Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zurueck in der Hoelle

Titel: Zurueck in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
hörte Jo schreien und Moses fluchen und schlug gute vier Meter tiefer auf dem lehmigen Untergrund auf. Dort packten ihn drei Dutzend Hände und fesselten ihn, ohne dass es sie interessierte, ob er sich etwas gebrochen hatte.
    Will stöhnte und fluchte, doch die Schatten um ihn herum machten kurzen Prozess. Sie knebelten ihn, sodass er stöhnend verstummte. Will hörte die letzten spitzen Schreie der Twins, als sie von der wuselnden Übermacht überwältigt wurden. Dann huschten die Schatten lautlos davon und ließen sie alle gefesselt und hilflos in der lehmigen Finsternis wie in einem Grab zurück.
    Das ist das Ende, dachte Will nur. Er verstand nichts von dem, was mit ihm passiert war, und hörte nur Jos leises Wimmern.

Hannah gibt auf

    uch Hannah hätte am liebsten geheult. Sie hatte gehofft, dass man sie, nachdem die Soldaten sie aus dem Thronsaal zurück in ihr Zimmer gebracht hatten, endlich wieder allein lassen würde. Allein für zwei Tage. Die letzten zwei Tage, die ihr noch blieben, bevor sie von dem eingeholt werden würde, wovor sie seit über sieben Jahren davonlief.
    Damals an ihrem zwölften Geburtstag hatte sie es in die Tat umgesetzt. Nur drei Tage, nachdem sie ihren Vater kennengelernt hatte. Drei Tage, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Vater der König und sie eine waschechte Prinzessin war. Nun, zumindest eine halbe Prinzessin, denn ihre Mutter war »nur« eine Mätresse. Die Mätresse des Königs. Und als sie von ihm schwanger wurde, wurde sie wie alle Mätressen vor und nach ihr verstoßen.
    Ja-mahn! Was war das für ein Glück! Denn deshalb zog Hannah in den Teil von Paris, der von Bettlern und Dieben bewohnt und von Räubern regiert wurde. In den Teil von Paris, der für ein rotznäsiges Mädchen, wie sie eines war, und für ihre Mutter, die vor Abenteuerlust brannte, genau der richtige Ort war, um das Leben in vollen Zügen zu genießen.
    Oh ja, von ihrer Mutter hatte sie alles gelernt, was sie zu dem gemacht hatte, was sie jetzt war: zu Honky Tonk Hannah. Und genau das wollte sie immer schon sein. Auch damals, drei Tage vor ihrem zwölften Geburtstag, als plötzlich dieser gepuderte Kerl zu ihnen in die Katakomben von Paris herabstolzierte und ihr lächelnd erklärte, dass er nicht nur der König, sondern ihr Vater war. Dass er sie seit ihrer Geburt hatte beobachten lassen. Dass er sie und ihre Mutter schon dreimal vor dem Gefängnis und zweimal vor dem Galgen bewahrt hatte, und dass es jetzt höchste Zeit war, ihr Leben zu ändern.
    »Ich«, bekannte er sanftmütig, »bin sozusagen die gute Fee, die dich aus deinem Elend befreit. Das bin ich deiner Mutter schuldig.«
    Er überwand sich und tätschelte ihre dreckige Wange. Dann wurde sie von den Soldaten gepackt und die zerrten sie gegen ihren verzweifelten Widerstand und den ihrer Mutter in ein Glück, das Hannah vom ersten Augenblick hasste.
    Sie wurde geschrubbt, gepudert und wieder geschrubbt. Sie musste lernen, mit Messer und Gabel zu essen. Es wurde ihr beigebracht, wie man den kleinen Finger von der Teetasse abspreizt. Und während sie diese wichtigen Dinge trainierte, schnürte man sie in die kostbarsten Kleider. Sie wurde unter Perücken begraben und unter Hüte gesteckt, die sie in andere Welten entführten. Sie lief in Schuhen wie auf Wolken umher und es dauerte gerade mal anderthalb Tage, da konnte sie nicht mehr genug davon kriegen. Da half auch nicht, dass sie sich verfluchte. Sie war buchstäblich süchtig danach. Sie vergaß ihre Mutter. Sie vergaß alle Diebe und Räuber und Abenteuer der Welt und schöpfte kurz Hoffnung, dass dieser König, ihr Vater, vielleicht doch eine gute Fee, dass sein Palast vielleicht doch der Himmel und die gepuderten Affen um sie herum nur verkleidete Engel waren.
    Doch drei Tage später kam ihr zwölfter Geburtstag und anstelle neuer Kleider, Schuhe und Hüte gab es für sie einen Mann. Oder besser gesagt einen Verlobten. Verfuchst! Einen Pimpf oder Zwerg. Einen achtjährigen Wicht namens Marquis. Marquis irgendwas. Beauregard Gagga. Sie konnte sich seine tausend Namen vor Schreck gar nicht merken. Sie starrte nur von dem Steckenpferd, mit dem er wie wild durch den Garten ritt, auf den Schoß seiner Mutter, auf den er sich immer heulend verzog, wenn er dabei auf die Fresse flog. Doch seine Mutter war die reichste Frau Frankreichs und ihr Vater war pleite. Der König brauchte das Geld von Beauregards Mama und deshalb verschacherte er Hannah an diesen Steckenpferdhelden.
    Hannahs gepudertes

Weitere Kostenlose Bücher