Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
Ihr Kopf verschwand in der Schublade des Flurschrankes, wo sie übertrieben geschäftig nach Geschenkpapier und Schleifenband kramte.
„ Also nicht. Du hast nicht mehr viel Zeit dafür, ist dir das bewusst? Morgen helfe ich dir bei der Erklärung der technischen Details, versprochen. Eigentlich hatte ich gehofft, du hättest mittlerweile begriffen, wie der Trafo funktioniert. Hast du bei Pfiff im Unterricht eigentlich immer nur gepennt?“
„ Beim Trafo lag ich mit einem entzündeten Blinddarm krank danieder. Und außerdem saß ich in Physik neben Bodo. Du weißt schon …“
„ Ja, ich weiß und ich weiß auch von seinen Talenten und vor allem, dass ich dir das mit dem Trafo schon x-mal vorgebetet habe. Und soweit mich mein Gedächtnis nicht im Stich lässt, hast du jedes Mal zu meinen Erläuterungen verständnisvoll genickt.“
„Es hört sich auch sehr einleuchtend an, wenn du es mir er klärst. In Verbindung mit dem Portugiesischen allerdings und mit dieser Grammatik … Also wirklich, so eine Grammatik hast du bestimmt noch nie gesehen! Die hat es echt in sich. Ist regelrecht rücksichtslos und hinterhältig – ganz besonders armen Studentinnen gegenüber.“
„ Na schön“, seufzte Karo, „am Donnerstag stehen lediglich zwei Stunden Seminar auf meinem Plan, die Vorlesung in Systemtechnik werde ich mir klemmen und dann haben wir Zeit. Hoffentlich hast du wenigstens die Übersetzung fertig.“
„ Gibt es tatsächlich mal etwas, womit du überfordert wärst? Lass mich raten: Männer festnageln gehört also inzwischen nicht mehr zu den dich plagenden Kalamitäten?“
„Ich werde Angel auf keinen Fall festnageln, wenn er nicht bleiben will. Wer bin ich denn, dass ich ein Kind nicht alleine groß kriegen würde?“
„Aber kochen“, rief Cat triumphierend aus.
Karos Mund zog sich im Zeitlupentempo von einem Ohr bis zum anderen und endete als grinsende Larve.
„Du! Kannst du mir verraten, was dieser dämliche Gesichtsausdruck zu bedeuten hat? Karo, den kenne ich!“, schrie sie entsetzt auf. „Du kannst nichts anderes kochen als Kaffee und Tütensuppen“, erinnerte Cat ihre Freundin an ihre dürftigen Kochkenntnisse.
„Wer weiß?“, trällerte Karo vergnügt.
„Oh nein, tu mir das nicht an!“ Cat hielt abwehrend die Hände hoch und warf Karo einen entsetzten Blick zu , ahnte sie doch, was ihr an diesem Abend noch bevorstehen würde. „Ich dachte, wir wären Freunde!“
„Na, hör mal, wer ein Kind ausbrüten kann, muss auch kochen können. So schwer wird das schon nicht sein, habe schließlich oft genug unserem Chinesen über die Schulter geguckt. Kein Problem. Warte ab.“
„ Wie soll ich das bloß überleben? Ich verzieh mich besser.“
Catherine Tailor sollte den Abend wirklich nicht überleben. Das allerdings wussten die beiden Mädchen in diesem Augenblick selbstverständlich noch nicht.
„Was hältst du davon“, lenkte Catherine dagegen, „wenn ich Angel von der Klinik abhole, solange du die Küche auf den Kopf stellst? Ich steh dir dabei ja eh’ bloß im Weg. Wenn ich’s recht bedenke, könnte ich auch jetzt gleich los“, überlegte sie laut und stützte ihr Kinn bedeutungsschwer in die Hand. „Ich fahre vor seinem Dienstbeginn noch mal zu Dani, wenn er heute Abend schon nicht mit uns feiern kann. Wir haben uns fast zwei Wochen nicht gesehen. Was meinst du, wirst du hier ohne mich klarkommen?“
Karo verdrehte die Augen. „Nein, weil ich nicht vierundzwanzig, sondern erst vier Jahre alt bin. Ich weiß wirklich nicht, wie ich das schaffen soll.“ Sie klopfte Cat großherzig auf die Schulter. „Geh ruhig. Und grüße Daniel von mir. Sag ihm, wir sehen uns am Wochenende. Und, Cat, bitte sei pünktlich in der Klinik, damit du Angel nicht verpasst.“
„Ja, Mama. Und vor acht Uhr fangen wir nicht zu saufen an und in das Striplokal machen wir höchstens einen kurzen Abstecher“, unterbrach Catherine ihre Freundin. „Erzähle du mir bloß nichts von Pünktlichkeit, weil du nämlich in der Beziehung bis dato alles andere als ein Vorbild für den Nachwuchs bist. Daran solltest du ernsthaft arbeiten, bis unser Baby kommt. Na, dann mach’s mal gut.“
„Mach ich.“
„Aber nicht zu oft.“
Sie verabschiedeten sich lachend voneinander.
18. Kapitel
Sie setzte Himmel und Hölle in Bewegung, bis zehn zu zählen, ehe sie einen Ton von sich geben wollte, kam aber nur bis drei, dann brüllte sie: „Das ist ja wirklich kaum zu glauben, dass ihr heute noch
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