Zurückgeküsst (German Edition)
fünfundfünfzig Jahre alt, sah aber jünger aus. Sie war immer noch schön, und es war ein seltsames Gefühl, sie zu sehen und gleichzeitig mich selbst, wie ich in zwanzig Jahren aussehen würde. Für einen kurzen Moment empfand ich Dankbarkeit, dass ich auf gute Weise altern würde, und dann spürte ich plötzlich eine derartige Sehnsucht, dass ich mich kaum auf den Beinen halten, kaum atmen konnte.
„Willkommen im Flopsy’s“ , rief jemand, und ich zuckte zusammen. „Kann ich Ihnen helfen?“
Ich drehte mich um und sah ein Mädchen von etwa sechzehn Jahren mit straff nach hinten geflochtenem Zopf.
„Einen Tisch für zwei, bitte“, ergriff Nick das Wort.
„Aber gern, hier entlang!“, erwiderte sie fröhlich und schnappte sich zwei Speisekarten.
Ich hatte schreckliches Herzklopfen, während das Mädchen uns zu einem Tisch am Fenster führte. Linda war jetzt so nahe, aber sie drehte sich weg … Hatte sie mich gesehen? Wollte sie gehen? Oh nein! Aber es war in Ordnung, sie blieb, sie sprach nur mit dem Koch.
„Zwei Kaffee“, sagte Nick.
„Ihre Bedienung kommt sofort“, sagte das Mädchen und hüpfte fast davon.
„Harper“, sagte Nick leise. „Geht es dir gut?“ Er griff über den Tisch und nahm meine beiden Hände in seine. „Liebling?“
„Ich bin wirklich froh, dass du dabei bist“, flüsterte ich.
Und dann schwang die Küchentür auf, meine Mutter kam zu uns, nahm ihren Notizblock und kramte in ihrer Schürze nach einem Stift. „Hallo, zusammen“, sagte sie – und ihre Stimme! Mein Gott, so lange hatte ich diese Stimme nicht mehr gehört! Sie klang immer noch wie früher, und mein Herz quoll fast über vor Liebe und Hoffnung.
„Hallo“, grüßte ich atemlos und studierte jedes Detail genau… ihr immer noch perfektes Make-up, die Augenbrauen, schmaler gezupft als früher, den Leberfleck auf der Wange … den hatte ich ganz vergessen! Wie konnte ich nur den Leberfleck vergessen haben?
„Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen? Wir haben die besten Milchshakes im Mittleren Westen!“
Dann sah sie mich an, sah mir mitten ins Gesicht, und ich wartete … auf den Schock, die Erkenntnis, die Tränen, die Erklärung, die unendliche Freude! Auf dieselbe Liebe, die ich in diesem Moment spürte.
„Oder einfach nur Kaffee?“, fragte sie.
Sie sah mich an, aber ihr Gesichtsausdruck blieb derselbe. Freundlich. Fragend. Sie sah zu Nick und lächelte. „Was möchten Sie trinken?“
„Nur zwei Kaffee, bitte“, sagte jemand. Oh, das war ja ich.
„Kommt sofort!“, flötete sie. „Und wir haben heute überbackenes Thunfischsandwich, und lassen Sie Platz für den Blaubeerkuchen, der kommt gerade aus dem Ofen. Bin gleich zurück!“
Dann war sie weg.
„Oh Gott!“, stöhnte Nick.
Ich schwieg. Mein Herz beruhigte sich und schlug langsamer … und schien einzufrieren. Vielleicht hatte es komplett aufgehört zu schlagen? Doch nein, es klopfte immer noch. Gut. Ich war am Leben. Es war egal. Dann merkte ich, dass ich schon eine ganze Weile nicht mehr geblinzelt hatte, und schloss kurz die Augen.
„Mein Liebling, es tut mir so leid“, versuchte Nick mich zu trösten.
„Tschüss, Carrie, ich wünsch dir einen schönen Tag!“, rief meine Mutter jemandem zu. Dann kehrte sie mit zwei Bechern an unseren Tisch zurück und goss uns frischen Kaffee ein. „Und? Wissen Sie schon, was Sie wollen?“
Erkannte sie mich wirklich nicht? Aber ich war doch ihr Kind … ihr einziges Kind! Ihr kleines Mädchen! Und ich sah, verdammt noch mal, genauso aus wie sie!
„Ich nehme das Thunfischsandwich“, erklärte ich. Meine Stimme klang seltsam normal.
„Ich auch“, sagte Nick.
„Mit Pommes frites oder Krautsalat?“, fragte sie nach. Ich hasste Krautsalat. Schon immer. Wusste sie das nicht mehr?
„Zweimal Pommes frites“, bestellte Nick.
„Kommt sofort!“ Sie nahm die Speisekarten wieder auf, entfernte sich, redete mit jemandem an der Theke und ging in die Küche.
„Harper, sag doch was zu ihr“, meinte Nick. Er stand auf, kam auf meine Seite, setzte sich neben mich und legte mir den Arm um die Schultern. „Sag ihr, wer du bist! Ich kann nicht glauben, dass sie dich nicht erkennt.“
Ich machte den Mund auf, schloss ihn, öffnete ihn erneut. „Nein, ist schon gut. Wenn sie nicht will, dass … hm …“ Ich konnte nicht richtig denken. „Ich möchte gehen“, flüsterte ich.
„Liebes, diese Frau ist dir etwas schuldig!“, sagte er eindringlich. „Willst du, dass ich sie
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