Zurückgeküsst (German Edition)
mit den Betreibern der Hütte befreundet, hatte ein paar Strippen gezogen und bekam, da die Touristensaison offiziell vorbei war, einen guten Tarif. Willa, die Menschen um sich scharte, wie ein schwarzer Wollpullover Fusseln aufsammelte, erwartete um die dreißig Gäste.
Nach meinem dritten Telefonanruf hatte meine Schwester allmählich den Verdacht bekommen, dass es mir vielleicht unangenehm wäre, meinen Exmann wiederzusehen. „Das mit Nick geht doch klar, oder?“, hatte sie sich erkundigt. „Ich meine, ich weiß ja, dass ihr zwei mal … ganz dicke wart.“
„Oh nein, das ist in Ordnung“, hatte ich fröhlich erwidert. „Das ist ja schon Ewigkeiten her. Aber, Wills … Schätzchen, ich frage mich nur, warum du die Sache so überstürzen willst. Ich sehe jeden Tag so viele unglückliche …“
Aber meine Schwester war vorbereitet. Sicher, ich kannte sie gut … aber sie kannte mich auch. „Harper, ich weiß, dass du das Gefühl hast, auf mich aufpassen zu müssen. Aber vielleicht liege ich diesmal richtig, ist dir das je in den Sinn gekommen? Vertrau mir doch einfach. Ich bin kein dummes Schaf.“
Und genau das war das Argument, bei dem ich vor Verzweiflung mit den Zähnen knirschte. Natürlich war Willa kein dummes Schaf. Andererseits war sie … in gewisser Weise … doch ein Dummchen. Ein liebes, naives Dummchen, aber trotzdem … Wenn ich versuchte, sie an die Statistik ihrer letzten Ehen zu erinnern,konterte sie, dass sie seitdem erwachsen geworden wäre. Was konnte ich dazu noch sagen? Nein, bist du nicht, du bist immer noch so naiv wie ein kleines Häschen?
„Dann ist es für dich okay, dass Nick kommt? Denn natürlich ist er Chris’ Trauzeuge.“
Natürlich. „Ja, alles okay.“ Du hast ihn also gesehen? Wie sieht er aus? Hat er nach mir gefragt? Ist er immer noch sauer? Wie wirkte er auf dich? Ist er verheiratet? Hat er Kinder? Wohnt er noch in der Stadt? Ist er noch Architekt? Ist er dick geworden? Kahl? Bitte!
Und übrigens … wie war Willa Christopher überhaupt begegnet? War Nick an der Sache beteiligt gewesen? Willa hatte gesagt, sie sei Christopher in einer Stadt mit acht Millionen Einwohnern „zufällig über den Weg gelaufen“ und habe ihn nach den zwölf Jahren sofort erkannt.
Ach, bitte! Ich bin doch nicht von gestern!
Dennis schnarchte leise, was Coco als Einladung auffasste. Sie sprang auf seinen Schoß und leckte seine Hand, und er lächelte, ohne die Augen zu öffnen, und streichelte sie. Fast ein wenig widerstrebend lächelte ich ebenfalls. Beweisstück A, Euer Ehren: Dennis ist nicht nur äußerlich sehr anziehend, er ist auch gut zu Tieren. Ich wandte den Blick wieder auf die Straße.
Mist!
Schnell trat ich auf die Bremse, um nicht auf den Wagen vor mir aufzufahren. „Gott im Himmel!“, entfuhr es mir, und ich hupte. Die Mustang-Fahrerin hatte mitten auf der Straße angehalten!
„Alles in Ordnung?“, fragte Dennis verschlafen.
„Ja. Tut mir leid, Schatz. Da vorn sitzt so ein blindes Huhn am Steuer!“ Die Frau hatte einfach angehalten! Gut, die Parkwächterin hatte mich vor Wildtieren auf der Straße gewarnt, aber hier war kein Elch, kein Waschbär oder sonst irgendetwas, um den Stopp zu erklären.
Gähnend setzte Dennis sich auf und rieb sich die Augen. Coco leckte ihm das Kinn, streckte dann ihr kleines Näschen aus dem Fenster und schnüffelte. Sie fiepte und wedelte mitdem Schwanz. „Gefällt es dir hier, Schätzchen?“, fragte ich sie.
„Oh ja, es ist schön hier“, erwiderte mein Freund.
Der rote Mustang hatte sich noch nicht wieder bewegt. Da wir in einer unübersichtlichen Kurve standen, wäre es Wahnsinn gewesen zu überholen, auch wenn ich bisher noch keine anderen Autos gesehen hatte. Sollte ich es trotzdem wagen? Ich drückte wieder auf die Hupe. Nichts. Kein Grizzlybär, kein Elch, keine Ziege, keine Reaktion. „Komm schon“, stieß ich wütend hervor. Je eher dieses Wochenende begann, desto eher könnte ich wieder in die Normalität zurückkehren. Die Fahrerin rührte sich nicht. Schlaganfall? Herzinfarkt? Ein Schocktrauma aus dem Zweiten Weltkrieg? Ich hupte erneut – allerdings hatte mein Leih-Honda eine sehr freundlich trötende kleine Hupe, und ich wünschte mir auf der Stelle einen guten amerikanischen Wagen mit dröhnendem Signalhorn!
„Nun kommen Sie schon, gute Frau!“, rief ich aus dem Fenster. „Könnten Sie wohl bitte weiterfahren?“
Aus dem Fenster der Fahrerseite wurde ein Arm gestreckt. Und ein Finger gereckt.
Es
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