Zurückgeküsst (German Edition)
Angst.“
„Ja. Ich auch. Äh … was sollen wir denn jetzt machen?“
„Ich weiß nicht!“, gab ich zurück. „Ich habe gestern das erste Mal in meinem Leben einen Bären gesehen! Hast du zufällig eine Waffe dabei?“
Aus irgendeinem Grund brachte das Nick zum Lachen. „Tut mir sehr leid, aber meine Luger habe ich ausnahmsweise zu Hause gelassen. Vielleicht könnte ich mit einem Stock werfen?“
„Nein! Verdammt, du darfst ihn nicht auch noch reizen! Man sollte doch meinen, dass unsere blöde Betreuerin anderes zu tun hat, als mit meinem Freund zu flirten!“ Bob erschauerte wieder mal vor Angst. Einer seiner Vorderläufe knickte ein, und der Ast riss an meinem Haar. „Na toll! Mein Pferd fällt gleich in Ohnmacht!“ Ich schluckte. „Ich habe richtig Angst, Nick.“ Aber Bob schaffte es, stehen zu bleiben.
„Okay, ich komme. Bleib einfach da.“ Langsam, ohne die Augen vom Bären zu nehmen, lenkte Nick sein Pferd in meine Richtung. „Komm schon, Satan“, murmelte er, und das Tier widerstand seinen natürlichen Instinkten und gehorchte. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Nick kam zu mir, Gott sei’s gepriesen! Selbst wenn das bedeutete, dass wir zu viert – Nick, Bob, Satan und ich – eine saftigere Beute abgaben … Aber vielleicht waren wir durch die mengenmäßige Überzahl doch im Vorteil.
Der Bär beschnupperte den Boden, bewegte sich sonst aber nicht, was gut war und auch schlecht – einerseits verschlang er uns weder im Ganzen noch in Teilen, andererseits war er immer noch da. Bob fiepte erneut, und der Bär wandte uns den Kopf zu.
„Oh, Mist! Verdammter Bockmist!“, fluchte ich und rang verzweifelt nach Atem.
„Versuch, ruhig zu bleiben“, sagte Nick. Inzwischen war er bei mir angekommen.
„Okay, Nick. Es ist ja nur ein Grizzly, hm? Und die haben ja noch nie jemandem wehgetan, oder? Diese zehn Zentimeter langen Krallen sind nur zur Show …“
„Harper, sei still. Und hey. Sei nicht undankbar. Ich hätte nicht herkommen müssen.“
Ich sah ihn an. Irgendetwas an Nick ließ mich zu einer naseweisen Siebtklässlerin mutieren, Bär hin oder her. Nick dagegen wirkte … leicht spöttisch. Er hatte eine Augenbraue hochgezogen und grinste leicht. „Stimmt“, sagte ich. „Ich danke dir.“
„Das gefällt mir schon besser. So, jetzt werde ich endlich dein Haar befreien. Falls wir plötzlich davongaloppieren müssen, solltest du nicht mehr am Baum festhängen.“
„Ich glaube nicht, dass Bob galoppfähig ist“, entgegnete ich.
„Dann nimmst du mein Pferd.“
„Und was ist mit dir?“
„Ich bleibe hier, schwinge mein Schwert und töte den Bären, und wenn das nicht funktioniert, werde ich mich frohgemut für dich opfern und bei lebendigem Leib auffressen lassen.“ Er schnitt eine Grimasse. „Oder ich bleibe einfach sitzen, und du schwingst dich hinter mich. Satan kann bestimmt uns beide tragen.“
„Oh, bist du jetzt ein Cowboy? Ich wusste ja gar nicht, dass Architekten derart sattelfest sind. Seid ihr jetzt beste Freunde, Satan und du? Hast du heute Morgen schon alle deine Reitertricks geübt?“
„Mein Dad hat mir ein bisschen was beigebracht.“
„Wann? Als du sechs warst?“
„Weißt du, Harper, vielleicht sollten wir einfach hierbleiben und uns weiterstreiten, bis der Bär die Schnauze voll hat und uns beide tötet. Würde dich das glücklich machen?“
Er lenkte Satan näher an meinen zitternden Gaul, griff nach oben und begann vorsichtig, meine Haare zu befreien. Dabei versperrte er mir die Sicht auf den Bären, was mich ziemlich beunruhigte,da jetzt keiner von uns im Blick hatte, was das Vieh machte. Schaudernd atmete ich ein und nahm Nicks vertrauten Duft wahr. Zwölf Jahre waren vergangen, und ich mochte wetten, dass ich ihn trotzdem blind aus einer ganzen Gruppe von Männern hätte herausschnuppern können. Ich hatte es immer sehr genossen, dicht zusammengekuschelt mit ihm im Bett zu liegen; ich liebte seine Wärme, seine Haut … die kleine Narbe oberhalb des Herzens, wo Jason ihn mit einem Pfeil angeschossen hatte, als sie elf gewesen waren. Nick hatte sich an diesem Tag noch nicht rasiert. An der Schlagader an seinem Hals konnte ich erkennen, dass sein Puls schnell ging. Also hatte er auch Angst. Aber er war da. Hier. Bei mir.
„So, du bist frei.“
Unsere Gesichter waren sich sehr nah. Ich sah seine dunklen braunen Augen … verdammt! Es lag immer … so viel von allem darin. So viel Humor, so viel Wärme, so viel Enttäuschung, so viel
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