Zurückgeküsst (German Edition)
Spät in der Nacht würde es ihm vielleicht dämmern, und er würde seine Verlobte zum Teufel jagen, eine gutherzige Frau finden, die ihn wirklich achtete, und mit ihr glücklich werden.
Wahrscheinlich aber nicht. Wahrscheinlich würde er diese geldgierige Zicke heiraten und unglücklich werden.
Doch die Enttäuschung auf Nicks Gesicht … tat weh. Verdammt.
Recht zu haben war nicht alles.
Coco trippelte brav neben mir her, ihre starken Beinchen bewegten sich so schnell, dass ich sie nur verschwommen sah. An einem Laternenpfahl blieb sie zum Schnüffeln stehen, es war einer von vieren hier im „Innenstadtbereich“. Leute waren unterwegs, um einzukaufen, die Männer in Jeans und Flanellhemden und mit grünen Kappen, manche auch mit Cowboyhüten. Die Frauen waren ähnlich gekleidet und wirkten robust und tatkräftig. Ich in meiner Leinenhose, der rosa Seidenbluse, mit silbernen Armreifen und teuren Schuhen stach definitiv heraus.
Ich vermisste Kim, die mich mochte, und Dennis, der kein einziges Mal in der ganzen Zeit von mir enttäuscht gewesen war oder mir das Gefühl gegeben hatte, nicht im Recht oder fehlgeleitet zu sein. Ich vermisste Willa, die mich immer liebte, selbst wenn ich ihr sagte, was sie nicht tun sollte. Aber sie sah ja in jedem Menschen das einzig Positive.
Wie es wohl wäre, ständig nur das Gute in anderen zu sehen? Dem Universum zu vertrauen, sich treiben zu lassen, so wie Willa … Bei ihr sah es so einfach aus. Nicht, dass es sich immer auszahlte. Und jetzt war sie verheiratet. Würden wir uns weiterhin nahestehen? Da wir nicht unser ganzes Leben zusammen verbracht und somit die ersten formenden Jahre verpasst hatten, war unsere Bindung vielleicht nicht so stark wie bei leiblichen Schwestern.
Ich holte mein Handy aus der Tasche und wählte ihre Nummer. Zu meiner großen Überraschung ging sie sofort dran.
„Hey“, sagte ich, „wie geht’s dir?“
„Hallo, Harper“, antwortete sie. „Es geht mir gut. Und bei dir? Chris sagte, du und Nick wärt zusammen nach South Dakota aufgebrochen oder so was? Gab es Probleme mit dem Flug?“
„Ja. Aber wir sind fast da. In North Dakota, um genau zu sein. Aber mach dir keine Sorgen. Wie läuft es bei euch? Wo seid ihr?“
„Oh … alles in Ordnung. Wir sind irgendwo in diesem Park. Wo es kalt ist. Aber … okay.“
Ich horchte auf. „Bist du sicher?“
„Ja … na ja. Es ist nicht ganz so … du weißt schon. Es ist ein bisschen hart. Wir campen. Tatsächlich kauern wir uns eher in einem Zelt zusammen. Christopher kann kein Feuer machen. Zumindest keins, das warm ist.“
„Na, du bist ja bald wieder zu Hause, oder? In New York.“ Sie sagte eine Weile nichts. „Ich weiß nicht. Chris will hierbleiben.“
Das klang nicht so gut. „Ist das okay für dich?“
„Ich weiß nicht. Ich muss mich erst mal damit abfinden.“ Sie zögerte, dann fuhr sie deutlich fröhlicher fort: „Aber jetzt erzähl mal, wie du bei Nick im Auto gelandet bist.“
„Ich saß da fest. Flugprobleme. Ich hätte auch campen müssen.“
„Campen ist blöd, also bin ich froh, dass du das nicht musstest“, erwiderte sie. „Ich muss jetzt Schluss machen. Mein Akku ist bald leer.“
„Okay.“ Ich überlegte kurz. „Du hast ja meine Kreditkartennummer, oder? Falls du was brauchst.“
„Ja, danke. Du bist toll. Wir sehen uns bald, ja?“
Ein wenig wehmütig ging ich zu dem kleinen Geschenkeladen weiter unten an der Straße. „Darf ich meinen Hund mit reinnehmen?“, fragte ich. Coco, die spürte, dass sie begutachtet wurde, wedelte mit dem Schwanz, legte den Kopf schief und hob dann die Vorderpfote.
„Aber sicher“, meinte die Verkäuferin. „Was bist du für ein süßer Hund!“
Ich stöberte im Laden … Traumfänger und Fossilien, indianisches Kunsthandwerk und silberne Ohrringe. Gürtelschnallen, mit denen man jemanden erschlagen konnte. Eine Auswahl an T-Shirts.
„Kann ich davon eins haben?“, fragte ich und deutete auf ein Ausstellungsstück.
„Aber natürlich.“ Ich zahlte, die Verkäuferin gab mir die Tüte, und dann kehrten Coco und ich zum Parkplatz zurück.
Nick wartete bereits an den Wagen gelehnt. „Es tut mir leid, dass ich eine Szene gemacht habe“, sagte ich und gab ihm die Tüte. Er nahm das Geschenk heraus. Es war ein T-Shirt mit der Aufschrift: „Montana. Hier gibt es nichts.“
Er musste schmunzeln. „Danke.“
„Gern geschehen.“ Ich sah zu Boden.
„Es geht ihnen gut“, sagte er, als könnte er meine Gedanken
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