Zurueck in der Hoelle
entledigt und lagen in schneeweißen Westen auf blütenweißen Diwanen neben in milchweiße Schleier gehüllten Damen. Dazwischen tanzten Kinder wie Engel durch das kniehohe Gras, spielten auf Flöten und vergoldeten Harfen und besangen Eulenfels’ neue Pracht. Es gab frische Erdbeeren auf steif geschlagener Sahne. Die wuchs aus gepfefferter Schokolade heraus und Eulenfels, der schon sein 23. Dessert verschlang, rieb sich zufrieden den mächtigen Bauch.
»Auf Preußens Ruhm und strahlenden Glanz!«, sprach er mit vollem Mund. »Doch Preußen bin ich.« Er lachte beim Trinken. »Ja, Preußen bin ich und wisst Ihr was, Talleyrand?«
Der schmächtige Franzose lag neben ihm und trug als Einziger aller Anwesenden Schwarz.
»Preußen geht’s gut, verdammt gut sogar.« Eulenfels lachte und schlug dem Schwarzen Baron auf die schmächtige Schulter. »Preußen kann es nicht besser gehen.«
Gabriel Marie Baron du Talleyrand hüstelte höflich, was seine Art von Lächeln war, doch Salome und Ophelia, Eulenfels’ wie in Zuckerguss gekleidete Damen, gähnten gelangweilt. Da sprang der Sonnenminister auf.
»Außer dass Preußen langweilig wird.« Er klatschte fordernd in die Hände. »Und das hasst Preußen noch mehr, als Hunger zu haben.«
Die Kinder verstummten. Sie schauten erschrocken zu Eulenfels und ihre goldenen Harfen fielen ins Gras.
»Preußen braucht eine Veränderung!«, raunte der Geheime Minister, als ein plötzlicher Wind in die nur noch von Bienen durchsummte Stille fuhr und die Kirschblütenblätter um ihn herumwirbeln ließ.
Salome und Ophelia stöhnten entzückt, Talleyrand hüstelte, die staunenden Kinder zeigten zum Himmel und dann entdeckte auch Eulenfels den Fliegenden Rochen, der sich mit majestätischem Flügelschlag aus dem wolkenlosen Blau herabschwang.
»Ophelia!«, rief Salome und schubste ihre Freundin vom Diwan. »Weißt du, was das ist?«
»Und ob ich das weiß!«, schnatterte die andere Dame, raffte ihr Kleid und dann rannten Eulenfels’ Gespielinnen mit schwankenden Perücken an der Spitze der Diener und Kinder zum Fluss.
Dort setzte der Rochen zur Landung an. Er flog einen Bogen und schoss mit den Doppelrümpfen über die Köpfe des Hofstaats, der den Kindern und Dienern folgte. Die Frauen und Männer schrien entsetzt. Sie warfen sich ängstlich auf den Boden und sahen dann durch das kniehohe Gras, wie das Schiff mit sechsfach gespreizten Dschunkensegeln im Kirschblütenblätterwirbel auf dem Wasser niederging.
»Der Fliegende Rochen!«, raunte Ophelia.
Und Salome seufzte: »Das ist ein Seeräuberschiff!«
»Das ist das Schiff von Honky Tonk Hannah!« Ophelia stöhnte, doch Salome war zum Stöhnen zu schwach: »Ja, von Honky Tonk Hannah und … Höllenhund Will!«
»Oh, oh, Salome!«
»Ja, oh, oh, Ophelia. Und das ist der beste Pirat der Welt.«
Sie schmolzen dahin wie Wachs in der Sonne, doch Eulenfels erstickte ihre romantischen Schwärmereien im Keim.
»Ihr irrt euch, liebe Gräfinnen. Das Schiff gehört mir. Ich habe es gekapert und wie ihr gleich feststellen werdet, ist Honky Tonk Hannah meine Gefangene.«
Er zeigte zum Rochen hinüber, zwischen dessen Rümpfen ein Boot hervorglitt. Talleyrands Männer legten sich in die Riemen und vorne am Bug stand die berühmte Piratin, die aber allerdings überhaupt nicht wie eine Piratin aussah. Das dachten zumindest die beiden Damen, als sie den Vogelkäfig erkannten, in dem Hannahs Kopf steckte. Der Käfig war eingedrückt und zerbeult und die Stoffkugeln an ihren Händen lösten sich auf. Sie zerfielen in Fetzen wie ihre vor Dreck und Schweiß gegerbten Klamotten: das gestreifte Mieder, die geblümten Unterhosen und die zwei ungleichen Schuhe.
»Das soll Honky Tonk Hannah sein?«, fragten die beiden Damen enttäuscht und Eulenfels antwortete ihnen mit einem triumphalen Grinsen.
»Ja, das ist sie. Das ist die angeblich begehrteste Frau in der ganzen Karibik.«
»Und die unser Höllenhund …?« Ophelia suchte den Blick ihrer Freundin. »… die unser Will angeblich liebt ?« Sie konnte und wollte das einfach nicht glauben.
»Nun, ich denke«, meldete sich Talleyrand, »er liebt eher das, was sie ihm gestohlen hat.« Der Schwarze Baron ging an ihnen vorbei, trat ans Ufer, an dem das Ruderboot knirschend auf Grund lief und auf sein Zeichen hin stieß der Offizier mit der Glasscherbenstimme die Gefangene von Bord.
Die fiel bäuchlings ins Wasser, fluchte, schimpfte und verlor, als sie sich wieder aufgerappelt hatte, im
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