Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Derouich
Vom Netzwerk:
aussah und ich zog mir rasch Rock und Top über. Soweit so gut, so schlimm wie befürchtet war es nicht. Doch dann wickelte mich Leila in einen Kilometer Sarituch ein und wickelte und wickelte und wickelte, bis ich nur noch wie ein Pinguin durch den Flur watscheln konnte. Ein anderes fleißiges Helferlein hatte auch noch schnell die goldenen XXSSchläppchen ausgebuddelt und schob sie mir direkt wieder unterdie Füße. Die Familie staunte, wie gut es mir doch stehen würde und wie schön die Farbe wäre.
    „Oh wie schön, der hat ja dieselbe Farbe wie der Teppich und oh wie schön, der hat ja auch die selber Farbe wie die Dekorgardinen!“
    Ja, ja, ja es war auch wirklich eine schöne Farbe, aber ich fühlte mich in dem Moment auch so, als wäre ich in Teppich und Dekorgardine gleichzeitig eingewickelt! Nein, nein, nein liebe Freunde der Sonne, so geht das nicht. Richtig gewickelt hätte er mir bestimmt sehr gut gestanden, aber das Problem, das sich mir in dem Moment in den Weg stellte, war meine Bewegungsfreiheit. Ich wollte doch für die Braut ganz viele Hochzeitsfotos machen und ich konnte neben meinem Handicap, mit dem bandagierten Arm, nicht noch zehn Kilo Sari mit mir herumtragen. Und dann noch Laufen wie in einer Pinguinpolonaise. So schön er auch aussah, das Thema Sari hatte sich in dem Moment erledigt.
    Gut, dann setzen wir heute alles auf Anfang. Neuer Tag, neues Glück. Pünktlich steht mein Beautyteam vor der Tür und wir begeben uns auf Kleiderschnitzeljagd. Davon habe ich schon immer geträumt, bei gefühlten 50 Grad im Schatten, 5 x 5 x 5 x 5 Meter bergauf und bergab zu bummeln, um in viel zu kleinen Läden, viel zu enge Kleider anzuprobieren. Dazu soll man bei fremden Personen auch noch Leggins beim Umziehen tragen. Welche ein Spaß sich bei dieser Hitze ständig umzuziehen. Mir war vorher auch noch nie aufgefallen, dass es hier so viele „Rent-a-dressshops“ gibt und inzwischen habe ich den Verdacht, dass diese Rollläden, mit denen die Geschäfte verschlossen werden, verwunschen sind. Wenn sie hochgeschoben werden, verbirgt sich dahinter immer genau das, was man gerade am dringendsten benötigt. Und in diesem Moment ist es halt ein schickes Kleid!
    Die Kleider in diesen Shops sind alle ein Traum aus 1001 Nacht, aber oft auch nur auf den ersten Blick. Schaut man genauer hin, bemerkt man, dass viele Kleider Risse und Flecken haben und zusätzlich innen oft schon einige Male laienhaft geflickt worden sind. Das sollte sich in Deutschland mal jemand erlauben, einKleid in so einem Zustand einfach zurückzugeben. Beziehungsweise würde dort auch niemand ein Kleid dreckig und kaputt wieder zum Verleih freigeben. Schmutzig oder defekt spielt für mich zurzeit allerdings noch immer keine Rolle, denn sie sind ja sowieso immer nur für XXS-Prinzessinnen geeignet. So schaue ich schon gar nicht mehr, welches mir gefällt, sondern wähle einfach nur noch die, welche hier kebira sind.
    Ja, ja, ja kebira! Ich kann dieses Wort schon nicht mehr hören. So kebira bin ich nun auch wieder nicht. Ich weiß selber, dass meine Kleidergröße etwas seltsam ist und ich je nach Kleidung, zu Hause in 38-46 passe, aber hier hört das Angebot ja schon bei 36 auf. Ja, ja liebe Leute, es gibt tatsächliche Personen, die sich außerhalb der Kleidergröße 36 befinden. Wir tingeln von Shop zu Shop und meine Nerven sind leicht am Ende, beziehungsweise habe ich sie bei der Hitze schon alle komplett ausgeschwitzt.
    Ich sehe mich nächste Woche schon in einem Kartoffelsack auf der Hochzeit auftauchen, als Leila meint, sie hätte noch einen Geheimtipp. In Ordnung, aber das ist wirklich mein letzter Versuch! Direkt sage ich der Verkäuferin, dass ich gerne etwas in kebira, kebira hätte und die Inhaberin schaut mich verdutzt an.
    „Wieso kebira, kebira? So dick ist sie doch gar nicht!“
    DANKE! Das wollte ich den ganzen Tag schon hören!!! Du bist ab heute meine allerbeste Freundin!
    Sie sucht mir mit gekonntem Blick ein paar Kleider zusammen und geht mit mir in den Umkleidebereich. Respekt! Hier ist so viel Platz, wie in allen anderen Läden zusammen und die Kleider passen mir sogar alle. Wenn sie jetzt noch eine andere Farbe haben würden, dann wären sie perfekt. Sie bemerkt, dass ich noch nicht ganz zufrieden bin, und verschwindet in einem Hinterzimmer. TADAAA! Mit zehn Kilo Lila auf dem Arm kommt sie zurück und hält mir stolz ein zweiteiliges Kleid vor die Nase.
    LILA? Das ist auch nicht gerade meine Lieblingsfarbe, aber

Weitere Kostenlose Bücher