Zurückgeküsst (German Edition)
kristallklaren langen Sees entlang. Er blieb witternd stehen, stellte sich auf die Hinterbeine, ließ sich wieder fallen und tapste weiter. Coco fiepte – sie war bestimmt sicher, dass sie das Biest erlegen könnte.
„He, Mann, ist das ein Hund?“, fragte Dennis. Ich schloss die Augen. Ach, wäre er doch nur der starke, stille Typ!
„Ein Schwarzbär“, gab Nick zurück.
„Wahnsinn.“ Zu Dennis’ Verteidigung musste man sagen, dass der Bär tatsächlich ein bisschen wie ein großer schwarzer Neufundländer aussah. Nach zwei oder drei Minuten verschwand er im hohen Gras.
Erneut sahen die beiden Männer einander an. „Sie sind also der Ex“, sagte Dennis.
„Und ich habe es überlebt“, bestätigte Nick.
Dennis lachte laut auf, hielt aber inne, als ich ihn grimmig ansah. Er streichelte Coco und sah dabei ein bisschen aus wie Mike Myers als Dr. Evil, der seine haarlose Katze streichelte. Nick starrte mich nur leicht spöttisch an, und mein Gesicht wurde heiß. Ich sah zu Dennis. „Schatz?“, sagte ich fröhlich. „Möchtest du gern weiterfahren?“
„Aber du wollest doch nicht, dass ich fahre“, erwiderte Dennis, und Nick hob wissend eine Augenbraue.
„Möchtest du jetzt fahren?“, fragte ich, immer noch lächelnd. „Äh … klar. Komm mit, Coco-Mausi.“ Der Kosename unterstrich nicht gerade Dennis’ Heterosexualität, und ich unterdrückte ein Stöhnen, während mein Freund gehorsam zum Auto zurücktrabte, sich hinters Steuer setzte und Coco auf den Schoß nahm, die ihre Pfoten sofort aufs Lenkrad stellte.
Ich rührte mich nicht. „Wie ich höre, hast du nichts gegen die Hochzeit einzuwenden“, sagte ich zu Nick.
„Ganz im Gegensatz zu dir, wie ich höre.“ Er sah mich einen Moment lang direkt an. „Nimm die verdammte Sonnenbrille ab, Harper.“
Seufzend kam ich seiner Aufforderung nach. „Besser?“
Er antwortete nicht, sondern starrte mich nur aus seinen geheimnisvollen Zigeuneraugen an, und ich starrte zurück. Zwölf Jahre Abstand, eine Karriere im Gerichtssaal, in der ich unzählige Male lügende Ehepartner niedergestarrt hatte … Mach mir keinen Ärger, Nick. Er schien es zu spüren, denn er wandte den Blick abrupt zur Seite, zurück zum trottenden Bären. „Trinken wir nachher was zusammen? Um unserer Geschwister willen?“
Triff ihn lieber nicht allein.
Das war es, was ich meinen Klientinnen und Klienten immer riet. Ihn allein zu treffen bedeutete, Gefühle aufzuwühlen, die am besten unberührt blieben, und möglicherweise Dingen zuzustimmen, die man nicht tun sollte.
Ich setzte meine Sonnenbrille wieder auf. „Sicher. Wohnst du auch in der Lodge?“
„Ja.“ Er hatte wirklich eine verwegene Art, Ja zu sagen, dieser Nick. Schnell und selbstsicher und irgendwie herausfordernd, als hätte er schon vorher gewusst, was man sagen wollte, und könnte es nun nicht erwarten, einen zu bestätigen. Ich hatte das schon fast vergessen.
Mist.
„Also gut“, gab ich nach, und meine Stimme klang nett und normal. „Ich bin sicher, wir finden da eine Bar oder so was.“
Erst ein oder zwei Kilometer später, als ich neben Dennis im Wagen saß und seine Hand umklammert hielt, konnte ich wieder ruhig atmen. Dieses elektrisierende Gefühl, das Nicks Anwesenheit in mir ausgelöst hatte, war fast schmerzhaft.
Das Ganze war eine durch und durch blödsinnige Idee. Alles an dieser Situation war von Grund auf verkehrt.
4. KAPITEL
R ückblickend konnte ich eigentlich nicht sagen, dass ich die Ehe mit Nicholas Sebastian Lowery bereute. Davon abgesehen hatte ich vom ersten Tag an gewusst, dass er mir Unglück bringen würde. Im Grunde sogar von der ersten Sekunde an.
Ich bereute es nicht, mit Nick verheiratet gewesen zu sein, weil ich viel daraus gelernt hatte. Meine Zeit mit ihm hatte mich in vielen Überzeugungen bestärkt. Aber wenn sich mitten in einer Bar ein Mann vor dich hinstellt und dir sagt, du seist die Frau, die er heiraten werde, ist das schon ziemlich … überwältigend. Außerdem ist es nicht gerade der übliche Anmachspruch von Collegestudenten.
Ich war damals auf dem College in Amherst, es war mein zwanzigster Geburtstag, meine Zimmerkolleginnen hatten mir einen gefälschten Ausweis besorgt, und wir feierten ausgelassen meinen Ehrentag. Die Kneipe war voll, heiß und laut. Musik dröhnte, die Leute mussten schreien, um sich zu unterhalten … und dann drehte ich mich um und sah diesen Typen, der mich anstarrte.
Er starrte nur. Direkt, unverfroren, konzentriert. Die
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