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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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brandete auf und riss Emily aus ihren Gedanken.
    »Es war mir ein Vergnügen«, hörte sie Quayle sagen, und ihr Blick huschte zum Rednerpult. Er verbeugte sich gerade, den einen Arm auf dem Rücken verschränkt, den anderen vor den Körper gepresst. Eine Strähne seines schwarzen Haares fiel ihm in die Stirn, und er wischte sie, während er sich aufrichtete, mit einer eleganten Handbewegung beiseite. Er verkörperte die Rolle des charismatischen, integeren Arztes mit absoluter Perfektion.
    Er ging nicht zurück in den Schatten der Bühne, sondern verließ das Podium über die schmale Treppe, die in den Zuschauerraum führte. Er winkte dem Publikum, das nach wie vor klatschte, die Augen über ihre Köpfe hinweg gen Ausgang gerichtet. Erst als er an Emily vorbeikam, senkte er den Blick. Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel, und Emily erstarrte, als habe er sie berührt.
    Das Interesse, das in seinen Augen aufflackerte, war unübersehbar. Er nickte ihr zu, fast unmerklich, und sie neigte ganz leicht ihren Kopf. Sie zwang sich zu einem Lächeln, das ihr kaum gelang, doch sein eigenes weitete sich aus. Selbstbewusst. Triumphierend. So, als habe er mit einer künftigen Errungenschaft einen intimen Moment geteilt, den es galt, später zu vertiefen.
    Und dann war er an ihr vorbei. Augenblicklich beugte Emily sich in ihrem Sitz vor, drückte die Hände auf ihren Magen und atmete tief durch den Mund. Ihr war furchtbar übel und sie hoffte inständig, den Ausdruck in Quayles Augen bald wieder vergessen zu können. Allein der Gedanke daran, dass er mit ihr geflirtet hatte, ekelte sie an.
    »Entschuldigen Sie, ist Ihnen nicht gut?« Der Mann neben ihr tippte vorsichtig an ihre Schulter, und Emily richtete sich auf.
    »Nein, es geht schon«, murmelte sie, dann fiel ihr Blick auf die Schlange an Menschen, die sich neben ihrem Stuhl gebildet hatte, weil sie noch nicht aufgestanden war. Wortlos erhob sie sich und reihte sich auf dem Mittelgang ein. Sie senkte die Lider und ließ sich widerstandslos zum Ausgang treiben, als jemand sie grob am Arm packte.
    »Was?«, rief sie, dann erkannte sie Matt, und ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Das sich allerdings nicht lange hielt. Die Augen starr geradeaus gerichtet, hatte sich Matts Mund zu einer harten Linie geschlossen, und er zerrte Emily hinter sich her als sei sie ein störrisches Kind.
    »Matt«, setzte Emily an, doch der reagierte nicht. Er zog sie nur noch energischer an ihrem Arm und dann, kurz bevor sie den Ausgang erreichten, nach rechts hinter die schweren, dunklen Vorhänge, mit denen die Wand des Saals verkleidet war. Plötzlich umhüllte sie Dunkelheit, und die Stille war gespenstisch. Die dicken Stoffe schienen nicht nur das Licht zu verschlucken, sondern auch all das Gemurmel und Gelächter, das bis eben in ihren Ohren geklungen hatte.
    Emily hörte nur noch ihre eigenen Schritte auf dem Parkett, während sie offenbar das Halbrund des Raumes entlangliefen und dann wieder abwärts, in Richtung Bühne. Ihrem Gefühl nach mussten sie schon beinahe wieder auf deren Höhe angekommen sein, als Matt plötzlich anhielt. Eine Eisentür knarzte, dann wurde Emily nach draußen geschoben und blinzelte ins bleiche Tageslicht.
    Sie standen auf einer Art Ladefläche über einem Parkplatz, der nur spärlich mit Autos gefüllt war. Er musste zum Hintereingang des ansonsten noblen Hotels gehören, denn unter ihnen verbreiteten riesige Mülltonnen ihren Gestank. Etwa zehn Meter weiter links erkannte Emily zwei schwere Stahltore, die vermutlich in die Küche führten – falls ihr Orientierungssinn sie nicht täuschte. All das nahm sie in der kurzen Zeit wahr, die Matt brauchte, um die Tür hinter ihnen zu schließen. Nun baute er sich vor ihr auf und bedachte sie mit dem wütendsten Blick, den sie je an ihm gesehen hatte.
    »Was ist in dich gefahren?«, polterte er ohne Umschweife los. »Kann man dich keine Sekunde alleinlassen? Du solltest auf mich warten. Stattdessen stürmst du vor und machst … und machst was? Hast du mit ihm geflirtet? Willst du ihn unbedingt auf dich aufmerksam machen?«
    Fassungslos beobachtete Emily Matt, wie er da vor ihr stand, die Hände in die Hüften gestemmt, die Augen funkelnd vor Zorn. Was war denn bitte in ihn gefahren, das konnte sie genauso fragen? Sie hatte schließlich auf ihn gewartet, aber er war nicht gekommen. Sie hatte gar nichts getan, und wäre er nicht so ein selbstverliebter Chauvinist, dann wäre

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