Zurück im etwas anderen Tunesien
wir uns von Noura und den Kindern und gehen unsere 5 Meter wieder zurück nach Hause. Zum Glück dieses Mal bergab!
Na ja, wenn es nur dieses Trommeln an der Straße ist, dann schaff ich es vielleicht heute noch auf meine Dachterrasse, um ein wenig die Sonne zu genießen. Ich sollte das Träumen einfach mal lassen, denn die Familie sieht so fein rausgeputzt aus. Keine festliche Kleidung, aber schon schön zurechtgemacht. Ich höre nur „yalla, yalla“ und sie lassen mir keine Zeit mich umzuziehen. Leicht verschwitzt gehe ich mit ihnen zur Straße und bleibe am Rand stehen, um auf den Umzug zu warten. Nein, nein, nein nicht stehen bleiben, sie ziehen mich direkt weiter, wieder in das Haus der gestrigen Braut!
Wie, was ist denn da noch? Da war doch gestern die große Hochzeit! Die sind doch fertig, oder etwas nicht?
Nö, fertig haben wir hier noch lange nicht! Leila erklärt mir, dass heute kurz die engste Familie zusammenkommt, um Braut und Bräutigam noch einmal zu begrüßen. Engster Familiekreis! Wer es glaubt, wird selig, hier sitzen doch genau so viele Leute wie an dem Hennaabend! Wir werden direkt auf die Terrasse durchgeschoben, wo zirka zwanzig Personen, ein Bruchteil des engsten Familienkreises, sitzen und speisen. Nicht schon wieder ESSEN! Ich habe doch gar keinen Hunger!
Leila flüstert mir zu „Du MUSST essen, sonst sind sie beleidigt!“ Überredet, an irgendetwas werde ich schon rumknabbern können und zack habe ich einen Teller mit Thunfischreissalat,gemischtem Salat und Tagine vor mir stehen. Damit kann ich leben, eine kleine, feine, überschaubare Portion, mit Dingen, die ich ohne Problem essen kann. Oh nein, meine Alarmglocken schreien wie wild „Durchfall, Durchfall!“ Von links wird mir ein zweiter Teller mit dem bekannten UFO vor die Nase geschoben.
„Hilfe!“
Leila ist so lieb und erklärt, dass ich das nicht esse und so fliegt das UFO glücklicherweise einen Tisch weiter. Jetzt kann ich mich ganz auf meinen Teller konzentrieren, den ich auch gleich tapfer aufgegessen habe. Fertig! Wie war das noch einmal? Ach ja, fertig haben wir hier noch lange nicht! Eine Tante von mir hatte beobachtet, dass ich das UFO verweigert habe, und bringt mir nun eine zweite Portion mit Salat und Tagine, aber doppelt so groß wie die Erste!
Dazu serviert sie mir den Satz des Tages: „Ich liebe deinen Mann wie meinen eigenen Sohn und daher muss ich auch auf dich besonders gut achten!“
Vielen, vielen Dank liebe Tante und Boussa kebira, aber beim nächsten Mal reicht wirklich ein einziger Teller.
Wir gehen zurück in den Saal, wo der Rest der engsten Familie auf Matratzen auf dem Boden hockt und wir werden gebeten, uns doch dazu zu setzen. Kein Problem, wird sofort gemacht! Gerade als ich auf die Matratze hüpfen will, kommt Tante Fathia, die, die jetzt besonders gut auf mich achten will, und schiebt mich weiter bis zu einem großen Sessel. Nein, nein, nein, ich kann mich nicht in den Sessel lümmeln, wenn all die alten Tanten auf dem Boden sitzen! Wir diskutieren ein wenig hin und her und ich setze mich endlich einmal durch. Ich darf auf den Boden, juhuuuu! Dort falle ich auch wenigstens nicht so auf! Wäre ich auch nicht, wenn Fathia mich dort unten jetzt nicht mit diversen Kissen umpolstert hätte. Wenn ich schon nicht in den Sessel wollte, dann kam der Sessel eben zu mir. Prima, aber wenigstens kann ich hier unten jetzt nicht umfallen.
Und was passiert jetzt hier? Von Braut und Bräutigam keine Spur und die engste Familie sitzt nur und sitzt und sitzt. So sitzen wir alle gemeinsam eine ganze Weile dumm herum, bis mich ein hektisches Geyaller aus den Polstern haut. Hinter mir geht die Wohnzimmertür auf, eine Stereoanlage wird bis zum Anschlag aufgedreht und ein bekanntes Lied ertönt. Ah, Auftritt der Braut! Film ab! Klappe die Zehnte!
Die Braut schreitet im gefühlten zwanzigsten Hochzeitskleid in den Saal und wird nun von allen begrüßt.
Wie schon wieder ein pompöses Kleid und gestylt bis zur letzten Haarwurzel?
Anscheinend bekommen die hier nie genug vom Hochzeitfeiern. Ich bin ja mal gespannt, was jetzt passiert. Na toll ausgedacht, ein Stuhl wird an meine Seite geschoben und die Braut darauf drapiert. JETZT falle ich bestimmt nicht mehr auf, DIREKT vor der Braut! Hallöchen, gib mir mal bitte deinen Fächer, damit ich mich dahinter verkriechen kann!
Es folgt ein Knutschmarathon, und weil ich schon mal in der Nähe sitze, werde ich von vielen gleich mit abgebusselt! Welch ein Erlebnis!
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