Zusammen Allein
niemand. Nur der Wasserfleck, der seit Jahren von einer Überschwemmung im Bad berichtete. »Wie willst du beerdigt werden?« Es war an der Zeit, sich Gedanken zu machen. »In welchem Kleid, meine ich.«
Sie lachte.
»Bravo, du bist mir eine. Soll dein Lehrer noch einmal behaupten, du wärst mundfaul. Joi, wenn du es genau wissen willst, zieh mir den schwarzen Rock an und die weiße Bluse mit dem großen Kragen. Ja, genau die, die du nicht magst. Dem Chef wird das gefallen. Aber kauft ja keinen Sarg. Merk dir das. Es darf kein Deckel zugehen …«
Fragend schaute ich sie an. »… da drin kriegt man keine Luft«, behauptete sie ernsthaft.
»Was du redest. Man darf doch nicht ohne Sarg beerdigt werden. Sogar zum Verbrennen braucht man einen.«
Puscha schüttelte den Kopf. »Verbrennen kommt nicht infrage. No, was ist, wenn der Schreck, die Hitze, was weiß ich … mich aufwecken?«
Zur Trauerfeier meldeten sich über vierzig Personen an. Nie hatte Frau Dobresan Besuch erhalten, jetzt kamen sie von überall her. Exschwestern und Exfreunde, Exnachbarn und Exschwäger. Nach der Beerdigung wurde ins Restaurant Hirscher eingeladen. Am Vortag war Misch nach Zeiden gefahren und mit einem halben Schwein zurückgekehrt. Von der Kooperative, Direktverkauf, behauptete er, doch niemand wusste, ob das stimmte. Ein Achtel Schwein bekam der Hirscher-Koch, damit er den Mund hielt, der Rest wurde von den Trauergästen verspeist. Dazu gab es Selbstgebrannten aus großen Flaschen. Wir trauerten, bis wir nicht mehr konnten. Nur Petre saß still und in sich gekehrt in einer Ecke. Noch bevor die Reden geschwungen wurden, verdrückte er sich. Dabei waren sie sehr ergreifend, wenngleich der Pope gegen Ende seinen Text vergaß. Nicht nur die Erinnerung, auch die Zunge wollte ihm nicht mehr gehorchen. Trotzdem: Ein unvergleichlich schönes Fest. Und es tat mir wirklich leid, dass ich mich nicht mehr um Petres Mutter gekümmert hatte, als sie noch lebte.
Zwei Tage später kam ein Herr in Zivil vorbei. Genosse Soundso vom Wohnraumbewirtschaftungsamt. Ein Zimmer sei frei geworden, erzählte er, die Nachbarn hätten ihn informiert.
»Von wegen Mehrzahl«, schimpfte Puscha, »bestimmt will der junge Duran hier einziehen. Vorgefühlt hat er bereits. Herr Dobresan ist mein Zeuge.« Sie zeigte auf Misch, dessen Miene verriet, dass er von gar nichts wusste. »Aber was kann ich dafür, dass er seine Kollegin geschwängert hat, bevor die Wohnungszusage kam. Gut hat er es bei seinen Eltern gehabt. Aber die haben jetzt die Nase voll von ihm. Und ich will ihn und seine Perle auch nicht haben, vom Kind ganz zu schweigen«, Puscha erregte sich immer mehr, bekam Atemnot. Rote Flecken überzogen ihr Gesicht, und Misch musste sie mit einer Handbewegung zum Schweigen bringen. Hinter seiner hohen Stirn arbeitete es.
»Lieber Genosse«, begann er und schaute ernster, als ich es je bei ihm gesehen hatte, »da kann es sich nur um einen Informationsfehler handeln. Das Zimmer meiner Frau ist sehr klein. Es ist frei geworden, das stimmt, aber machen Sie sich selbst ein Bild.« Er winkte den Beamten hoch. »Kommen Sie.« Im Aufstehen jedoch rief er plötzlich: »Halt! Da fällt mir ein …, sollte man die Leintücher, ich meine wegen der Bazillen, nicht vorher … aber was, Sie sehen nicht empfindlich aus.«
»Doch«, sagte der Genosse entschieden.
»Also gut, dann warten Sie hier.«
Von oben hörte man Gepolter. Niemand sprach ein Wort, alle starrten nach oben. Wo war Petre? Der Genosse trank Puschas Weichsellikör leer.
»Nur zu«, animierte ihn Puscha. »Der ist selbst aufgesetzt. Im Keller habe ich noch eine Flasche, die dürfen Sie Ihrer Frau Gemahlin mitnehmen. Sie haben doch eine Frau, nicht wahr?«
Endlich kam Misch zurück, und zu zweit gingen sienach oben. Der Genosse wirkte angespannt, stolperte aber kein einziges Mal. Vorsichtig schlich ich hinterher und wunderte mich sehr. Die Stimmen kamen aus dem Badezimmer. Zwischen Klo und Badewanne eingeklemmt stand ein Bett, Frau Dobresans Eisenbett. Ohne Leintuch, ohne Bezug. Die Matratze sah katastrophal aus. Am Duschvorhang hingen Frauenkleider, ordentlich aufgereiht. Eine Ikone war am Wäschehaken befestigt worden, Pantoffeln standen neben der Tür. Sogar ein aufgeschlagenes Buch lag auf der Ablage. »
Und wo baden Sie?«, hörte ich den Genossen fragen.
»Das Bad ist schon länger kaputt, wir waschen uns in der Küche. Aber das Klo benutzen wir nach wie vor.«
»Das ist
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