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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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ließ.
    Er hatte Angst vor seiner Vergangenheit.
    „ Angel, ich werde zuhören, wann immer du darüber reden möchtest. Allerdings befürchte ich, dass ich nicht die richtige Person bin, um dir zu helfen. Du solltest besser …“
    „ Du hast mir immer geholfen, Eri, und daran wird sich nie etwas ändern.“ Er legte ihre Hand vertrauensvoll an sein Herz. „Gib mir noch zehn Minuten. Das reicht, um sicherzugehen, dass mit dem Mädchen alles in Ordnung ist.“
    „ Versprich mir, nicht leichtsinnig zu werden, Angel. Denn weißt du, ich möchte nicht unbedingt in der Nähe sein, wenn unser Chef von deinem eigenmächtigen Ausflug erfährt.“
    „Wer sagt, dass der Professor etwas davon erfahren wird?“
    „Du bist nicht als Arzt hier.“
    Jetzt war d ie Besorgnis in Erikas Stimme nicht mehr zu überhören. Obwohl er längst erwachsen war, fühlte die Oberschwester selbst heute noch eine gewisse Verantwortung für ihn, die er sich nicht recht erklären konnte. Er hatte ihre selbstlose Fürsorge stets genossen, heute dagegen fiel es ihm schwer, sie zu ertragen.
    „Muss ich dich allen Ernstes daran erinnern, wie deine Rippen aussehen?“, schimpfte sie in liebevollem Ton weiter. „Was aus deiner Milz geworden ist? Du bist doch nicht wegen eines Schnupfens hier.“
    „ Als könnte ich vergessen, wie dilettantisch ich mich verhalten habe! Dass alles meine Schuld ist! Dieses Mädchen würde nicht in diesem Bett liegen – mit Verletzungen, die ich zu verantworten habe –, wenn ich nicht versagt hätte!“, stieß er ungehalten hervor.
    Oberschwester Erika bemerkte mit einiger Besorgnis, wie sein Nervenkostüm immer fadenscheiniger wurde und sich seine Fäuste unwillkürlich öffneten und schlossen, immer wieder, als würden sie sich auf einen Kampf einstimmen. Sie trat noch einen Schritt näher an das Krankenbett. Mit einer mütterlichen Geste legte sie beide Hände auf die muskulösen Schultern des Arztes, bückte sich ein Stück nach vorn und suchte aufmerksam in seinem Gesicht nach einer Antwort auf ihre unausgesprochenen Fragen.
    „ Was?“, knurrte er irritiert. „Was denn?“
    „ Angel, es steht mir nicht zu, über eventuelle Fehler zu richten, die du an jenem Tag gemacht hast. Was ich jedoch sicher weiß, da ich es mit eigenen Augen gesehen habe: Du hast diese Frau ungeachtet deiner Verletzungen zu uns gebracht und bist damit ein unkalkulierbares Risiko für deine eigene Gesundheit eingegangen.“
    „Das war ich ihr schuldig.“
    „Ich möchte nicht, dass du dich unnötig sorgst, denn du hilfst dem Mädchen am besten, wenn du selbst schnellstmöglich wieder auf die Beine kommst. Du siehst ja, ihre Werte sind nahezu normal. Der Neurologe hat sich gestern eingehend mit ihr beschäftigt und sie hat alle Tests zu seiner Zufriedenheit absolviert. Sie kommt allmählich zu Bewusstsein und wird zwar über einen Brummschädel klagen, wenn sie aufwacht, aber in ein paar Tagen ist sie wieder völlig fit. Und das möchte ich auch von dir behaupten können.“
    „Einen Brummschädel? Sie hat ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades erlitten , eine Schwellung im Hirn, und niemand kann zum jetzigen Zeitpunkt mit Bestimmtheit sagen, ob es längerfristige oder gar permanente Schäden geben wird! Und selbst wenn wir Glück haben, dass es nicht dazu kommt, könnten immer noch unvorhergesehene Spätfolgen auftreten. Wir wissen nicht, ob sie in ein paar Tagen wieder völlig hergestellt sein wird. Es gibt keine Garantien, verstehst du? Für nichts.“
    Ob er bei diesen Worten an die Auswirkungen seiner vor Jahren erlittenen Hirnverletzungen dachte? Die Oberschwester wusste seinen Gesichtsausdruck nicht zu deuten.
    E r verzog den Mund zu einem schwachen Lächeln und mit einem Blick auf die Schlafende flüsterte er heiser: „Es gehen Dinge vor sich, Eri. Ich habe nie daran geglaubt, jetzt dagegen komme ich mir vor wie …“ Er wedelte vage mit der Hand. „Ich kann es nicht mit Worten beschreiben. Ich fühle es. Wir haben uns nie zuvor gesehen, ganz bestimmt nicht, trotzdem scheint mir, als hätte ich sie schon immer gekannt. Doch selbst ein Leben ist nicht genug, sie zu kennen. Ich darf keine Minute mehr versäumen. Ich will sie.“
    Die alte Frau merkte auf. Schreck, Freude und Überraschung mischten sich zu einem seltsamen Cocktail, der sie gehörig verwirrte. Selbstverständlich war ihr klar gewesen, dass eines Tages dieses Problem auf der Tagesordnung stehen würde. Angel war ein überdurchschnittlich gut aussehender und

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