Zurueck ins Glueck
hast du vergessen, dass ich Kosmetikerin von Beruf bin?«
»Wann hast du das letzte Mal jemandem ein professionelles Make-up verpasst, Wendy Doyle? Du magst in grauer Vorzeit einmal eine Ausbildung als Kosmetikerin gemacht haben, aber es ist eine Ewigkeit her, seit du tatsächlich einen weißen Kittel getragen und dir die Hände schmutzig gemacht hast!«
Wendy schnaubte unwillig. »Was glaubst du denn, wer mich jeden Morgen schminkt? Denk ja nicht, dass ich irgendetwas verlernt habe.« Da ihr keine weiteren Argumente einfielen, hämmerte sie gegen Samanthas Tür. »Okay, vergessen wir das Make-up. Wir wollen nur einen Blick auf dich werfen, immerhin sind wir deine Brautjungfern, das verleiht uns gewisse Privilegien. Komm schon, Sam, mach endlich diese verdammte Tür auf!«
Samantha hatte eigentlich um jeden Preis verhindern wollen, dass irgendjemand außer ihrer Friseuse sie zu Gesicht bekam, bevor sie die Kirche betrat – eine dumme, romantische Idee, die bei ihren beiden ältesten Freundinnen offensichtlich auf wenig Verständnis stieß. Als sie nach ihrer Verlobung die Hochzeitsfeier zu planen begonnen hatte, hatte sie mit dem Gedanken gespielt, ganz auf Brautjungfern zu verzichten. Sie hielt diese Sitte für altmodisch und überflüssig; sie brauchte ja auch sonst niemanden, der ihr beim Ankleiden oder bei ihrem Make-up
behilflich war, warum sollte sie an ihrem Hochzeitstag nicht auch alleine fertig werden? Doch ihre zukünftige Schwiegermutter hatte nichts davon hören wollen.
»Keine Brautjungfern? Wo denkst du hin?« Roses Lächeln haftete die Wärme zerstoßenen Eises an, als sie Samantha durchdringend musterte. »Das kommt überhaupt nicht infrage. Du heiratest einen Judge, da brauchst du ein ganzes Heer von Brautjungfern und Blumenmädchen. Das wird von dir erwartet.« Ohne Samanthas Antwort abzuwarten, war sie davongerauscht.
Sam hatte von Anfang an gewusst, dass sie in diesem Punkt den Kürzeren ziehen würde. Sie tröstete sich damit, dass es noch weit schlimmer hätte kommen können. Zum Glück hatten sich ihre Schwägerinnen in spe glattweg geweigert, eine aktive Rolle bei der Hochzeit zu übernehmen. Rose hatte sie gebeten, als Brautjungfern oder wenigstens als Ehrendamen zu fungieren, doch sie waren nicht gewillt gewesen, sich in mit Bändern und Schleifen besetzte Rüschenkleider stecken zu lassen.
Auch Camerons Nichte Zoë hatte Rose eine Abfuhr erteilt. Der siebenjährige kleine Satansbraten dachte gar nicht daran, sich als Blumenmädchen einspannen zu lassen. Als erstgeborenes Enkelkind der Judge-Dynastie war Zoë furchtbar verzogen; ein vorlautes, aufsässiges Kind, weshalb Samantha insgeheim froh war, dass sämtliche Überredungsversuche seitens der Großmutter auf taube Ohren gestoßen waren.
Samantha fürchtete sich nicht vor ihrer zukünftigen Schwiegermutter, aber sie hasste die Art, wie Rose allen Menschen um sich herum ihren Willen aufzuzwingen versuchte. Gemeinsam mit ihr die Hochzeit zu planen, hatte sich dann prompt als extrem schwierig erwiesen. Sam
hätte nicht davor zurückgescheut, ihr die Stirn zu bieten, aber der Ausdruck auf Camerons Gesicht hatte sie davon abgehalten. Sie wusste, wie sehr er darunter litt, dass sich die beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben wegen jeder Kleinigkeit in die Haare gerieten, und so hatte sie ihm zuliebe schließlich in fast allen Punkten nachgegeben. So wichtig waren ihr diese Einzelheiten nicht.
Wieder ertönte ein energisches Klopfen an der Tür. Ganz offensichtlich waren ihre Freundinnen fest entschlossen, kein Nein als Antwort gelten zu lassen, und immerhin waren sie ja ihre Brautjungfern.
Sie betrachtete sich ein letztes Mal in dem hohen Spiegel und nickte beifällig. Sie war mit ihrer Erscheinung mehr als zufrieden.
Gillian, durch Nikotinzufuhr gestärkt, unternahm einen neuerlichen Anlauf. »Komm schon, Samantha, früher oder später musst du dich ja doch begutachten lassen. Also bring es hinter dich und erspar dir diese Diskussion durch die gottverdammte Tür!« Sie zog erneut an ihrer Zigarette.
»Na schön.« Samantha gab auf. »Ich lasse euch rein. Aber dann will ich eure ehrliche Meinung hören.«
Wendy, Gillian und Samantha befanden sich bereits im Rathnew Manor, einem Hotel in der Grafschaft Wicklow, in dem später auch der Hochzeitsempfang stattfinden sollte. Die Mädchen sowie Rose und James Judge hatten am Abend zuvor ihre Zimmer bezogen. Wendy und Gillian teilten sich eine große, sehr luxuriöse Suite, Samantha
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