kannst Dir überlegen, ob du dann hier auch mit hinkommen möchtest!“
    Cousine und Nachbarin, wer sonst, sind wir nicht alle eine glückliche große Familie?
    Palim, palim, die Holztür öffnet sich und wir stehen in einem überfüllten Saunafriseursalon. Gefühlte hundert Augenpaare starren mich entsetzt an. Na toll, sollen wir jetzt hier warten bis Wafa an der Reihe ist? Das könnte nämlich dauern, da in der Mitte eine Braut sitzt und verschönert wird. Es ist die Braut, wo mein Mann eben als Trauzeuge eingesprungen war.
    „Asslema, ach Du bist das. Ich kenn Dich zwar nicht, aber du bist übrigens heute Abend auch bei meinem Hennaabend eingeladen!“
    Ich sehe die Braut verdutzt an und kann jetzt gar nichts dazu sagen. Na ja, wenn das so ist, dann ist das wohl so. Für Wafa ist hier heute keine Zeit mehr und ich bin froh, dass wird die Sauna wieder verlassen können. Ich frage Leila, ob sie mich mal aufklären kann, was denn hier Hochzeit, Hennaabend und so weiter bedeutet. Leila lacht und fängt an zu erzählen. Ohne Punkt und Komma. Fachbegriffe, die ich gar nicht verstehe, fliegen mir um die Ohren und ich schaue sie nur noch hilflos an.
    „Ach, einfach mitkommen!“ , meint sie und lacht erneut. Na da bin ich ja gespannt, was da auf mich zukommen wird!
    Zurück zu Hause nutze ich meine letzte Chance an diesem Tag die Sonne zu sehen und renne aufs Dach hinauf. Pünktlich zum Sonnenuntergang sehe ich die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Berg von Ischkeul verschwinden und bemerke nebenbei, dass auch auf den Bergen daneben, Dutzende Windräder stehen.
    Standen die da gestern auch schon? Oder schießen die über Nacht wie Pilze aus dem Boden?
    Ich schaue auf das Nachbardach, von dem sich gestern das Hochzeitszelt auf große Reise begeben hatte und sehe, dass es heute einfach ein Dach weiter gewandert ist. Oh, ach da ist heute dieser Hennaabend, da ist ja fast gegenüber.
    Was soll ich eigentlich anziehen? Die Einladung war eben so überraschend ausgesprochen worden, dass ich mir darüber noch überhaupt keine Gedanken gemacht habe.
    Gut, dass ich dafür eine große Familie habe, die nun in alle Richtungen ausschwärmt und die dollsten Festtagskaftane aus den Schränken hervorzaubert. Sie sind alle wunder, wunderschön, aber irgendwie sehe ich darin aus, wie ein verkleideter Partyclown. Natürlich finden sie jeden Kaftan an mir ganz toll und „very beautiful“, aber ich komme mir schon sehr komisch vor.
    Irgendwann einigen wir uns auf einen goldfarbenen Kaftan mit Mäntelchen, zu dem jetzt nur noch die passenden Schuhe fehlen. Tja liebes Beautyteam, jetzt ist Schluss mit lustig, denn Schuhe sind meine große Problemzone. Ich selber habe nur Turnschuhe, Badeschlappen und Sandalen dabei, die nicht wirklich zum Kleid passen. Ok, als Partyclown ist es eh egal, aber die lieben Verwandten möchten unbedingt, dass ich passende Schuhe trage. Sie schwärmen aus zu Runde zwei und schauen, was die Schuhschränke so alles hergeben.
    Ein Berg von glitzernden Schläppchen liegt jetzt vor mir und ich komme mir vor wie Aschenputtel, die ihren verlorenen Schuh sucht. Nur leider werde ich den hier in Tunesien nicht finden. Verzweifelt höre ich immer nur „Kebira, kebira! “
    Ach sagt es doch nur laut, dass ich kebira Elefantenfüße habe. Früher

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