Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
mit zusammengekniffenen Augen. »Ich kann nicht erkennen, was auf den Tafeln steht, aber vermutlich das Programm.«
»Ich sehe nach.« Emily hatte den Satz noch nicht beendet, da hielt Matt sie am Handgelenk fest. Sie warf ihm einen überraschten Blick zu. Aus den Augenwinkeln sah sie Eves rote Mähne aufflammen. »Warum auch immer – sie steht da noch«, informierte sie ihn, während sie seine Hand abzuschütteln versuchte. »Sie kennt mich nicht, also lass mich nachsehen, was auf diesen Dingern steht.« Sie warf Matt einen genervten Blick zu. »Ich dachte, du willst wissen, wann und wo dieses Galadinner stattfindet.«
»Ja, aber ich will nicht, dass wir uns trennen.« Ihre Blicke trafen sich. »Wir gehen zusammen.«
Emily holte Luft. »Also gut«, gab sie schließlich nach. »Komm von der anderen Seite, wir treffen uns bei den Flipcharts.«
Damit drehte sie sich um und stapfte davon.
Emily war klar, dass sich Matt nicht so frei durch die Menge bewegen konnte wie sie. Eve lehnte immer noch wie festgewachsen neben dem Eingang zur Küche und ließ ihre Blicke über die Menschenmenge gleiten. Suchte sie ebenfalls nach Quayle? Oder wartete sie auf ihre Mutter und Josh? Obwohl eigentlich kein Grund dafür bestand, vermied Emily den Augenkontakt mit der Zeitreisenden aus Hollyhill. Stattdessen schob sie sich zielstrebig aus ihrem Radius, hin zur Flügeltür und zu den Flipcharts. Dort angekommen drehte sie sich nach Matt um, aber er war nirgendwo zu sehen, und so begann sie, die erste der beiden Tafeln zu überfliegen.
Wie Matt vermutet hatte, war darauf das Programm des Kongresstages festgeschrieben, beginnend mit dem ersten Vortrag um zehn Uhr morgens (»Lebensrettende Sofortmaßnahmen bei Schwerverletzten«), im 90-Minuten-Takt folgten dann die übrigen Veranstaltungen zu den verschiedensten Themen. Nach einem flüchtigen Blick schenkte Emily ihre Aufmerksamkeit dem zweiten Flipchart, das über die Termine der späteren Tageshälfte Auskunft gab. »19 Uhr: Galadinner«, stand da als letzter Punkt auf der Tafel, »Einlass: 17.30 Uhr«. Noch einmal sah Emily sich um, diesmal nach einer Uhr. Über dem Eingang hing ein beeindruckendes Exemplar, mit römischen Ziffern und blättrigem Gold unterlegt, das 12.45 Uhr anzeigte. Sie ließ ihren Blick auf die Köpfe der Menschen darunter sinken, konnte Matt aber nach wie vor nirgendwo entdecken.
Wo steckte er?
Der Platz an der Säule, an dem sie eben noch gestanden hatten, war leer, und auch sonst ließ sich sein mittlerweile vertrautes Gesicht nirgendwo ausmachen. Emily fühlte, wie sich wieder einmal die Härchen in ihrem Nacken aufrichteten. Sie ging rasch ein paar Schritte weg von der Tür und suchte nach Eves rotem Haarschopf. Er war verschwunden. Stattdessen schienen auf einmal die Augen aller anderen Anwesenden auf sie gerichtet zu sein, denn die Menschenmasse kam geschlossen auf sie zu.
Emily zuckte zusammen, als hinter ihr ein sonorer Gong vibrierte. Im nächsten Moment wurde sie von der Menge fortgeschoben, durch die geöffneten Türen hinein in den Vortragssaal. Abwesend nahm sie wahr, dass einer der Einlasser ihr ein Faltblatt in die Hand drückte. Dann wurde sie mit der Masse nach vorn geschwemmt, inmitten der Stuhlreihen, einen abschüssigen Gang hinunter, in Richtung einer ausladenden Bühne.
Der Strom an Menschen schien gar nicht abreißen zu wollen. Emily kostete es einiges an Kraft, sich an den äußeren Rand des Mittelgangs zu bewegen, um dort auf einem Stuhl Platz zunehmen. Hier wollte sie warten, bis sich alle niedergelassen hatten, um dann in den großen Saal zurückzukehren und nach Matt zu suchen. Liebe Güte, wie war sie hier hineingeraten? Sie streckte ihren Nacken lang und sah sich in dem Raum um, der in seinem Halbrund und mit den abfallenden Sitzreihen ganz und gar wie ein Vorlesungssaal wirkte. Das Licht war bereits gedimmt und die Bühne beleuchtet worden, doch immer mehr Zuhörer strömten durch die offene Tür herein. Emily sah sich den Flyer an, den sie am Eingang bekommen hatte. Auf dem schwarz-weißen Zettel war noch einmal das Programm aufgelistet, und Emily überflog die Zeilen hin zu dem 13-Uhr-Vortrag, in dem sie offenbar gelandet war. »Ethik und Moral in der Schönheitschirurgie«, las sie – und dann setzte ihr Herz für einen Schlag aus.
Um dann seine Geschwindigkeit zu vervierfachen.
»Ein Vortrag von James Quayle, Doktorand Oxford University.«
»Oh«, hauchte Emily.
Wie in Trance starrte sie auf die Buchstaben vor ihr,
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