Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
starrsinnig auf sie herunter wie sie zu ihm hinauf. »Mein Bruder hat dich gesehen, als du an unserer Werkstatt vorbeigelaufen bist. Du kamst nicht zurück, also hat er mich losgeschickt.«
Emilys Augen verengten sich. »Dein Bruder«, sagte sie giftig. »War er gestern Abend auch dabei, als du mit dieser Rose geredet hast? Vor ihrem Haus? Über mich?«
Matts Augen blitzten, darüber hinaus wies nichts darauf hin, dass ihn die Frage überraschte. Er hob seinen Blick und starrte über Emily hinweg.
»Wow«, sagte er kalt. »Kaum angekommen und schon hältst du dich für den Mittelpunkt allen Interesses? Und glaubst, die Leute um dich herum haben nichts Besseres zu tun, als über dich zu reden – und, nebenbei bemerkt, dich aus irgendeinem Schlamassel zu befreien? Falls du dich wieder einmal verläufst?« Er sah sie an, die Augen voller Verachtung.
Schnell senkte Emily den Blick. Sie spürte, wie sie rot wurde, und seine Kaltschnäuzigkeit versetzte ihr einen Stich. Sie drehte sich um und ging zu dem Ast, an dem ihre Regenjacke baumelte. Sie knotete sich die Ärmel um die Hüften und atmete einmal tief ein. Dann wandte sie sich um.
»Hör zu«, sagte sie, und ihre Stimme bebte, als die Erschöpfung plötzlich über sie hereinbrach. »Ich weiß nicht, was hier los ist. Und ich weiß nicht, was ich denken soll. Du findest mich im Dartmoor, wo ich nach einem Dorf suche, das auf keiner Karte eingezeichnet ist. Aber du kennst es. Und nicht nur das, du lebst in diesem Dorf, das vermutlich kaum mehr als zwanzig Einwohner hat.« Emily wartete, das Matt etwas sagen würde, aber er schwieg. Sein Gesicht war inzwischen frei von jeglicher Emotion. Er folgte ihren Worten ausdruckslos.
»Also gut«, begann Emily erneut und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie merkte, wie ihre Hand zitterte. »Ich bin ziemlich fertig von diesem Tag«, erklärte sie und lachte nervös auf. »Ich meine, wie groß ist dieser Wald? Er muss doch irgendwo zu Ende sein? Ich bin hier ewig umhergeirrt, ohne auch nur …, ich meine all dieses verrückte Zeug, das hier passiert. Und Silly. Sie ist einfach … nun ja. Und du … Ganz zu schweigen von meinen Träumen.« Sie hörte sich an wie eine Verrückte, oder? Emily rieb sich die Stirn. »Es wäre sehr freundlich, wenn du mir sagen könntest, wie ich wieder ins Dorf finde«, fuhr sie förmlich fort. »Ich möchte kurz mit meiner Vermieterin sprechen, ich glaube, sie kennt meine Mutter. Dann fahre ich zurück nach Hause.«
Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, doch ausnahmsweise kümmerte sie das nicht. Sie war einfach zu erschöpft. Als sie zu Matt aufblickte, nahm sie ihn nur noch verschwommen wahr. Er spürte wohl, dass sie auf eine Antwort wartete, denn nun räusperte er sich. »Steig auf, ich bringe dich zurück«, sagte er. Zumindest klang seine Stimme nicht mehr so kalt wie der Regen.
Emily war nicht auf das Pferd gestiegen. Sie konnte nicht reiten und hatte großen Respekt vor diesen Ungetümen, die ihr körperlich so weit überlegen waren. Ganz abgesehen davon wollte sie Matt auf keinen Fall näherkommen als unbedingt nötig. Auch wenn er ihr letztlich half, aus diesem Wald herauszufinden, hatte er doch keinen Zweifel daran gelassen, dass er a) nicht freiwillig nach ihr gesucht hatte und b) keinen gesteigerten Wert auf ihre Anwesenheit legte. Sie dachte an ihren Traum. Matt auf seinem Pferd, wie er die Hand nach ihr ausstreckte. Und später … seine Lippen auf ihrer Stirn …. Emily holte zittrig Luft. Das durfte doch alles nicht wahr sein!
Es dauerte keine fünfzehn Minuten, da hatte Matt sie auf einem schmalen Pfad aus dem Wald und wieder auf den Feldweg geführt, über den sie am Vormittag gejoggt war. Sie war hinter ihm und seinem Pferd hergegangen, das sich mit schlafwandlerischer Sicherheit zwischen den Steinen und Wurzeln bewegte. Wenigstens waren sie nicht davongaloppiert. Als sie den Weg erreichten, stieg Matt von seinem Hengst und wartete, bis Emily ihn eingeholt hatte. Er streifte seine schwere, dunkelbraune Lederjacke ab und hielt sie ihr hin.
»Du klapperst mit den Zähnen«, stellte er fest. Es klang wie ein Vorwurf, aber Emily griff trotzdem nach der Jacke und hängte sie sich über die Schultern. Ihr war kalt. Die Stunden in dem schattigen Wald waren nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. Also schlüpfte sie auch noch mit den Armen hinein und schlang das Leder eng um ihren Körper. Die Innenseite war warm und roch nach Pferd und frisch geschlagenem
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