Zurueck in der Hoelle
»Das wirst du nicht zulassen! Theodor Wotan!«
… zog Salome eine Haarnadel von der Länge eines Degens aus ihrer anderthalb Meter hohen Perücke und stach sie Talleyrands Offizier in die Hand. »Raus mit den Fingern!«, fauchte sie, packte, als er fluchend gehorchte, die sprachlose Hannah und zog sie hinter sich her.
»Das ist eine Angelegenheit unter Damen!«, triumphierte Ophelia, klatschte energisch in die Hände und bevor Talleyrand begriff, was da eigentlich passierte, verschwanden Eulenfels’ Gespielinnen zusammen mit Honky Tonk Hannah hinter einem von ihren Dienern aufgespannten Paravent aus weißem Leinen.
»So, meine Liebe«, säuselte Salome freundlich. »Hier sind wir drei ungestört.«
»Hier fasst dich keiner dieser Lumpen an«, nickte Ophelia und streichelte Hannah über den Arm.
Die wich erschrocken vor ihr zurück.
»Pssst! Du musst keine Angst haben!«, sagte Salome sanft. Sie fuhr Hannah mit den Fingerspitzen über die Schulter.
»Aber warum?«, fragte die überraschte Piratin. »Warum tut ihr das? Ich kenne euch gar nicht und …«
»Aber wir kennen dich!«, flüsterten Salome und Ophelia und schauten dabei beschämt zu Boden. »Oder besser gesagt: Wir kennen Höllenhund Will. Ja, wir waren mit ihm zusammen in einer Sänfte und da wusste er noch nicht einmal, dass es dich gibt.«
Sie hoben ihre Köpfe und Hannah erschrak. Die Augen der beiden passten überhaupt nicht zu ihren freundlichen Stimmen. Nein, das waren die Augen von Hexen und Drachen.
»Verfuchst!«, sagte sie. »Ich glaube, ich gehe doch wieder zu dem Kerl in den Lumpen.«
Doch Ophelias Hände hielten sie fest. Sie waren wie Krallen.
»Ja«, fauchte sie leise. »Das wirst du auch, Liebes. Aber bevor du das tust …«
»… gibst du uns das«, flüsterte Salome, »was uns garantiert, dass sich unser süßer Höllenhund Will wieder nur für uns interessiert.«
Sie griff mit der Hand in Hannahs Mieder und fand dort als Erstes eine …
»Was ist denn das?« Salome befühlte mit Daumen und Zeigefinger das vielleicht haselnussgroße, haarige Ding. »Ist das vielleicht eine Warze!« Sie grinste Hannah schadenfroh an. »Das tut mir aber leid. Hast du noch mehr davon?« Sie lächelte böse und zog dann den Ring aus dem Mieder.
»Dafür wirst du büßen«, zischte Honky Tonk Hannah.
»Ach wirklich«, blaffte Salome. »Dann pass mal gut auf: Ophelia!«, befahl sie.
Und die zog Hannah sofort aus dem Schutz des Paravents vor die Augen des Hofstaats.
»Sie hat ihn nicht mehr«, rief sie und trotzte dem misstrauischen Blick des Schwarzen Barons.
»Ja, sie sagt die Wahrheit.« Salome kam hinter ihr her und steckte – was Hannah ganz genau registrierte – den kleinen, spitzenumsäumten Beutel gerade erst in den Saum ihres Ärmels.
»Sie hat ihn verschluckt und die einzige Chance, an ihn heranzukommen, ist wohl zu warten. Es sei denn …?« Sie warf der Piratin einen Blick zu, der vor Stutenbissigkeit strotzte.
»Es sei denn«, triumphierte Ophelia, »wir hängen sie auf.«
Talleyrand hob die Braue.
»Wir werden sie hängen und wir schneiden sie auf, Theodor Wotan. Wir schneiden ihr den Ring aus dem Bauch.«
Hannah erschrak. Ihr stockte der Atem und sie sah das Entsetzen in den Gesichtern der Kinder.
Da lachte der Freiherr und hielt seinen Bauch.
»Oh, das ist gut. Ja, das gefällt mir. Werft sie sofort in den finstersten Turm, und Sonntag wird sie dann nach der Messe gehängt. Schreibt es an alle Wände der Stadt. Eine echte Piratin wird aufgehängt. Das gibt es sonst nur in Paris oder London. Verkündet das, hört ihr! Und ladet Gaukler und Spieler ein. Wir feiern ein Fest! Ein Sonnenfest, ja! Und nach diesem Tag, das verspreche ich hiermit, wird Preußen selbst eine Sonne sein.«
»Ja!«, fauchte Hannah. »Es wird ganz bestimmt eine Sonne, eine verheerende Sonne, die alles verbrennt. Wie die Sonne der Wüste …«
Da wurde sie auch schon von den Soldaten gepackt und von der Wiese geschleift.
Die Zeit der Piraten ist nämlich vorbei
aum war die schwere, aus zwanzig Zentimeter starker Esche gezimmerte und innen und außen mit Eisen verkleidete Tür hinter ihr zugefallen, begann Hannah zu toben.
Sie rastete aus.
Sie schlug mit ihren umwickelten Fäusten so lange den Putz von den schimmligen Wänden, bis sie ihre Hände nach Wochen endlich von den Fesseln befreien konnte. Sie riss sich den Vogelkäfig vom Kopf, zerstampfte ihn mit dem Fuß, der den Stiefel trug, zu einem faustgroßen Knäuel und kratzte sich endlich
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