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Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)

Titel: Zurück ins Licht (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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seinen Körper und nahm ihm den Atem. Vor seinen Augen tanzten rote Punkte in einem wilden Kreis umeinander. Er konnte das Stöhnen nicht unterdrücken, als er den Monitor zurück auf die Konsole stellte. Eine Hand auf die Brust gepresst, konzentrierte er sich auf eine gleichmäßige Atmung in der irrigen Hoffnung, damit den peinigenden Schmerzen zu entfliehen. Er schloss die Augen, bevor seine Kraft reichte, um unsicher zur Tür zu wanken.
     
    Der lange Flur der Station war menschenleer. Wie stets zur Visitezeit hatten die Schwestern mit unnachgiebiger Strenge dafür gesorgt, dass alle Patienten in ihren Betten lagen. Lediglich gedämpfte Stimmen und Gelächter drangen durch die geschlossenen Türen.
    N iemand sah den Arzt aus dem Zimmer taumeln. Niemand bemerkte seinen vergeblichen Versuch, den Husten zu unterdrücken, der ihm die Brust zu sprengen drohte und ihn auf dem Weg zu seinem Krankenzimmer schließlich einholte. Mit letzter Kraft zog er ein Taschentuch aus seiner Hose und hielt es sich vor den Mund. Sengende Hitze breitete sich in seinem Inneren aus und schien ihn zu verbrennen. Das Blut, das zwischen seinen Fingern hervorquoll, warf Blasen, färbte den blütenweißen Verband um seinen Oberkörper mit tiefem Rot und tropfte auf den Boden.
    Noch auf dem Gang brach Angel Stojanow bewusstlos zusam men.

2. Kapitel
     
    Kleine Grüppchen schnatternder junger Frauen und lautstark diskutierender Männer in weißen Kitteln strömten aus allen Richtungen zusammen und versammelten sich vor dem Schwesternzimmer. Mit geröteten Wangen, schnell noch das Make-up aufgefrischt und die Frisur gerichtet, kamen kichernd zwei Schwesternschülerinnen aus dem Umkleideraum geschossen und liefen geradewegs einem schmucken Arzt im Praktikum in die Arme.
    Einen Wimpernschlag später verstummte das Gegacker, als die überragende Gestalt eines ehrwürdig ergrauten Mannes auf dem Gang erschien und er seine Stimme erhob.
    „ Silencio , meine Herrschaften! Hier spielt die Musik. Sind wir vollzählig?“ Seine eisgrauen Augen schweiften über die Anwesenden. „So viele Frischlinge heute?“ Er verbeugte sich mit einem süffisanten Lächeln vor den errötenden Schülerinnen. „Nun denn, zeigen wir diesen Grünschnäbeln, wie man ar…“
    Ein markerschütternder Schrei vom anderen Ende des Flures unterbrach den Professor in seiner Begrüßungsrede und ließ Ärzte und Schwestern herumfahren.
    „Hilfe, schnell! Hierher! Stojan… es ist Doktor Stojanow! Wir brauchen eine Trage!“ Ein Assistenzarzt kniete neben einer reglosen Gestalt auf dem Boden und winkte aufgeregt.
    Mit wenigen Schritten war der Professor zur Stelle und schob den Jüngeren ungehalten beiseite. Auf den ersten Blick erkannte er, dass es kein altes, angesammeltes Blut war, sondern frisches, sauerstoffhaltiges Blut aus der Lunge, welches roten Schaum vor Angels Mund bildete. Also war höchste Eile geboten. Mit einem wüsten Fluch auf den Lippen suchte er nach dem Puls an Angels Halsschlagader.
    „Herzstillstand! Nein, keine Massage. Wir haben es mit einer Serienfraktur der Rippen zu tun. Wir müssen ihn aufmachen!“
    „In die Vier?“
    „Her jetzt mit der Trage! Natürlich in die Vier! Wir brauchen Aufnahmen von ihm! Röntgengerät und fünf Konserven Null negativ bereitstellen! Langsam hoch. Vorsichtig, verdammt!“
    Das war das Letzte, was die Schwestern in dem hektischen Durcheinander hören konnten, bevor Doktor Stojanow auf eine Trage gehoben und in den Aufzug zu den Operationsräumen geschoben wurde.
     
    Totenbleich wankte Schwester Erika einen Schritt zurück und suchte Halt an der Wand, die Hände vors Gesicht geschlagen. „Oh nein, nicht er! Gott, lass es nicht zu. Nimm mir nicht meinen Jungen.“
    Sie hätte Angel nicht erlauben dürfen aufzustehen, nur um diese fremde Frau zu sehen. Stattdessen hätte sie ihn zu seinem Zimmer eskortieren und keine Sekunde aus den Augen lassen sollen. Warum war sie nicht bei ihm geblieben, da sie doch wie kaum eine andere um seinen Starrsinn wusste? Was immer in den Minuten, nachdem sie das Krankenzimmer verlassen hatte, passiert war, sie allein hätte es verhindern können.
    Auch die umstehenden Schwestern standen wie gelähmt, unfähig zu begreifen, was sich eben vor ihren Augen abgespielt hatte. Es gab wohl niemanden in diesem Krankenhaus, der den jungen Arzt nicht mochte. Als er vor fünf Jahren seinen Dienst angetreten hatte, war unter dem weiblichen Personal sofort große Hektik ausgebrochen, denn jedes Wesen

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