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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Derouich
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fotografiere lieber ein wenig in der Scheune herum. Die Gäste sitzen wieder wie in einem Kino aufgereiht und schauen und bestaunen die Braut.
    Was soll man hier auch anderes tun? Unterhalten geht nämlich nicht, denn die rechts und links aufgebauten Lautsprecherboxen sind so laut, dass sie locker für ein Stadionrockkonzert ausreichen würden. Die Musik und die Bässe hämmern so wild, dass ich Angst habe, dass die Gäste gleich durch die Vibration von ihren Plätzen geschleudert werden.
    Meine fürsorgliche Tante Fathia platziert mich in der ersten Reihe Mitte, damit ich auch nichts verpasse.
    Toll, was denn verpassen? Da passiert doch eh nichts!
    „´nabend, ´nabend.“ , rechts und links begrüßen mich die Gäste, obwohl ich sie mal wieder nicht kenne, aber sie sind sicherlich alle auch wieder mit mir verwandt. Meine ganze Familie sitzt am anderen Ende des Saals und ich hoffe, dass wenigstens bald die Familie von Käsesuppen-Karim auftaucht, die doch extra wegen mir anreisen wollte. Bisher habe ich sie noch nicht entdeckt und wippe so lange mit den anderen unbekannten Gästen, zum Dröhnen der Boxen, im Takt hin und her. Nach über einer Stunde fühlt sich mein Kopf von der Musik so an, als ob er gleich zerspringt. Ich möchte nur noch raus und sehe in diesem Moment, dass meine heiß geliebte Familie den Saal betritt.
    Juhuuuu, ich flitze sofort zu ihnen hin und setze mich zu ihnen an den Rand. Sie versuchen mir etwas zu erzählen, aber bei der Lautstärke versteht man rein gar nichts.
    Es geht nur: „Hä?“ „Hä?“ „Hä?“
    Hin und her und her und hin. An ihren Blicken und Gesten kann ich aber erkennen, dass sie absolut begeistert von meiner Erscheinung sind und mich immer wieder von oben bis unten mustern. Karims Frau hat sogar ein paar Tränchen in den Augen, die sie sich immer wieder wegwischen muss.
    Vorne haben sich inzwischen viele Gäste versammelt, die nun fröhlich durch den Staub tanzen und auch Safia erhebt sich um ein wenig mitzutanzen.
    Moment, Moment, das muss ich doch filmen. Ich springe auf, zücke mein Iphone und höre trotz der lauten Musik ein erschreckendes „Krrrrrrrrrrrrrr!“
    Oh Gott, oh Gott! Das Kleid! Bin ich doch zu kebira und habe es gesprengt?
    Es hört und fühlt sich an, als ob es an der Seite komplett aufgeplatzt ist. Wie oberpeinlich! Tatsächlich steht vom Oberteil die ganze linke Seite offen. Gott sei Dank ist es nur der defekte Reisverschluss, der sich von alleine geöffnet hat und kein Riss. Ich bin absolut unschuldig und nicht zu kebira. Karims Frau und ein paar Cousinen schließen ihn in Windeseile wieder und stecken ihn vorsichtshalber noch mit einer Sicherheitsnadel fest. Puh, da habe ich aber Glück gehabt!
    Eine zeitlang fotografiere und filme ich das bunte Treiben, bis meine Ohren komplett streiken. Ich brauche dringend frische Luft und eine Pause. Ich gehe zurück zum Brauthaus und höre die Musik selbst dort noch so laut, dass die ganze Erde unter mir bebt. Mein Mann sitzt vor der Tür und spricht mich an. Erst jetzt merke ich, wie wenig ich wirklich noch höre. Krankheitsbedingt höre ich sowieso nur noch 50 Prozent und jetzt scheint es, als sind es eher Minus 50 Prozent. Panik kommt in mir auf, denn ich sehe nur noch, wie die Menschen um mich herum den Mund auf und zu machen, ich aber keinen Ton mehr vernehme.
    Bitte, bitte kein Hörsturz, den kann ich jetzt nicht gebrauchen! Ich fange an zu zittern und zu hyperventilieren, weitere Aufregung sollte ich jetzt am besten vermeiden. Genau jetzt kommt auch noch eine Tante und will mich wieder mit etwas zum Essen nerven.Bitte, bitte liebe Freunde, lasst mich mal kurz in Ruhe, sonst gibt es heute noch eine Katastrophe!
    Obwohl ein wenig Hunger hab ich schon und ich spüre, wie mein Magen knurrt. Hören kann ich ihn ja nicht. Meinem Mann erkläre ich, dass ich nur ein paar Trauben möchte und sonst nichts. Mit all dem anderen Essen mögen sie mir doch bitte vom Hals bleiben. Was er ihnen genau gesagt hat, weiß ich nicht, aber ich werde in einen ruhigen Raum gebracht, wo ich ganz alleine bin. Sie bringen mir einen Stuhl und ein Teller mit Trauben. Die Tür schließt sich und es herrscht Stille! Das tut so gut, obwohl meine Ohren immer noch diesen Watteeffekt haben und ich mir ernsthaft Sorgen mache. Die Hochzeit ist glaube ich für mich heute gelaufen und es ist besser, wenn ich ins Bett gehe. Nichts mehr hören und sehen!
    Mit einer tunesischen Familie ist dieses allerdings leichter gesagt als getan, denn

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