Zurückgeküsst (German Edition)
kann ich dir nicht helfen. Vielleicht im Hotel, ja? Bitte, Dennis. Könntest du, bitte, in den Wagen steigen?“
Mit schmollendem – und ja, irgendwie auch sexy – Blick stieg er grummelnd ins Auto. Ich folgte, und Coco sprang mir auf den Schoß. Sie liebte es, am Steuer zu sitzen.
Ich warf noch einen Blick auf Dennis und ließ seufzend den Motor an. „Es tut mir leid. Ich bin ein bisschen … gestresst, Den“, sagte ich und drehte den Rückspiegel in Position.
„Ich schätze, das wäre ich auch, wenn ich meine Ex treffen müsste“, erwiderte er und grinste verständnisvoll. Dann stellte er seinen Sitz flach und schloss die Augen.
Zugegeben, es war überwältigend hier draußen. Um uns herum ragten schneebedeckte Berge – vermutlich Gletscher – mit schroffen grauen Felswänden und grünen Waldflecken dazwischen in den Himmel. Manche Bäume waren schon herbstlich bunt gefärbt. Ein paar weiße Wolken erstreckten sich über den blauen Himmel, der hier aus irgendeinem Grund weiter erschien. Ich war noch nie im Westen der USA gewesen … Um ehrlich zu sein: Ich hatte auch noch nie richtig Urlaub gemacht, nur ein paar Tage hier und da, normalerweise auf Konferenzen in irgendwelchen Großstädten. Aber dies hier … war etwas völlig anderes.
Wir ließen die Stadt schnell hinter uns. Am Straßenrand blühten Wildblumen. Mir wurde feierlich zumute und Coco ebenfalls. Auch Dennis schien von der Schönheit der Natur in ihrer Dramatik und Weite beeindruckt zu sein, die so anders war als auf unserer kleinen Insel … ach nein, er schlief. Na, auch egal.
Völlig unerwartet bekam ich einen Kloß im Hals, als ich das Schild des Glacier-Nationalparks sah. Ich hatte schon Dokumentationen über unsere Nationalparks im Fernsehen gesehen, aber auf diese Schönheit um mich herum war ich trotzdem nicht vorbereitet gewesen: die zerklüfteten, hohen Berge, die bunten Blumenwiesen und die Luft, diese süße, klare Luft! Ich hielt am Eingangstor an, und ein weiblicher Park Ranger öffnete das Fenster des Wachhäuschens. „Willkommen im Glacier-Nationalpark, Ma’am“, sagte sie und: „Hallo, du Süßer!“, als sie Coco sah. Ich zahlte, dankte und ließ mich vor Erdrutschen warnen, da es vor Kurzem ein heftiges Gewitter gegeben hatte. Dann fuhr ich in den Park hinein.
Die Straße wand sich durch ein Waldstück und führte dann auf offenes Gelände. Mir stockte der Atem. Auf der linken Seite ging es steil zu einer Wiese mit hohem goldfarbenen Gras und blauen, roten und rosa Wildblumen hinunter. Es war atemberaubend schön! Nach einer Weile bog ich auf die berühmte Going to the Sun Road ab – was für ein wunderbarer Name! Ich sah einen riesigen, länglichen Gletscher oberhalb eines felsigen, zerklüfteten Bergkamms.
Plötzlich geriet der Wagen über den seitlichen Straßenrand hinaus. Ich riss das Lenkrad herum und spürte einen Adrenalinstoß. Der Honda kehrte auf die Straße zurück, und Coco war eifrig darum bemüht, das Gleichgewicht auf meinem Schoß zu halten. „Tut mir leid, Süße“, murmelte ich, als wir wieder ruhig dahinfuhren. „Der Ausblick hat mich abgelenkt.“ Dennis schlief ungestört weiter. Ich sah auf die Uhr … Mist! Schon sechzehn Uhr. Ich war davon ausgegangen, dass wir mittlerweile da wären, also trat ich aufs Gaspedal. Doch schon bald hatte ich einen weiteren Wagen vor mir.
Obwohl es ein klassischer roter Mustang war – ein Auto, gebaut fürs Rasen und zur Bewältigung der Midlife-Crisis –, fuhr er recht langsam. Vielleicht saß eine achtzigjährige Oma darin, die sich als letzten Wunsch ihr Traumauto erfüllt hatte … Der Mustang fuhr mit exakt fünfzig Stundenkilometern brav auf der rechten Seite. Toll. Warum kaufte man sich ein solches Auto,wenn man die Geschwindigkeitsbegrenzung einhalten wollte? Widersprach das nicht der sinnlosen Absicht, seine Jugend nachzuholen und dem Tod ins Gesicht zu lachen? Ich konnte die Fahrerin nicht erkennen, da die Sonne sich in der Heckscheibe spiegelte, aber so, wie sie dahinschlich, war Madame Übervorsichtig mindestens hundertdrei, auf beiden Augen blind und dem Tod mehrmals von der Schippe gesprungen.
Erneut sah ich auf die Uhr und stöhnte. Alle anderen waren sicher schon im Hotel … nein, in der „Hütte“, korrigierte ich mich stumm. Lake McDonald Lodge hieß es ja, und Christopher hatte dort als Jugendlicher gearbeitet. Trotz des kurzfristigen Termins erwarteten das glückliche Paar eine Menge Bekannte. Laut BeverLee war Chris noch immer
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