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Zurueck in der Hoelle

Titel: Zurueck in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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Hähne ihrer Musketen.
    Hannah sah, wie das Pulver in den Pfannen erzitterte, als sich die Krallen von Talleyrands Häschern langsam um den Abzug krümmten.
    »Gib mit den Ring!«, befahl der Graue noch einmal und dieses Mal würde er keinen Widerspruch dulden. Das wusste auch Hannah. Doch sie wäre nicht Honky Tonk Hannah, wenn sie deshalb aufgeben würde.
    »Ja-mahn, ich glaube, ich habe verstanden!« Der Kloß in ihrem Hals raubte ihr fast die Stimme. »Aber wisst ihr, ihr Muffties, ihr seid mir einfach zu grau. Ein paar blaue und grüne Flecken müssten euch stehen. Ja, und die könnt ihr gern von mir haben, denn, wie ihr gesehen habt, hab ich zu viele davon.«
    Sie grinste so frech, wie es ihre Angst zuließ, zog ihre Schwerter, zerschlug mit den Samuraiklingen die Bajonette auf den Musketen, spaltete zwei der Gewehrläufe der Länge nach auf und stürzte sich auf den Anführer. Der zog seinen Degen und während seine Männer Hannah in ihrem ungeschützten Rücken folgten, wich er vor ihr auf die Brücke zurück.
    Dort trieb ihn Hannah vor sich her, stieß ihn gegen die Reling und schleuderte den Degen aus seiner Hand hoch in die Luft, sodass er weit oben knapp unterm Krähennest in den Topmast einschlug. Dann fuhr sie herum und hielt ihren Verfolgern gerade noch rechtzeitig die ausgestreckten Klingen entgegen, als sie das Rauschen über sich hörte.
    »Jo, dafür bring ich dich um!«, zischte die hilflose Piratin. »Und ihr könnt mich mal kreuzweise. Den Ring kriegt ihr nicht!« Damit nahm sie das Schmuckstück, steckte es in den Mund und schluckte es demonstrativ herunter, bevor sie die Bratpfanne gegen den Hinterkopf traf.
    Hannah fiel wie ein Sack auf die Planken des Rochens. Sie sah den Anführer von Talleyrands Männern, wie er neben dem Steuerrad stand und dabei das fingerdicke Seil von Jos Knock-out-Bratpfannenpendel durch seine Vogelkrallen gleiten ließ.
    »Wisst ihr«, schnarrte er Scherben knirschend, »wenn ihr Piraten nicht so geschwätzig wärt, könntet ihr die Welt vielleicht wirklich befreien.«
    Er zog einen weiteren Flaschenpostbrief aus dem Gewand.
    »Und dann«, las er vor, »habe ich diesen Mistkerl Will, der meinen Lendenschurz trug, mit Jos Knock-out-Pendel, das der auf unserer Fahrt durchs Quecksilbermeer auf dem Rochen über dem Steuerrad installierte, einfach hinterrücks ausgeknockt.«
    Er musterte Hannah, die auf dem Boden lag.
    »Warum seid ihr so eitel und woher nehmt ihr den Glauben, dass sich irgendjemand für eure Abenteuer interessiert?«
    Da wurde es Hannah urplötzlich schlecht. Sie rülpste und würgte und schaffte es gerade noch, ihr Gesicht unter ihrer blonden Haarpracht zu verbergen.
    »Bitte, bleib drin. Bleib in meinem Magen!«, fluchte sie vielleicht um eine Nuance zu laut.
    So laut zumindest, dass jeder es hörte. Dann lächelte sie ein fieses Kleinmädchen-Piratenlächeln und verlor das Bewusstsein.

Die Springwarzenlügenpest

    ie waren zum Aufbruch bereit. Keine drei Tage nach Hannahs Verschwinden lagen die fünf schwarzen Drachenkajaks auf der Terrasse des Palastes zu Füßen der Eiswand, die entgegen all ihren Erwartungen noch immer nicht eingestürzt war. Doch darüber machte sich keiner Gedanken. Die Eiswand gab es für sie nicht mehr und dasselbe galt auch für das Kreischen der Orka-Pinguine, das sie gar nicht mehr wahrnahmen, obwohl es jeden Tag lauter wurde.
    Der einzige Gedanke, der sie beherrschte und der ihre Herzen schlagen ließ, war das Verlangen nach Rache. Rache für Hannahs Verrat. Und dieses Verlangen schweißte sie alle zusammen. Will, Moses und die sechs Mädchen aus Hannahs Piratencrew waren jetzt eine verschworene Gemeinschaft und selbst der sonst alle Gewalt verteufelnde Jo zögerte keine Sekunde, als sie beschlossen, die Verräterin zu bestrafen.
    Einen ganzen Tag dachte er nach. Er streifte durchs Schloss und inspizierte alles, was er dort fand. Vom Keller im Eisberg bis zum Speicher unter dem Dach. Fünf Mal machte er das und als es dann dunkel wurde, bat er Will um eine Kerze. Er setzte sich hin und zeichnete, ohne zu essen, zu schlafen oder irgendetwas zu trinken, die ganze Nacht. Die Nacht und auch noch den halben darauffolgenden Tag. Doch dann – gegen Mittag – war es vollbracht. Die Drachenkajaks waren erfunden, und die Pläne, die Jo gezeichnet hatte, waren so gut und genau, dass es keine 24 Stunden dauerte, um sie zu bauen.
    Jetzt standen sie fertig nebeneinander auf der Terrasse. Zwei Mannslängen lang und stromlinienförmig

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